Essen. Patrick Esume kommentiert nicht nur die American-Football-Spiele der NFL für ProSieben Maxx, der Hamburger managt auch den Box-Weltmeister Chagaev.
Deutschland und der American Football sind sich einen Schritt näher gekommen. Erstmals werden im frei empfangbaren TV die Ligaspiele der nordamerikanischen Profiliga NFL übertragen. Einer der Experten des Senders ProSieben Maxx ist Patrick Esume. Der 41-Jährige ist die Idealbesetzung: Schlagfertig dank Hamburger Schnack, erfahren als französischer Nationaltrainer und bisher einziger deutscher Assistenz-Coach in der NFL.
Fünf Deutsche in der US-Profiliga
Derzeit gibt es fünf deutschstämmige Footballspieler in der NFL: Sebastian Vollmer (New England Patriots), Markus Kuhn (New York Giants), Kasim Edebali (New Orleans Saints), Björn Werner (Indianapolis Colts) und Mark Nzeocha (Dallas Cowboys).
Mit 2,2 Prozent Tagesmarktanteil erzielte ProSieben Maxx vergangenen Sonntag den zweitbesten Wert seit Senderbestehen. Am kommenden Sonntaggibt es ab 18:55 Uhr das New Yorker-Duell der Jet gegen die Giants sowie ab 22:25 Uhr die Philadelphia Eagles gegen die New England Patriots.
Herr Esume, Deutschland und der American Football – das war bisher ein Beziehungsfeuer, das phasenweise zaghaft glimmte, aber nie richtig loderte. Nun überträgt der Sender ProSieben Maxx jeden Sonntag zwei Spiele der NFL. Deutschland und dieser uramerikanische Sport – passt das überhaupt zusammen?
Patrick Esume: Ich glaube schon, dass da eine innigere Beziehung besteht, als die meisten vermuten. Die NFL Europe hat zu ihren erfolgreichen Zeiten mit vielen deutschen Teams ja bewiesen, dass es in Deutschland einen Markt, ein Interesse und eine Berechtigung für den Sport gibt. Düsseldorf mit RheinFire, Frankfurt mit Galaxy, Hamburg mit den Sea Devils – da war ja zwischen 1991 und 2007 einiges los.
Die Massentauglichkeit in Deutschland wird dem Football dennoch häufig abgesprochen: Während beispielsweise Handball, Basketball und Fußball einen schnellen Spielfluss haben, wirkt Football recht statisch – wie eine Ansammlung von Standardsituationen. Viele Deutsche winken ohnehin ab: zu kompliziertes Regelwerk.
Esume: Ich kann das in gewisser Weise nachvollziehen. Zumindest, wenn man den Sport gar nicht kennt, kann er anfangs ein wenig kompliziert erscheinen. Wobei die Grundzüge ja eigentlich relativ simpel sind: Der Ball muss auf die andere Seite. Die Taktik dahinter mag etwas komplizierter sein, aber die Faszination der NFL macht ja in erster Linie die Kraft, die Geschwindigkeit und die Kollision der Spieler aus. Meist ist es so: Sobald man ein Spiel sieht und ein bisschen Erklärung von den Kommentatoren bekommt, geht das. Auch in meiner eigenen Familie war das nicht anders, da sind ja auch nicht alle footballaffin geboren.
Sondern?
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Esume: Wir sind eigentlich eine traditionelle Fußball-Familie. Ich bin ein echter Hamburger Junge, habe von der F- bis zur A-Jugend Fußball gespielt, für die ganze Familie gehört Fußball zum Leben dazu. Irgendwann erwachte in mir aber die Faszination für den Football. Und dann bedarf es meist ja nur der Begeisterung einer Person, um auch die anderen anzustecken. Mittlerweile gucken die meisten meiner Familienmitglieder am Sonntag auch Football-Spiele. Die jüngere Generation sowieso, aber auch die älteren Semester kommen vermehrt dazu.
Diese Faszination hat Sie weit gebracht: Sie sind nicht nur TV-Experte, sondern auch der einzige Deutsche, der in der NFL als Co-Trainer gearbeitet hat. Derzeit sind Sie Co-Trainer in der deutschen Bundesliga und Nationaltrainer Frankreichs. Wie bekommen Sie das unter einen Hut?
Esume: Als Co-Trainer in Hamburg bin ich ja nur Assistent, das ist nicht so zeitintensiv wie der Job eines Haupttrainers. Die französische Nationalmannschaft ist da natürliche eine weitaus größere Aufgabe, aber auch das ist eher eine Projektarbeit. Die Franzosen spielen ihre Ligasaison und ich sehe die Spieler dann in regelmäßigen Abständen in Vorbereitungs-Camps. Das lässt sich alles ganz gut verbinden. Man darf das Kommentieren aber nicht unterschätzen. Die Vorbereitung ist sehr intensiv.
Esume: "Deutsche NFL-Stars kann es nicht genug geben"
Seit zwölf Wochen läuft die NFL-Saison nun und damit auch die Übertragung. Sind Sie mit den Sendungen zufrieden?
Esume: Ich persönlich: ja. Ich merke ja auch, dass die Resonanz immer größer wird. Wenn ich durch die Straßen gehe oder am Flughafen bin, kommen gerade in den jüngsten Wochen immer öfter Leute auf mich zu und loben die Sendung. Ich bin dann immer sehr überrascht. Jung, alt – egal, ganze Familien scheinen Football zu gucken und das finde ich natürlich toll.
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Patrick Esume und das Fernsehen – wie kam es überhaupt zu dieser Konstellation?
Esume: Eine lustige Geschichte. Ich habe eine Sportvermarktungsfirma und mein Geschäftspartner und ich waren gerade in München bei der ProSiebenSat.1-Gruppe, um über den nächsten Boxkampf unseres Klienten zu sprechen: Ruslan Chagaev, der WBA-Weltmeister im Schwergewicht. In diesem Zusammenhang hat der Sender-Sportchef mich gefragt, ob ich mich nicht mal als Footballexperte im Fernsehen versuchen wolle. Das Casting fand am selben Tag statt, ich bin also ein paar Räume weitergegangen und dann war schnell klar: Das passt. Ich bin ja fast immer mit Frank Buschmann auf Sendung. Das macht natürlich Spaß, mit einem solch erfahrenen Kommentatoren-Veteranen zu arbeiten, der ja nicht nur sämtliche Groß-Ereignisse um Stefan Raab kommentiert, sondern auch durch seine Zeit als Basketball-Kommentator legendär ist. Insgesamt haben wir echt ein tolles Team zusammenbekommen.
Wie wichtig ist ein gutes Kommentatorenteam?
Esume: Sehr wichtig. Es geht ja über das einfache Erklären des Spiels hinaus. Wir wollen die Zuschauer auch mit Infos über die Spieler und die Liga an sich versorgen. Wie denkt ein Trainer in den jeweiligen Situationen? Wie sieht die Vorbereitung aus? Da kenne ich mich ja aus und ich kenne auch noch viele Spieler und Trainer aus meiner aktiven Zeit als Co-Trainer in der NFL. Es ist aber immer wieder ein Spagat: Wir müssen einerseits die Football-Neulinge mitnehmen, andererseits aber auch die „Experten“ abholen.
Braucht es eigentlich noch mehr deutsche Stars in der NFL?
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Esume: Davon kann es nie genug geben. Wir haben zwar mehrere Deutsche in der NFL. Aber ich bin mir sicher, wenn wir einen NFL-Superstar auf einer Position, die Punkte produziert, oder in einer auffällige Defensivrolle haben, dann bekommt der Sport in Deutschland noch einmal einen ganz anderen Schub. Es werden noch viele Deutsche in der NFL landen, es gibt einige vielversprechende Talente an den US-Colleges, die noch für Schlagzeilen sorgen werden. Aber bis es wie im Basketball einen „Nowitzki“ gibt, kann es noch fünf bis zehn Jahre dauern.
Letzte Frage: Wer wird wohl im Februar im Super Bowl um die Meisterschaft spielen?
Esume: Wenn man die bisherigen Spieltage betrachtet, dann auf jeden Fall wieder die New England Patriots, die sind in ihrer Division einfach eine Macht. Als Gegner sehe ich derzeit die Carolina Panthers. Aber auch die Minnesota Vikings und die Green Bay Packers würde ich nicht abschreiben.