Essen. Dynamo Dresden bewohnt in der Türkei das gleiche Hotel wird Rot-Weiss Essen. Eine besondere Situation für Vinko Sapina, wie er im Interview verrät.
Die Ankunft am Hotel in der türkischen Urlaubsstadt Antalya hielt für Vinko Sapina (29) schon eine angenehme Überraschung bereit. Als der Mittelfeldspieler von Drittliga-Tabellenführer Dynamo Dresden vor dem Hotel „Concorde de Luxe Resort“ aus dem Bus stieg, empfingen ihn auch einige Fans von Rot-Weiss Essen, jedoch in guter Absicht. Sapina wurde freundlich begrüßt, es wurden auch Selfies mit einigen RWE-Fans gemacht.
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Vor einem halben Jahr war die Stimmungslage eine andere. Sapina wechselte trotz eines Vertrages zum Ligarivalen Dynamo Dresden, das nahmen ihm viele Fans übel. Der ballsichere Sechser sprach von „viel Hass“, der ihm in den sozialen Netzwerken entgegenschlug. Der Kapitän und einer der besten Spieler hatte RWE verlassen, das war für die Anhängerschaft nicht leicht zu verkraften.
Rot-Weiss Essen: Vinko Sapina wurde vor der Abreise Vater
Im Trainingslager in der Türkei gibt es ein Wiedersehen mit seinem Ex-Klub, RWE und Dynamo teilen sich das Hotel in Antalya. Der frischgebackene Vater Sapina nahm sich die Zeit, um mit dieser Redaktion über diese besondere Begegnung, seine Entwicklung in Dresden und die sportliche Krise bei Rot-Weiss Essen zu sprechen.
Vinko Sapina, vor wenigen Tagen sind Sie Vater geworden, Ihr Verein Dynamo Dresden überwintert als Tabellenführer. Besser hätte das Jahr für Sie wohl kaum beginnen können, oder?
Ja, bisher ist wirklich alles top. Der einzige Nachteil ist der, dass ich durch das Trainingslager gerade nicht bei meiner Familie sein kann. Wenige Tage vor der Abreise ist unser Sohn zur Welt gekommen, aber ansonsten geht es mir sehr gut. Wir sind Erster in der 3. Liga, das ist eine gute Momentaufnahme und so ein Trainingslager macht grundsätzlich Spaß.
Rot-Weiss Essen im Abstiegskampf, Sapina mit Dresden oben
Reden wir über das Sportliche. In einer ähnlichen Situation war Dynamo Dresden in den letzten beiden Spielzeiten, beide Male wurde der Aufstieg in der Rückrunde verspielt. Steckt das noch in den Köpfen der Spieler und was stimmt Sie positiv, dass es dieses Mal funktionieren wird mit der 2. Bundesliga?
Wir haben eine andere Mannschaft als in der letzten Saison und alle wissen das auch. Die Neuen wie ich haben das von außen verfolgt und es war schon ungewöhnlich. Es kann aber eine gute Schulung und Warnung sein, damit das möglichst nicht nochmal passiert. Wir setzen auf den Lerneffekt. Ich denke, dass wir ein eingeschworener Haufen sind, das stimmt mich positiv. Jeder schafft es gerade, sein Ego hintenanzustellen und wenn das nicht der Fall sein sollte, wird man auch innerhalb der Mannschaft zurechtgewiesen. Wir haben eine funktionierende Einheit, werden von Woche zu Woche besser und haben noch Luft nach oben. Aber dieses Mannschaftsgefüge, das wir in der letzten Saison auch in Essen hatten, ist hier extrem wichtig.
Wie fällt Ihr persönliches Fazit nach der Hinrunde aus? Läuft alles so, wie Sie es sich erhofft haben?
Ich bin schwer in die Saison gekommen, weil ich kurz vor dem Saisonstart direkt angeschlagen war. Danach ging es relativ schnell, ich kam gut rein. Die Absprachen mit dem Trainerteam und der medizinischen Abteilung waren sehr gut. Ich bin mit mir nie ganz zufrieden und versuche mich stets zu verbessern. Grundsätzlich schaue ich nicht auf mich, der mannschaftliche Erfolg zählt, dafür versuche ich meine Stärken einzubringen. Ich hatte sicher einige gute und einige weniger gute Spiele. Was ich einbringen wollte, habe ich größtenteils eingebracht, möchte mich aber in der Rückrunde trotzdem verbessern.
„Ich finde, dass Essen tabellarisch deutlich unter den Möglichkeiten geblieben ist. Ich sehe sie vom Potential her schon im Mittelfeld“
Sie sind mit Dynamo Dresden Tabellenführer, Rot-Weiss Essen ist in den Tabellenkeller gerutscht. Fühlen Sie sich rückblickend bestätigt, was Ihren Wechsel betrifft? Haben Sie den Absturz von RWE möglicherweise auch kommen sehen?
Nein, das absolut nicht. Ich finde, dass Essen tabellarisch deutlich unter den Möglichkeiten geblieben ist. Ich sehe sie vom Potential her schon im Mittelfeld. Es war ein großer Umbruch. Natürlich ist es Fakt, dass einige wichtige Stützen weggebrochen sind. Deswegen fühle ich mich nicht bestätigt. Was Dynamo Dresden und mich angeht, fühle ich mich hingegen schon bestätigt. Das ist das, worauf ich gehofft und wo ich mich gesehen habe. Es freut mich, dass wir oben mitspielen. Das war mein Ziel.
Rot-Weiss Essen: Dresden für Sapina „noch größer“
Sie haben nun beide Vereine erlebt. Hat Dynamo Dresden noch eine größere Wucht als RWE?
Es ist schon ähnlich, man kann es vergleichen, weil beide positiv verrückt sind und die Fans den Verein im Herzen tragen. Das merkt man bei jedem Spiel und auch hier im Trainingslager. Aber in Dresden ist es schon noch etwas größer und wuchtiger. Im Stadion sind die Seiten geschlossen. Ich fand die Fans in Essen auch überragend, aber in Dresden ist alles ein bisschen größer. Bayer Leverkusen ist Deutscher Meister geworden, Dynamo Dresden ist in Sachen Fans und Stimmung ganz klar vor denen, das ist für mich bundesligareif. Hätte das Stadion Platz für 45.000 Zuschauer, wäre das oftmals auch voll.
Hier in Antalya teilen Sie sich ausgerechnet mit Ihrem Ex-Klub ein Hotel. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie davon hörten?
Als ich davon hörte, habe ich mich sehr gefreut. Den Essener Jungs, mit denen ich noch in Kontakt stehe, habe ich sofort geschrieben. Bei so vielen Ländern und Hotels landet man in der gleichen Unterkunft wie Rot-Weiss Essen, das war schon kurios. Aber ich genieße das. Man hat im Fußballer-Alltag nicht so viel Zeit, um sich mit Ex-Kollegen, die auch Freunde geworden sind, zu treffen oder zu telefonieren. Hier gibt es die Möglichkeit, zusammen etwas Zeit zu verbringen. Deswegen freue ich mich darüber.
Beim Empfang wurden Sie von einigen RWE-Fans freundlich begrüßt. Wie haben Sie das wahrgenommen?
Der Empfang war sehr nett, darüber habe ich mich gefreut. Ich hatte das schon mal betont: Kurz nach dem Wechsel bekam ich sehr viel Hass und Demütigung ab durch Nachrichten und öffentliche Kommentare. Was die Menschen nicht gesehen haben: Mindestens genauso viele positive Nachrichten haben mich privat erreicht, in denen ganz viel Liebe ausgedrückt wurde. Sicher auch viel Enttäuschung, aber nicht vorwurfsvoll. Nach einem halben Jahr Abstand haben mich die Essener hier gut empfangen. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass auch Fans, die hier nett zu mir waren, im Rückspiel in Essen pfeifen. Das macht den Fußball aber auch aus.
Rot-Weiss Essen: Sapina will im Rückspiel unbedingt spielen
Es lässt sich festhalten, dass Sie sich trotz der Vorgeschichte auf die Rückkehr zur Hafenstraße freuen. Verletzt werden Sie dann nicht sein…
Nein, auf keinen Fall. Selbst wenn es Probleme geben sollte, kommen zwei Ibus rein (lacht). Nein, ich freue mich darauf.
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Die Probleme der Essener haben Sie schon angesprochen. RWE hat sich nun mit Gjasula und Martinovic verstärkt, weitere Spieler sollen kommen. Schafft Essen jetzt die Wende?
Auf jeden Fall. Ich bin davon überzeugt, dass sie mit dem Abstieg nichts zu tun haben werden. Ich hoffe und gönne es ihnen nicht nur, sondern ich bin davon überzeugt. Sie waren auch ohne die Neuen in einigen Spielen besser, haben sich aber nicht mit Punkten belohnt. Ich glaube, dass die neuen Spieler helfen können. Viele unterschätzen Dinge wie Präsenz oder die Bedeutung einer Achse mit Persönlichkeiten. Das könnte jetzt da sein, ich gönne es RWE.