Rio de Janeiro. . Eigentlich belegte die deutsche Sprintstaffel bei den Paralympics, die komplett aus Läufern von Bayer Leverkusen besteht, nur Platz zwei im Rennen.

Die deutsche 4x100-m-Staffel war gerade als Zweite ins Ziel gelaufen, doch in diesem Moment verkündete der Stadionsprecher ihren Paralympics-Sieg.

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Die US-Amerikaner, eben noch Spitze, wurden wegen eines Wechselfehlers disqualifiziert. Die einseitig amputierten Sprinter Markus Rehm, David Behre, Felix Streng und Johannes Floors fielen sich um den Hals, ballten die Hände zu Fäusten, konnten ihr Glück augenscheinlich kaum fassen. In 40,82 Sekunden liefen sie Europarekord. Auch Jörg Frischmann, 53, fühlte sich bestätigt.

Seit bald zwanzig Jahren leitet er die Behindertensportabteilung von Bayer Leverkusen – alle vier Läufer starten für diesen Verein.

Erstes Rio-Gold für Rehm

Das hat Vorteile: In den vergangenen zwei Jahren hat die Staffel jeden Dienstag eine Extraschicht eingelegt. Was wohl einmalig unter den Teams an der Weltspitze ist, deren Mitglieder selten an einem Standort leben. Doch es ist nicht so, dass in Leverkusen nur Medaillen gezählt werden, berichtete Steffi Nerius auf der Tribüne des Olympiastadions von Rio. Nerius war eine erfolgreiche Speerwerferin, gewann Olympisches Silber 2004 und den WM-Titel 2009 – heute ist sie Sportlehrerin und trainiert Markus Rehm.

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Die Anfänge der Athleten aus der Erfolgsstaffel waren meist von Leid geprägt. Markus Rehm geriet unter eine Schiffsschraube, der Duisburger David Behre wurde von einem Zug erfasst, Ersatzläufer Heinrich Popow hatte einen Tumor in der Wade. In Leverkusen wurde ihnen ein sportlich aktives Leben mit Prothesen geebnet. Rehm, Popow und Johannes Floors sind selbst oder werden Orthopädie-Techniker. Regelmäßig gehen sie in Krankenhäuser und ermuntern Unfallopfer.

Das Staffel-Gold ist bei diesen Paralympics die erste Goldmedaille für Markus Rehm, einen der bekanntesten Behinderten-Sportler Deutschlands. Er gehörte zu den Letzten, die im Stadion mitbekamen, dass aus Silber nachträglich Gold geworden ist: „Wir haben uns gedacht: Ja, wir haben Silber geholt, das ist toll. Aber warum rastet ihr deshalb so aus? Dann habe ich auf die Anzeigetafel geguckt. Das ist krass“, sagte er später.