Essen. Als ob wir von der Fifa nicht schon ohnehin genug Schönfärberei geboten bekämen, stimmen ARD und ZDF ein und liefern uns Schland-trunkene Bericherstattung. Planschend im Pool, bewundernd, mitunter eisern beschwingt (von sich selbst). Ein Kommentar.

Ja gut, wir gewinnen als Team und wir verlieren als Team. Und manchmal spielen wir auch unentschieden. Am Ende zählt bei ARD und ZDF nur eins: das Wir gewinnt.

Wir, das heißt: wir alle. Ja, es ist WM, und vier Wochen lang reduziert sich Deutschland voller Begeisterung auf Schland. Abgesehen davon, dass es einem auch zu viel werden kann mit Schwarz-Rot-Gold: Rechtfertigt Begeisterung diese Anbiederei, mit der beide Sender die Nationalelf begleiten? Die Fifa kontrolliert ohnehin die Bilder dieser WM, sie zeigt uns, was wir sehen sollen. Aber ihre Exklusiv-Partner aus Deutschland wirken so, als hätten sie dafür nicht nur Millionen, sondern auch jeden journalistischen Anspruch hingegeben.

Das ist nicht zu verwechseln mit den üblichen Schwächen. Kommentatoren, die sich kaum ein klares Urteil zutrauen und sich um Analysen drücken, bis Halbzeit ist und im Studio die Experten einspringen. Immerhin, da passt Oliver Kahn mit seiner Nüchternheit gut zu Oliver Welke – ganz anders als 2012, als Kahn bei der EM an der Seite von Leichtmatrosin Katrin Müller-Hohenstein absoff.

Mehmet Scholl hat’s schon schwerer, weil Matthias Opdenhövel ihn so oft mit Orakel-Krake Paul – Gott hab’ ihn selig – verwechselt: Was liest du in den Augen der Spieler, Mehmet? Mehmet liest gar nichts, und erfreulicherweise sagt er das so. Und zum Tagesschluss der herzensgute Giovane Elber neben dem eisern beschwingten Reinhold Beckmann, der so entschlossen wirkt, die Nächte in Rio und uns alle zu erleuchten. Wohl deshalb beantwortet Beckmann seine Fragen an Elber meist selbst.

Planschen mit Podolski?!

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Sicher ist davon vieles Geschmackssache. Was aber mit Geschmack nichts und mit journalistischem Sündenfall alles zu tun hat: Opportunismus als Haltung. Katrin Müller-Hohenstein, die wie ein WM-Groupie mit Podolski am Pool planscht? Die verzückt den joggenden Bundestrainer bewundert? Gerhard Delling, dem nach dem 2:2 gegen Ghana im Gespräch mit Joachim Löw keine einzige halbwegs kritische Frage über die Lippen will?

Das alles wiegt umso schlimmer, weil der DFB ohnehin viel Sorgfalt darauf verwendet, dass nichts aus dem deutschen Quartier nach außen dringt, was nicht nach außen dringen soll. Was bleibt uns also noch? Augen auf und durch.