London. Novak Djokovic steht im Zenit seines Könnens. Auch beim Finalturnier der World Tour in London ist der 28-jährige Weltranglistenerste der Favorit.
Londons Bürgermeister Boris Johnson und der Chef der ATP, Chris Kermode, waren sich einig. „Für uns gibt es im Moment keinen besseren Platz als Bühne für unser Turnier zum Jahresende“, meinte Kermode bei der Auslosung der ATP World Tour Finals im Rathaus der britischen Metropole. „Seit wir 2009 hierher gezogen sind, ist es ein spektakulärer Erfolg.“ Und Johnson, der bekennender Tennisfan ist, schloss sich mit der rhetorischen Frage an: „Wie kann man sich nicht dafür begeistern, die besten Spieler der Welt in einer der großartigsten Arenen der Welt zu sehen?“ Nun denn, die Herren werden das Vergnügen noch öfter haben. Kermode bestätigte im Rathaus offiziell, das Turnier der besten acht Einzelspieler und Doppelpaare werde bis 2018 in der O2 Arena am Ufer der Themse stattfinden.
Djokovic verlor 2015 erst fünfmal
Bei der Auslosung, die ja keine grandiosen motorischen Fähigkeiten verlangt, wirkte Johnson zwar ein wenig unbeholfen, aber am Ende stimmte zumindest das Ergebnis. Novak Djokovic, Roger Federer, Tomas Berdych und Kei Nishikori landeten in der sogenannten Gruppe „Stan Smith“, Andy Murray, Stan Wawrinka, Rafael Nadal und David Ferrer in der Gruppe „Ilie Nastase“. Dem Titelverteidiger gebührt am Sonntagnachmittag die Ehre des Eröffnungsspiels; Novak Djokovic wird gegen Japans Star Nishikori antreten, am Abend folgen Federer und Berdych.
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Djokovic gewann nicht nur im vergangenen Jahr in der O2 Arena, sondern auch 2013 und 2012, und im Moment fällt es ziemlich schwer, sich einen anderen Sieger als ihn vorzustellen. Der Serbe sitzt derart überlegen und allein auf dem Gipfel wie seit Roger Federer in den Jahren 2004 und 2005 keiner mehr. Die Zahl der Niederlagen insgesamt in diesem Jahr (fünf, darunter zwei gegen Federer) sagt eine Menge, aber mindestens so eindrucksvoll sieht die Bilanz der vergangenen Monate aus. Bei den Turnieren zuletzt in Peking, Shanghai und Paris-Bercy gab er in 15 Spielen einen einzigen Satz ab – im Halbfinale in Paris gegen Stan Wawrinka. Aber so, als sei das ein Irrtum gewesen, gewann er den dritten dann eben mal 6:0.
Coach Boris Becker meinte kürzlich in einem Gespräch mit der französischen Sportzeitung L’Équipe, was Djokovic in diesem Jahr geleistet habe, sei historisch; er findet, sein Mann habe kein einziges schlechtes Match gespielt. Das finden Djokovics Konkurrenten, aktuelle wie ehemalige, auch. Nachdem der neulich wieder mal souverän gewonnen hatte, schickte ihm der im September zurückgetretene Amerikaner Mardy Fish über Twitter die Nachricht „booooring“ (laaangweilig) mit dem Hashtag: Lass mal einen anderen gewinnen.
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Aber mit solchen Scherzen kann Djokovic locker umgehen. Im vergangenen Jahr gewann er den Titel in London, weil Roger Federer wegen einer Rückenverletzung nicht zum Finale antreten konnte. Doch genau eine Woche später schnappte sich der Schweizer gemeinsam mit Stan Wawrinka den Davis Cup. Ein solcher Husarenritt zum letzten großen Ereignis des Tennisjahres 2015 steht diesmal Andy Murray bevor. Nach dem Sieg der Briten im Davis-Cup-Halbfinale gegen Australien Mitte September hatte Murray spontan angekündigt, um für das Finale in Belgien Ende November fit zu sein, werde er auf den Start in der O2 Arena verzichten; die Umstellung vom Londoner Hartplatz auf den belgischen Sand im Davis Cup innerhalb weniger Tage sei zuviel für seinen operierten Rücken. Aber er wurde prompt zur Ordnung gerufen und ist zur Freude der Briten also doch dabei.
Andy Murray fordert Geld für Tests
Murray ist seinen Überzeugungen treu geblieben, und diese Überzeugungen münden erfreulicherweise meist in klare Worte. In einem Gespräch mit der englischen Tageszeitung Daily Mail sagte er dieser Tage, er mache sich viele Gedanken, ob im Tennis genug Geld für Doping-Kontrollen eingesetzt werde. „Bei der Größenordnung des Geldes und des Profits im Sport muss einfach genug für den Kampf gegen Doping ausgegeben werden. Ich bin kein Experte, aber ich finde, im Tennis sollte es so viel sein wie nur möglich.“ Und für solche Erkenntnisse dürfte die große Bühne auch passend sein.