Washington. . Der Quarterback der New England Patriots kann zum vierten Mal den Super Bowl gewinnen. Auch dank des Düsseldorfers Sebastian Vollmer.

„Weine nicht, wenn der Regen fällt“ – Dam, Dam – Dam, Dam.“ Russell Wilson hat mit Sicherheit noch nie etwas von Drafi Deutscher gehört. Tom Brady vielleicht schon. Nach dem Ende im ersten Spiel um den Einzug ins Finale der amerikanischen Football-Liga NFL dankte der junge Spielmacher der Seattle Seahawks Gott und der Welt und ließ seinen Tränen freien Lauf. Nachvollziehbar. Das glückliche 28:22 in der Nachspielzeit gegen die Green Bay Packers um den wegen einer Wadenverletzung gehandicapten Strippenzieher Aaron Rodgers war nicht nur ein dramatisches Kapitel Football-Geschichte im strömenden Regen von Seattle mit spektakulären Touchdowns, haarsträubenden Abwehrfehlern und tobenden Trainern. Sondern für die Heim-Mannschaft auch ein Geschenk des Himmels.

Ein Himmel, der auch 5000 Kilometer weiter östlich in Foxborough/Massachusetts seine Schleusen weit öffnete, wo die New England Patriots in der anderen Halbfinal-Partie die Colts in Grund und Boden spielten. Spielgestalter Tom Brady, mehr als ein sattes Jahrzehnt älter als der 26-jährige Wilson, hielt seine Emotionen mit sterilem Sportlersprech unter Kontrolle. „Wir haben ein gutes Team, aber wir haben auch hart dafür gearbeitet.“ Das 45:7-Massaker gegen die Männer aus Indianapolis war für den 37-Jährigen nur ein Zwischenschritt. Endziel: Arizona. Stadion der Universität von Phönix in Glendale. 1. Februar. Das Spiel der Spiele. Super-Bowl Nummer 49.

Schlechte Erinnerung an Glendale

New England hat dort die Chance, nach 2002, 2004 und 2005 den vierten Titel zu erringen. Zweimal, 2008 und 2012, hatte das Team von Trainer-Fuchs Bill Belichick im Endspiel das Nachsehen. Tom Brady, der als erster Quarterback in der NFL-Geschichte zum sechsten Mal um die Vince Lombardi Trophäe antritt, hat an den diesjährigen Schauplatz nicht die besten Erinnerungen. Vor sieben Jahren kaufte ihm Eli Manning von den New York Giants in Glendale den Schneid ab.

„Wiedergutmachung in der Wüste“ lautet darum die Parole bei den Patriots, die in der Regenschlacht gegen Indianapolis auch dank des Düsseldorfers Sebastian Vollmer, der sich als Leibwächter von Brady Bestnoten verdiente, nie ins Schwimmen gerieten. Colts-Quarterback Andrew Luck, aufstrebendes Talent mit deutscher Kindergartenvergangenheit und hervorragender Leistungsbilanz in der regulären Saison, ging völlig unter. Nicht mal die Hälfte seiner 33 Pässe kam an.

Aber die Aufgabe wird für New England nicht leicht. Nicht nur, dass mit Seattle der strahlende Vorjahresmeister wartet, der mit Marshawn Lynch, Spitzname „Das Biest“, den schweigsamsten, aber vielleicht effektivsten Running Back aufbietet. Und in Richard Sherman den vorlautesten und – Jahresverdienst: 14 Millionen Dollar – spielstärksten Abwehrrecken. Die Art und Weise, in der das von Trainer Pete Carroll angetriebene Team von der Westküste die Packers in die Knie zwang, nötigte der Football-Gemeinde in den USA gestern über Fan-Grenzen hinweg Bewunderung und Respekt ab.

Der Husarenritt der Seahawks

Bis vier Minuten vor Ende der regulären Spielzeit waren die „Fischadler“, die zur Halbzeit bereits 0:16 zurücklagen, gerupft und gefedert; praktisch klinisch tot. Und ihr wegen seiner enormen Laufstärke und Wendigkeit gepriesener Quarterback Russell Wilson, dem so gut wie alles missriet, stand vor dem ersten Karrierknick. Hohe Risikobereitschaft, Glück, Kaltschnäuzigkeit und Maßarbeit drehten das Spiel. Am Ende setzte Wilson mit einem 35-Yards-Pass in die Endzone den Packers den Todesstoß. Trainer Carroll, der in New England bis 1999 Vorgänger von Belichick war, fehlten die Worte: „Ich muss erst noch verarbeiten, wie wir das hier durchgezogen haben.“

Damit haben die Patriots bereits angefangen. Einen dritten Kratzer in ihrer Endspiel-Vita wollen sich die Neuengländer ersparen. Bisher stehen die Wetteraussichten für Arizona gut: Trocken, abendliche Temperaturen um die zwölf Grad, leichte Bewölkung. Keine schlechten Voraussetzungen. Es sei denn, Russell Wilson hat wieder nah am Wasser gebaut. Dam-Dam, Dam-Dam.