Melbourne. Am Montag startet Boris Beckers Schützling Novak Djokovic in die Australian Open. Im Interview spricht der Trainer über Erfolge, Rückschläge - und seine Zukunftsplanung.

Boris Becker (48) ist der erfolgreichste deutsche Tennisspieler. Der in London lebende Becker gewann sechs Grand Slam-Titel und insgesamt 49 Turnierpokale. Vor 25 Jahren, nach dem ersten seiner beiden Australian Open-Siege, wurde er die Nummer eins der Welt. Seit Dezember 2013 ist Becker Chefcoach beim Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic. In die Zeit des Gespanns Becker/Djokovic fallen fünf der zehn Major-Titel des Serben.

Herr Becker, Novak Djokovic gewann 2015 fast alles, was es zu gewinnen gibt im Welttennis. Er war am Ende die klarste Nummer eins aller Zeiten. Was tut man, um das wiederholen zu können?

Boris Becker: Ganz entscheidend ist, eine echte, wirkliche Pause zu nehmen. Total abzuschalten. Nicht bei irgendeinem Schauturnier anzutreten. Er hat im letzten Jahr 80 Matches auf höchstem Niveau gespielt, das war gigantisch. Aber auch verschleißend. Deshalb galt: Ruhe, Entspannung, eine Auszeit von der Tour. Und, ganz wichtig: Sich selbst freuen über das, was du geschafft hast. Das kommt im Alltagsstress zu kurz.

Pausen sind im modernen Tennis sehr selten geworden.

Becker: Aber sie sind manchmal genau so wichtig wie ein Turniersieg. Pausen, richtig eingesetzt, sind wie eine Trainingseinheit. Erst wenn du dich gelegentlich bewusst zurückziehst, Körper und Geist auflädst, bist du wieder bereit für neue Erfolge. Viele vergessen das heute. Und bezahlen auch dafür.

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Das heißt, das Team Djokovic beginnt 2016 einfach wieder bei Null.

Becker: 2015 ist Vergangenheit. Das interessiert uns nicht mehr. Alle stehen wieder neu an der Startlinie und wollen als Erster durchs Ziel. Aber Novak geht frisch und ausgeruht ins Rennen, in Doha hat man gesehen, dass er wieder fürs Tennis brennt.

Wenn Sie auf Ihren Start als Djokovic-Trainer zurückblicken, vor zwei Jahren, was ist da von Ihren Erwartungen eingetroffen?

Becker: Ganz ehrlich: Weder Novak noch ich selbst hätten uns das erträumt. Da habe ich mich selbst manchmal gefragt: Passiert das hier wirklich? Wir wollten auf Platz eins zurück, Grand Slam-Turniere gewinnen. Aber diese Dominanz in den letzten 18 Monaten, die war ebenso ungewöhnlich wie bemerkenswert. Viel besser als Novak zuletzt kannst du eine Saison kaum spielen, in dieser Qualität und Ausdauer. Es ist eine wunderbare Reise mit ihm. Ich erlebe ungeahnte Glücksmomente.

Hat Djokovic nie Motivationsprobleme?

Becker: Es geht ihm wie allen Großen im Sport: Wenn du diesen Lauf hast, wenn du gewinnst, willst du mehr. Immer mehr. Er hat eine fabelhafte Einstellung, ordnet fast alles dem Tennis unter. Er weiß, was er mit wem und wie zu tun hat, um erfolgreich zu sein. Im Spitzentennis geht es darum, in den letzten Detailfragen besser zu sein als die anderen Guten und sehr Guten. Und darin ist er ein Meister. Er kitzelt die letzten paar Prozente stets heraus.

So arbeitet Boris Becker mit Djokovic 

Nun fragen sich ja alle immer wieder gern: Wie macht Becker einen wie Djokovic noch besser?

Becker: Ich habe nie gern über mich und meinen Erfolgsanteil bei Djokovic geredet. Fakt ist: Ich hatte eine gute Tenniskarriere, kann meine Erfahrungen weitergeben. Und Novak ist jemand, der da zuhört, der daraus Erkenntnisse schöpfen will. Er will immer lernen, Tag für Tag. So sind Champions.

Der Trainer Becker ist fast schon erfolgreicher als der Spieler Becker.

Becker: Bei mir gilt wohl immer, dass man nicht weiß, wie es ausgeht. Das ist Teil meines Lebens, jetzt auch als Trainer.

Was haben Sie eigentlich aus den Jahren mit Ihren Trainern mit in diese Arbeit genommen?

Becker: Ich hatte wunderbare Trainer und Lehrmeister. Ion Tiriac, Günther Bosch, Bob Brett, Nick Bollettieri oder Niki Pilic – alle sehr verschiedene Charaktere mit ihren eigenen Fähigkeiten. Davon profitiere ich heute ungemein. Alles, was ich selbst gelernt habe von diesen tollen Coaches, fließt heute in meine Arbeit ein. Saisonplanung, Taktik, Gegnerbeobachtung, das psychologische Spiel.

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Nennen Sie ein Beispiel: Wie haben Sie Djokovic auf das Wimbledon-Finale gegen Federer vorbereitet?

Becker: Das kann man nicht auf diese letzten beiden Tage beschränken. Es ist immer ein Prozeß. Und in diesem Fall begann die Erfolgsgeschichte darin, Novak nach dem verlorenen French Open-Finale wieder aufs Gleis zu bringen, mit Hilfe des Teams, mit Hilfe seiner Frau. Denn er war schon ziemlich geknickt nach der Niederlage von Paris. Es bedurfte einer Menge Fingerspitzengefühl, ihn wieder für Wimbledon richtig einzustellen. Das ist aber der Job von Team Djokovic, auch von mir. Auch und gerade in diesen Momenten das Beste als Trainer zu bringen. Als er dann in Wimbledon auf dem Platz stand, wieder mit Motivation und Inspiration, war die schwerste Arbeit getan. Eine Arbeit, die keiner gesehen hat.

Haben Sie als ehemalige Nummer eins, als Majorsieger mehr Überzeugungs- und Argumentationskraft.

Becker: Es ist nun mal so, dass man als mehrfacher Grand Slam-Gewinner einen anderen Zugang hat. Man hat alles selbst erlebt, die Höhen und Tiefen, die Comebacks, die verrückten Matchsituationen, die Regenpausen in Wimbledon oder anderswo. Für Novak ist es wichtig, mit jemandem sprechen zu können, der eine Lebenserfahrung dazu einbringen kann, eine Autorität aus eigenem Erleben. Das stützt ihn. Und hilft ihm, eine Krise wie nach Paris zu überwinden.

2016 wird ein kompliziertes Jahr, auch wegen des olympischen Tennisturniers. Wie wichtig war Ihnen selbst das Thema Olympische Spiele, wie wichtig ist es für Djokovic?

Becker: Es war extrem wichtig für mich. Diese olympische Idee, mit allen Stars aus allen Sportarten zusammen an einem Platz zu sein, hat mich immer fasziniert. Ich war vier Mal im deutschen Team und leider drei Mal verletzt, Bänderriss 1984, Sehnenscheidenentzündung 1988, Sehnenriß 1996. Blieb 1992, Barcelona auf einem langsamen Sandplatz. Im Einzel war da nix drin, aber im Doppel, das war dann eine verrückte Goldgeschichte mit Michael Stich. Er war einer meiner größten Rivalen damals, 1991 gewann er Wimbledon gegen mich, 1992 schlug ich ihn im Viertelfinale dort. Und dann kam Barcelona. Und der Sieg. Wir haben uns irgendwie zusammengerauft, wie, weiß ich selbst nicht mehr so genau. Wenn ich meinen Kindern heute erzähle, dass ich mal Gold gewonnen habe, steige ich in deren Achtung. Heute ist Gold im Tennis viel mehr wert als damals. Deshalb ist die Antwort auf die Frage, was es Novak bedeuten würde, ganz einfach: Sehr viel. Das ist ein großes Ziel. Und ich werde auch mit nach Rio reisen.

Djokovic gewinnt die US Open

Wegen Regens begann das Finale der US Open mit fast dreistündiger Verspätung.
Wegen Regens begann das Finale der US Open mit fast dreistündiger Verspätung. © imago/UPI Photo
Wegen Regens begann das Finale der US Open mit fast dreistündiger Verspätung.
Wegen Regens begann das Finale der US Open mit fast dreistündiger Verspätung. © imago/EQ Images
Wegen Regens begann das Finale der US Open mit fast dreistündiger Verspätung.
Wegen Regens begann das Finale der US Open mit fast dreistündiger Verspätung. © imago/EQ Images
Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch.
Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/BPI
Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch.
Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/UPI Photo
Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch.
Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/UPI Photo
Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch.
Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/Hasenkopf
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Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/UPI Photo
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Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/Hasenkopf
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Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/Hasenkopf
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Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/UPI Photo
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Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/Hasenkopf
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Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/BPI
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Der Weltranglistenerste Novak Djokovic setzte sich mit 6:4, 5:7, 6:4 und 6:4 gegen den Schweizer Roger Federer durch. © imago/ZUMA Press
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © imago/Hasenkopf
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © imago/Hasenkopf
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © imago/BPI
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © imago/UPI Photo
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © imago/Xinhua
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © imago/Xinhua
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © imago/BPI
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © dpa
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © imago/EQ Images
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer.
Der Schützling von Boris Becker machte seinen insgesamt zehnten Grand-Slam-Titel perfekt und verhinderte den sechsten Erfolg bei den US Open von Roger Federer. © imago/BPI
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Becker hat trotz Rivalität keine Probleme mit Federer 

Sie haben sich wiederholt beklagt, dass Djokovics Erfolge in der Öffentlichkeit nicht ausreichend gewürdigt worden seinen. Hat das Jahr 2015 da etwas verändert?

Becker: Eindeutig, ja. Und zwar vor allem, wie er nicht nur mit den Siegen umgegangen ist. Sondern auch mit dieser einzigen schmerzhaften Niederlage in Paris. Seine Ansprache damals, diese Emotionen, die Tränen, das gehörte zu den bewegendsten Momenten, die ich überhaupt je im Tennis erlebt habe. Ich glaube, die Menschen kriegen einfach mit, was für ein großartiger Champion er ist. Bescheiden im Erfolg, keiner, der Siege arrogant vor sich her trägt. Einer, der dem Tennis als Führungsfigur einfach gut tut.

Andererseits haben Sie als noch als TV-Kommentator einst angemerkt, es gehe Ihnen an der Spitze zu kuschelig zu. Djokovic steht jetzt auch nicht gerade für Konfrontation, für Konflikt.

Becker: Aber auf dem Centre Court kann er schon ein Krieger sein. Ein Straßenkämpfer, der sich mit aller Macht durchsetzen will. Denken wir nur mal an das US Open-Finale, ein paar hundert Serben auf der Tribüne, aber 24.000 Amis frontal gegen Djokovic und für Federer: Wenn du so eine Prüfung bestehst, bist du wirklich ein Großer. Das schaffst du nur, wenn du Rückgrat hast, nicht ängstlich bist und eine klare Position zeigst. Für mich war es das Spiel des Jahres von ihm.

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Die Rivalität zwischen Djokovic und Federer ist ja auch das prägendste Merkmal im Herrentennis.

Becker: Es sind zwei verschiedene Charaktere, die da aufeinander treffen. Das macht den Reiz aus, die Spannung, den Thrill. Es ist Schwarz gegen Weiß, aber nicht Gut gegen Böse. Ich habe oft Prügel bekommen, weil ich angeblich etwas gegen Roger gesagt habe. Dabei habe ich nur in Wahrheit nur Position pro Novak bezogen. Es ist verrückt, dass die Leute das nicht begreifen: Ich bin Team Djokovic, ich habe mich um seine Erfolge zu kümmern. Der Guardiola wird auch nicht hergehen und sagen: Den Tuchel finde ich nett, also geht mal ein bisschen vorsichtig in die Zweikämpfe gegen Dortmund. Es ist egal, was dein Gegner vorher geleistet und geschafft hat, was seine Lebensleistung war - am Ende gilt: Du gehst mit einem auf den Platz, der dir den Sieg klauen will. Und du hast was dagegen. Und der Trainer auch.

Vermutlich hat Federer das selbst am besten verstanden.

Becker: Absolut. Es gibt auch gar keine Probleme mit Roger. Wir sehen uns jede Woche in der Umkleidekabine, geben uns die Hand. Meine Familie und ich habe Riesenrespekt vor seiner Lebensleistung. Aber ich habe einen Job, in dem es um die Frage geht: Wie kann ich ihn schlagen? Wie gewinnt mein Mann gegen ihn?

Becker will gerne mit Djokovic weitermachen 

Sind Sie heute, als erfolgreicher Trainer, glücklicher als vor zwei Jahren?

Becker: Nein, ich war damals auch glücklich. Ich mache Glück nicht abhängig von beruflichen Erfolgen. Bei mir geht die Gleichung eher andersrum: Bin ich privat und mit meiner Familie im reinen, kann ich gut arbeiten. Und das war 2013 nicht anders als 2016.

Die gängigste These zum Trainer Becker lautet: Er ist wieder bei sich angekommen. Im Tennis, wo er sich immer noch am besten auskennt.

Becker: Die wenigsten wissen doch, was in meinem Leben passiert, heute wie vor 30 Jahren. Deshalb gibt es auch immer wieder die unmöglichsten Theorien zu Boris Becker – was er warum tut. Zum Thema Becker wird nur in Extremen gedacht, es gibt keine Grauzone. Wieder im Tennis angekommen? Nein, ich war ja nie weg. Ich habe halt nur aufgehört, Tennisspieler zu sein. Ich habe als Experte und Kommentator gearbeitet, in Deutschland hat es nur kaum jemand mitbekommen. Auch weil das Thema Tennis insgesamt großflächig vom Radar verschwunden ist.

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Aber füllt Sie das das, was Sie im Tennis tun, mehr aus als andere berufliche Projekte?

Becker: Mein Leben wäre ärmer gewesen, wenn ich nicht andere Herausforderungen angenommen hätte. Ich habe vieles probiert, vieles hat auch geklappt, anderes nicht. Wem geht das nicht so? Nur wird das bei Becker gleich zum Drama gemacht, zum Scheitern überhaupt. Wie gesagt: Es gibt nur Triumph oder Tragödie. Aber ich bereue nichts. Denn was wäre die Alternative gewesen: Ab 32 Jahren und dem Karriereende nur noch die Legende sein. Ich bin nicht zum Grüßaugust geboren.

Was kann als Trainer im Tennis noch kommen, wenn man die Nummer eins trainiert hat – einen so überragenden Frontmann wie Djokovic?

Becker: Erst mal ist diese Mission noch längst nicht beendet. Ich will mich als Trainer bei Djokovic auch noch weiterentwickeln. Denn dieser Job ist hart, er stellt einen vor enorm viel Arbeit. Nichts ist sicher in diesem Geschäft, kein Sieg fällt einem mehr leicht. Schauen Sie sich Federer und Nadal an, zwei absolut überragende Leute. Und doch haben sie seit einiger Zeit nichts ganz Großes mehr gewonnen, keine Slams. Das zeigt, was es heute heißt, Grand Slam-Sieger zu sein. Es ist immer ein kleines Wunder. Tennis ist ein Geschäft des Gewinnens. Wir, Novak, das Team und ich, waren da sehr erfolgreich. Und deshalb wollen wir alle auch noch gern weitermachen, denke ich.

Wird es den Trainer Becker nach dem Job bei Djokovic noch geben?

Becker: Ich hatte andere Anfragen vor Djokovic. Aber ich habe das abgelehnt. Weil es ein sehr reisenintensiver Sport ist. Weil ich es selbst schon 20 Jahre gemacht habe. Bei der Nummer eins konnte ich nicht Nein sagen. Weil ich wusste, was für ein Typ Spieler ist: Einer, der alles fürs Tennis gibt. Motivation, Leidenschaft, Intelligenz – er ist perfekt. Mit ihm lohnt sich jede Minute Arbeit. Ich weiß nicht, ob es eine ähnliche Partnerschaft noch einmal geben könnte. Ich werde ja auch nicht jünger, möchte mehr Zeit mit der Familie verbringen. Ich sehe meine Kinder und meine Frau schon jetzt zu wenig.

Deutschlands großes Thema des letzten Jahres wird vermutlich auch das Thema dieses Jahres sein: Die Flüchtlinge. Wie wichtig kann der Sport als integrierender Faktor sein?

Becker: Erst mal: Vieles an den deutschen Diskussionen habe ich nicht verstanden. Wie viele mit deutschem Pass haben Eltern und Großeltern, die selbst Flüchtlinge waren? Ganz viele. Ich gehöre auch dazu. Die Einwanderungsbewegungen haben dem Land nie geschadet. Und wir sind auch zur Hilfe verpflichtet, nicht ohne Bedingungen, klar. Aber wir sind ein reiches Land, das seine Möglichkeiten hat. Und der Sport, der wird ganz sicher helfen. Er kann einen sehr entscheidenden Impuls liefern, etwas leisten zu wollen.