Essen. Im Moment freuen wir uns mit Angelique Kerber und den deutschen Handballern. Doch die Sportarten arbeiten nicht professionell genug. Ein Kommentar.

Zuallererst: Herzlichen Glückwunsch an Angelique Kerber zu ihrem Grand-Slam-Sieg in Melbourne und herzlichen Glückwunsch an die deutschen Handballer zu ihrem Triumph bei der EM in Polen. Gebannt saßen wir vorm Fernsehgerät und freuten uns patriotisch über jede gelungene Aktion. Auch Journalisten sind Sportfans.

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Leider erleben wir solche Momente nicht allzu oft. Der Fußball verdrängt andere Sportarten von den besten Sendeplätzen. Millionen von Werbegeldern werden im Zweifelsfall lieber in einen Bundesligaklub als in Olympische Sportarten gesteckt. Skispringen und Radfahren verkümmern zu saisonalen Erscheinungen.

Der deutsche Fußball arbeitet zu professionell

Wir wünschten uns so sehr, dass der Sport mehr zu bieten hätte als Fußball-Bundesliga und Nationalmannschaft. In den USA wird die Vielfalt zelebriert: American Football, Basketball, Eishockey und Baseball ergänzen sich prächtig mit ihren TV-Quoten. In Deutschland gilt: Fußball, Fußball, Fußball.

Darum ist zu befürchten, dass weder die Euphorie um die deutschen Handballer deren Bundesliga befeuert noch Kerbers Triumph eine Ära wie bei Steffi Graf auslöst. Der deutsche Fußball arbeitet zu professionell.

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Oder andersherum: Die anderen Sportarten arbeiten nicht professionell genug. Die Handball-Bundesliga reduziert sich auf ein Verfolger-Rennen mit THW Kiel, die provinziell verteilten Hallen lassen keinen Zuschauerboom zu, in einer reichen Stadt wie Hamburg geht der HSV Handball in die Insolvenz. Die berühmte Tennisanlage Rothenbaum in Hamburg steht in 51 von 52 Wochen im Jahr leer, weder ARD noch ZDF übertragen die vier Grand-Slam-Turniere. Die Leidtragenden sind die Sportler, die nicht die notwendige Hilfe erhalten.

Für den Moment freuen wir uns mit Angelique Kerber und den deutschen Handballern. Wer weiß, wann die nächsten Erfolge passieren. Freuen würden wir uns.