Essen. Bei Rot-Weiss Essen gibt es ein Redeverbot für die beiden Sportchefs. Wunschtrainer-Kandidat Markus Kauczinski sagt RWE gleich zweimal ab.
Fußball-Drittligist Rot-Weiss Essen hat sich eingeigelt, einen Tag nach dem Rausschmiss von Trainer Christoph Dabrowski ist der Klub von der Hafenstraße auf Tauchstation gegangen. Die beiden RWE-Sportdirektoren gehen nicht mehr ans Telefon, haben einen Maulkorb verpasst bekommen. Stattdessen gibt es eine erklärende Whatsapp vom neuen Pressesprecher. In der teilt Henrik Lerch den Medienvertretern mit, Vorstand und Sportliche Leitung führten intern viele Gespräche, aber nach außen halte man sich vorerst erst einmal bedeckt. Wenn es Neuigkeiten zu vermelden gäbe, würde man sich melden. Immerhin.
Kann man so machen, muss man nicht. Vor nicht allzu langer Zeit hat sich der Traditionsklub mehr Transparenz zu seinen Anhängern auf die Fahnen geschrieben. Aber das war zu den Zeiten eines Vorstandsvorsitzenden Marcus Uhlig. Inzwischen hat ein Anderer das Sagen - wenn er überhaupt etwas sagt. Die offizielle Nachricht auf der Vereinshomepage zum Abschied Dabrowskis war eine dürftige Kurzmeldung in fünf knappen Sätzen - bei anderen Klubs werden selbst Zeugwarte gebührender verabschiedet.
Rot-Weiss Essen: Sportchefs müssen schweigen
Zu den Gründen, die letztlich zur Trennung vom RWE-Coach geführt haben - dazu keine Stellungnahme von der sportlichen Führung, auch was das Anforderungsprofil seines Nachfolgers angeht, welcher Typ Trainer nun gesucht wird - darüber schweigt das Duo, muss schweigen. Dass man mit Nachfolgekandidaten längst gesprochen hatte, während der inzwischen Geschasste noch im Amt war, ist ja branchenüblich und inzwischen bekannt. Es geschah sicherlich in der Zeit, als Christoph Dabrowski in seiner Trainingsarbeit bemerkte, dass einige in seinem Umfeld von ihm abrückten.
Was sucht Rot-Weiss Essen in dieser Saisonphase für einen Trainertypen, was braucht man, um dem drohenden Abstieg doch noch zu entgehen? Dabrowski galt als ruhig und verständnisvoll, vielleicht an manchen Stellen zu rücksichtsvoll. Wenn man in der Trainingsarbeit beobachtete, wie er manche seiner Spieler in den Arm nahm, um ihnen gut zuzureden. Der Neue wird wohl weniger Streicheleinheiten verteilen, sondern öfter mal dazwischenfunken müssen.
„Hitzig - wenn ich will, und locker - wenn ich darf“
Im Kreis möglicher Kandidaten tauchten zwei Namen auf, die von ihrer Art und Weise unterschiedlicher nicht sein könnten: Markus Kauczinski (zuletzt SV Wehen Wiesbaden) und Pavel Dotchev (bis vor kurzem noch Erzgebirge Aue).
Der gebürtige Gelsenkirchener Kauczinski, der zur Zeit mit Frau und Kind in Karlsruhe lebt, kennt den Pott aus seinen Jugendtagen und spricht die Sprache des Reviers. Der 54-Jährige, der zusammen mit Stefan Effenberg seinen Fußballlehrer baute, hat die meiste Zeit seiner Trainertätigkeit in Karlsruhe verbracht, wo er über eine überragende Jugendtrainer-Tätigkeit den Weg bis auf den Chefposten beim KSC fand.
Markus Kauczinski hat RWE zweimal abgesagt
In einem Interview hat er mal über sich gesagt: „Hitzig - wenn ich will und locker - wenn ich darf.“ Inzwischen, sagte er, würde er seine Emotionen besser lenken. Gespräche mit RWE hatte es gegeben, aber der bundesligaerfahrene Coach hat im Endeffekt zweimal höflich aber bestimmt abgesagt.
Der andere Kandidat, Pavel Dotchev, ist eher das Gegenteil, wenn auch nicht weniger erfolgreich. Der 59-jährige Bulgare habe bislang keinen Kontakt zu Rot-Weiss Essen, wie er betonte, er brauche nach seiner Demission in Aue erst einmal Abstand vom Geschehen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, manchmal helfen große Zahlen auf dem Vertragsentwurf, um den Trennungsschmerz zum alten Arbeitgeber zu lindern.
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Dotchev gilt jedenfalls als ruhiger und besonnener Vertreter seiner Zunft, immer höflich und zurückhaltend im Umgang mit dem Gegner. Und er kann Abstiegskampf: Als er die Auer vor ziemlich genau zwei Jahren übernahm, steckten sie tief im Morast der 3. Liga. Dotchev führte sie unaufgeregt zum souveränen Klassenerhalt, in der Saison darauf schnupperte man sogar lange am Relegationsplatz. Nun endete seine dritte Amtszeit im Erzgebirge.
Osnabrück und Rot-Weiss Essen auch Konkurrenten auf dem Trainermarkt
Inzwischen ist Bewegung in den Trainermarkt der 3. Liga gekommen: Auch das Schlusslicht VfL Osnabrück hat nun die Reißleine gezogen: Nach Uwe Koschinat muss auch dessen Nachfolger Pit Reimers gehen. Nach nur 17 Spieltagen sucht der Verein um Geschäftsführer Michael Welling nun schon den dritten Coach in dieser Saison. Da geht es an der Hafenstraße fast schon beschaulich zu. Ausgerechnet am Sonntag treffen sich diese beiden Konkurrenten an der Bremer Brücke zum „Angstduell“ - und sind fortan nun auch noch Rivalen auf dem Trainermarkt.
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