St. Moritz. Das deutsche Team bei der Ski-WM in St. Moritz: Drei Dinge, die schief laufen - und drei Dinge, die für die zweite Hälfte Mut machen.

Halbzeit bei der Ski-WM in St. Moritz. Nach der Woche mit den schnellen Disziplinen folgen die Technik-Tage, die am Dienstag mit dem Teamwettbewerb starten (12 Uhr/ARD und Eurosport). Noch ist das deutsche Team von den erhofften drei Medaillen weit entfernt. Zeit für ein Zwischenfazit: Drei Dinge, die bei den deutschen Skifahrern schief laufen und drei Dinge, die Mut machen.

Den Frauen fehlt ein Star

Seit Maria Höfl-Riesch vor fast drei Jahren ihre Karriere beendet hat, fehlt den deutschen Frauen ein großer Name. Sicher, da gibt es noch Viktoria Rebensburg. Sie ist sympathisch, sie ist ehrgeizig, aber sie ist längst nicht so erfolgreich. Weder auf der Piste noch in der Selbstvermarktung. Rebensburg hat mit ihren 27 Jahren bislang eine WM-Medaille erkämpft, Höfl-Riesch hatte es im Laufe ihrer Karriere zu sechs gebracht. Rebensburg ist die aussichtsreichste noch aktive deutsche Skirennfahrerin, aber in den Fernseh-Talkshows sitzt weiterhin die Zurückgetretene. Höfl-Riesch wird in ganz Deutschland auf der Straße erkannt, Rebensburg nur dann, wenn sie sich ein Namensschild um den Hals hängt.

Fritz Dopfer wird vermisst

Er ist der Mann für die Überraschungen. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder vor, dass sich alle Hoffnungen im deutschen Lager auf Felix Neureuther konzentrierten — und Dopfer dann aus der Deckung kam und den prominenteren Teamkollegen in wichtigen Rennen überholte. So geschehen bei der Weltmeisterschaft in Vail/Beaver Creek vor zwei Jahren, als er Zweiter im Slalom wurde. Aber Dopfer ist auch der Mann für Verletzungen im falschen Moment. Gleich zu Anfang dieser Saison brach er sich Schien- und Wadenbein. Das war es dann mit seinen neuerlichen WM-Träumen.

Die Zuschauer lieben mehr den Biathlon

Es ist bei der WM in St. Moritz deutlich zu spüren: Die beiden parallel laufenden Großereignisse Biathlon-WM und Ski-WM müssen fein abgestimmt werden, um Fernsehzuschauer möglichst umfassend zu versorgen. Aber: Bei Programmänderungen beispielsweise wegen schlechten Wetters müssten die Alpinen zurückstecken, um den Biathlon-Übertragungen im wichtigen deutschen Werbemarkt den Vortritt zu lassen. So war es bei der verschobenen Männer-Abfahrt. Hätte diese noch einmal verlegt werden müssen, wäre es eng geworden, für das Fernsehen war Biathlon wichtiger.

Andreas Sander

Nach jahrelanger Durststrecke wird Deutschland endlich auch wieder in den schnellen Disziplinen wie Abfahrt und Super-G von einem Fahrer in der Weltspitze vertreten. Die SG Ennepetal hat ganze Arbeit geleistet, denn hier, mitten im eher wenig alpinen südlichen Ruhrgebiet, hat Andreas Sander seine ersten Schwünge in den Schnee gezogen. Bei der WM in St. Moritz war er in der ersten Rennwoche der Mann, der dafür gesorgt hat, dass beim DSV die Laune über dem Nullpunkt geblieben ist. Rang acht in der Abfahrt, das beste deutsche Ergebnis in einer WM-Abfahrt seit Florian Eckerts Bronzemedaille 2001. Vorher schon Platz sieben im Super-G. Nach Anlaufschwierigkeiten im Weltcup nach seinem Titel bei der Junioren-WM vor neun Jahren, scheint er jetzt, mit 27 Jahren, angekommen zu sein. Und er will noch mehr: „Ich darf gar nicht darüber nachdenken, was noch möglich gewesen wäre“, sagt er oft nach dem Rennen, auch nach Top-Ten-Platzierungen.

Der Trainer

Als der Österreicher Mathias Berthold vor drei Jahren die deutschen Herren übernahm, wurde viel gelacht, als er folgenden Satz sagte: „Unser Ziel ist es, beiden Olympischen Spielen 2018 in allen Disziplinen um Medaillen mitzufahren.“ Und auch jetzt wird wieder gelacht. Allerdings nur, weil die Stimmung so gut ist und die deutschen Rennfahrer wissen, dass Berthold tatsächlich ganz neue Kräfte in ihnen freigesetzt hat. In St. Moritz ist eine neue Leichtigkeit zu erleben. Berthold und sein Fahrer Felix Neureuther haben beispielsweise eine Wette laufen, die zwischen beiden für viel Heiterkeit sorgt, deren Inhalt sie aber zunächst geheim halten.

Felix Neureuther

Der Star ohne Allüren. Felix Neureuther ist seit Jahren der bekannteste und erfolgreichste deutsche Alpine. Und er ist so etwas wie der Klassensprecher im Team. Immer locker, nie um eine Antwort verlegen — und inzwischen so routiniert, dass er bei dieser WM noch zum Medaillenlieferanten werden könnte, obwohl es im Weltcup zuletzt nicht so gut lief. „Ich starte bei meiner vielleicht letzten WM, die probiere ich zu genießen.“ Was wohl nur mit einer Medaille möglich wäre.