Antalya. Die Wege von Rot-Weiss Essen und seinem Stürmer Leonardo Vonic werden sich in diesem Winter trennen. Warum RWE mit dem Verkauf nicht warten kann.
Es fiel den Protagonisten am Samstag auf dem Rasenplatz in Antalya offenbar nicht leicht, den Schein zu wahren. Leonardo Vonic (21) lief mit einem Dauergrinsen über den Platz, Trainer Uwe Koschinat lachte gemeinsam mit dem Stürmer, als er ihn wenige Minuten vor dem Ende des Testspiels von Drittligist Rot-Weiss Essen gegen den Ligarivalen Dynamo Dresden (1:1) einwechselte.
Längst ist durchgesickert, dass Vonic RWE in den nächsten Tagen verlassen wird. Noch ist der Abgang nicht perfekt, Vonic hat noch keinen Vertrag bei seinem neuen Verein unterschrieben. Nach Informationen dieser Redaktion ist die U23 des portugiesischen Topklubs FC Porto in der Favoritenrolle. Aber auch ein Verein aus der Schweiz mischte an diesem Wochenende noch mit. Werden die letzten Details wie geplant geklärt, ist der Wechsel des jungen Stürmers in der kommenden Woche perfekt.
Rot-Weiss Essen: Koschinat lässt Vonic 20 Minuten spielen
Umso erstaunter waren die rund 200 Essener Fans, als sich Vonic unter Aufsicht von RWE-Athletiktrainer Tobias Schmidt Mitte der zweiten Halbzeit aufwärmte, nur wenige Meter vor der Tribüne, auf der die RWE-Fans Platz genommen hatten. Eine Verletzung würde den Deal in Gefahr bringen, auf den Verein und Spieler seit einigen Tagen hinarbeiten. Nach Absprache mit Trainer Koschinat gab Vonic vor dem Ende des letzten Viertels aber dennoch grünes Licht. Er durfte noch einmal im RWE-Trikot auflaufen. Priorität hatte für den Kroaten in den letzten 20 Minuten offenbar, gesundheitsgefährdenden Zweikämpfen aus dem Weg zu gehen. Als der Abpfiff ertönte und Vonic vom Platz ging, dürften alle Beteiligten erleichtert gewesen sein.
Rot-Weiss Essen wird den Stürmer verkaufen, der in den letzten anderthalb Jahren der erfolgreichste RWE-Torschütze war. Die Entscheidung ist für die RWE-Verantwortlichen dennoch aus rein wirtschaftlichen Gründen alternativlos, denn der Wert des talentierten Mittelstürmers ist aktuell am höchsten. Vonic, der einen Vertrag bis zum Sommer 2026 besitzt, verlässt die Hafenstraße als junger Stammspieler, im kommenden Sommer wäre das möglicherweise nicht mehr der Fall gewesen, was seinen Preis mächtig gedrückt hätte. Nun lässt sich ein sechsstelliger Betrag mit dem Kroaten erwirtschaften, den der Revierklub angesichts der Transfer-Offensive in diesem Winter gut gebrauchen kann.
Rot-Weiss Essen: Vonic hätte ein Bankplatz gedroht
Sein Landsmann Dominik Martinovic wurde nicht als Ergänzungsspieler verpflichtet. Der Ex-Mannheimer wird zunächst eine Stammplatzgarantie erhalten, Vonic hätte nach einer für ihn ordentlichen, aber nicht überzeugenden Hinrunde wohl auf der Bank Platz nehmen müssen. Dass ein weiterer Mittelstürmer mit großer Wahrscheinlichkeit kommen wird, hätte seine Chancen auf regelmäßige Einsätze weiter verschlechtert und seinen Preis im kommenden Sommer deutlich nach unten getrieben.
Es gibt aktuell einen Markt für den talentierten Vonic, der wie kein anderer Spieler im RWE-Kader im Laufe der Hinrunde polarisiert hat. 20 Tore in 63 Pflichtspielen für die Essener sind für einen Stürmer seines Alters eine respektable Bilanz. Die sportlichen RWE-Verantwortlichen, Mitspieler und Fans schätzen seine fußballerischen Fähigkeiten und vor allem seinen Instinkt, immer wieder zu gefährlichen Torabschlüssen zu kommen, ihnen ist jedoch nicht verborgen geblieben, dass Vonic sein Potential noch längst nicht abgerufen hat.
Rot-Weiss Essen: Vonic pflegte ein gutes Verhältnis zu seinen Kollegen
Der junge Stürmer hat oftmals ein Einstellungsproblem, auf der persönlichen Ebene gab es während seiner Zeit in Essen aber nie Probleme. Auch das Verhältnis zwischen Vonic und seinem neuen Trainer Uwe Koschinat ist intakt. Der RWE-Angreifer erhält nun die Chance seines jungen Fußballer-Lebens, man möchte ihm wünschen, dass er diese nicht aufs Spiel setzt. Es ist ihm zuzutrauen, dass er sich in höheren Ligen durchsetzt, wenn er wie ein Profi lebt und sich in ein persönliches Umfeld begibt, das ihm den richtigen Weg weist.
Für Rot-Weiss Essen ist der Verkauf des Stürmers in diesem Winter nichtsdestotrotz auch mit einem gewissen Risiko verbunden. Sportlich kann ein dank neuer Konkurrenz motivierter Vonic der Mannschaft helfen, auch als Joker. In dieser prekären tabellarischen Lage kann sich RWE keinen hohen Qualitätsverlust leisten. Die Essener müssen hoffen, dass Martinovic und ein weiterer Mittelstürmer sofort einschlagen und von Verletzungen verschont verbleiben. Ansonsten könnten die Essener Vonic bald hinterhertrauern.
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