Essen. Internist Dr. Markus Faghih schildert Abläufe und Vorsichtsmaßnahmen nach Corona-Ausbruch. Eine Verbandsreglung ist nicht in seinem Sinn.

Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen ist fast vollzählig wieder am Ball. Nach dem massiven Corona-Ausbruch an der Hafenstraße vor zwei Wochen, bei dem bis zu 16 Spieler in Quarantäne mussten, bereitet sich der Titelaspirant nun auf das Top-Spiel am kommenden Mittwoch bei Verfolger Fortuna Köln vor (19.30 Uhr, Südstadion.).

Nach und nach sind die Fußballer wieder auf den Rasen zurückgekehrt. „Am Freitag waren wir bis auf einen Spieler komplett“, sagt RWE-Trainer Christian Neidhart. Samstag habe man schon ein kleines Spielchen gemacht: „Elf gegen elf über zweimal 20 Minuten.“ Ein Teil der 90-minütigen Einheit. Nach der Zwangspause muss die Belastung wohl dosiert sein. Medizinische Untersuchungen und Vorsichtsmaßnahmen sind unerlässlich. Einfach so von null auf hundert, das funktioniert jedenfalls nicht, wie unsere Redaktion im Gespräch mit Mannschaftsarzt der Rot-Weissen, Dr. Markus Faghih (53), erfuhr.

Krankheitsverläufe bei Rot-Weiss Essen waren durchweg milde

Hallo Herr Faghih, haben Sie die Spieler eigentlich auch in der Quarantäne betreut oder zumindest Kontakt zu ihnen gehabt?

Wir hatten telefonischen Kontakt. Auch zum Corona-Test, bei Beschwerden und zur Freitestung waren die Spieler hier in der Praxis. Noch dazu ist Physiotherapeut Alexander Dolls Mittelsmann zwischen Spielern und unserer Praxis.

Es gab sicherlich unterschiedliche Krankheitsverläufe. Waren sie alle milde?

Das war so! Überwiegend hatten die Spieler Husten, Schnupfen und Halsschmerzen – wie bei einem leichten grippalen Infekt. Fieber hatte niemand.

Absolutes Sportverbot während der Quarantäne

Haben sich die Spieler zu Hause in Quarantäne sportlich betätigt - sofern möglich -, um die Zwangspause wenigstens etwas zu kompensieren?

Nein, die Spieler hatten während der Infektions- und Quarantänezeit absolutes Sportverbot.

Man muss ja unterscheiden zwischen Spielern, die gesund in Quarantäne oder infiziert bzw. erkrankt waren. Wie wird das berücksichtigt? Stichpunkt Individuelle Belastungssteuerung.

Wir betreuen alle Spieler gleichermaßen, unabhängig davon, ob sie infiziert oder gesund in Quarantäne waren. Die individuelle Trainingsbelastung richtet sich nach den jeweiligen Ergebnissen der medizinischen Tests.

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Welche Untersuchungen wurden vor dem ersten Training bzw. werden auch weiterhin durchgeführt?

Alle Spieler haben ihre Quarantäne nach einem negativen PCR-Test beendet. Dann haben sie eine körperliche Untersuchung mit Herz-Ultraschall, Belastungs-EKG, Lungenfunktionstest und Blutuntersuchung bekommen. Zudem haben wir noch kardiologische Fachkliniken hinzugezogen. Wenn jetzt noch Beschwerden auftreten, sollen Spieler das Training beenden und sich bei mir melden.

Dr. Markus Faghih ist seit fast vier Jahren Mannschaftsarzt bei Rot-Weiss Essen.
Dr. Markus Faghih ist seit fast vier Jahren Mannschaftsarzt bei Rot-Weiss Essen. © Unbekannt | Michael Gohl

Gefahr einer Herzmuskelentzündung bannen

Welche Risiken bestehen noch immer für die Gesundheit der Spieler?

Es besteht die Gefahr, im späten Verlauf eine Herzmuskelentzündung zu bekommen. Das passiert, wenn die Sportler zu früh wieder anfangen zu trainieren. Wir haben aber alles nur Mögliche getan, um das Risiko von Folgeerkrankungen zu minimieren. Bei unseren Maßnahmen haben wir uns an dem Consensuspapier der Sportmedizinischen Fakultät der Universität Salzburg orientiert. Wir sind hier sogar strenger vorgegangen, als es eigentlich empfohlen wird – wir sind hier sehr vorsichtig und schützen Leib und Wohl des Spielers.

In wenigen Tagen ist das Top-Spiel bei Fortuna Köln angesetzt. Reicht die Zeit, um bis dahin körperlich wieder halbwegs topfit zu werden?

Das werden wir im Laufe der nächsten Tage sehen, die Zeit ist in jedem Fall für 100-prozentige Fitness knapp. Allerdings waren die Spieler auch nicht ernsthaft krank und haben dementsprechend nicht so viel Fitness eingebüßt.

Fünf Tage nach Quarantäne schon wieder zu spielen, wäre sehr knapp

Ist die Verbandsreglung, frühestens fünf Tage nach der Quarantäne wieder ein Spiel anzusetzen sinnvoll oder zu kurz gegriffen?

Ich finde das sehr knapp. Mit einer Verlängerung auf zehn Tage würde ich mich aus medizinischer Sicht wohler fühlen. Dann hätten wir Zeit, die Situation medizinisch engmaschiger zu beobachten. Aber, wie schon gesagt, haben wir im Vorfeld alles Mögliche getan und sind sehr vorsichtig. Wir mussten einen Mittelweg aus Gesundheitsrisiko und Wiederaufnahme des Spiel- und Trainingsbetriebs hinbekommen.

Wie schätzen Sie die kommende Belastung mit den Englischen Wochen vor allem für die genesenen Spieler ein?

Wenn die Spieler gesund aus der Infektion kommen und wir keine Hinweise auf bleibende Schädigungen haben, dann ist es keine andere Belastung, als bei anderen viralen Infekten auch. Die begleiten uns ohnehin immer wieder. Es gibt allerdings auch noch keine großen Datenmengen in der Forschung: Ob die Auswirkung von Corona bei Sportlern, im Vergleich zu anderen Infektionen, anders ist, wird sich herausstellen. Wir lernen jeden Tag, in einem Jahr werden wir mehr wissen und bessere Empfehlungen ausstellen können.

Besteht ein Risiko, dass sich die Spieler noch einmal infizieren oder ist das Thema zumindest für die Genesenen nun durch?

Eine nochmalige Infektion ist nicht ausgeschlossen.

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