Sotschi. Mit 40 Jahren ist noch lange nicht Schluss: Die norwegische Biathlon-Legende Ole Einar Björndalen hat mit dem Gewinn seiner zwölften Olympia-Medaille den Rekord von Landsmann Björn Dählie eingestellt - und wird diesen aller Voraussicht nach noch überflügeln.

Als der große Sieger des Tages, Ole Einar Björndalen, schon in den Katakomben des olympischen Biathlon-Stadions Laura verschwunden war, um abwechselnd auf Norwegisch, Deutsch oder Englisch von seinem siebten Gold-Triumph bei Olympia zu erzählen, machten sich seine norwegischen Teamkollegen ein bisschen lustig über den Altmeister. Der Ole, sagten sie, werde seinen Sieg im Sprint über zehn Kilometer so richtig feiern. „Auf dem Ergometer-Fahrrad“, witzelten sie und brachen in schallendes Gelächter aus.

In jedem Scherz liegt ein Kern der Wahrheit, heißt es. Und so sieht es auch im Fall Ole Einar Björndalen aus. „Der Kannibale“ wird Björndalen genannt, weil er auch mit 40 Jahren noch heiß auf Erfolge ist. Weil er sein ganzes Leben auf den Sport ausgerichtet hat, weil alles, wirklich alles durchgeplant ist. Vom Training bis zum Interview. Wenn Björndalen ein Gespräch für zehn Uhr zugesagt hat, dann ist er auf die Sekunde genau bereit. Wenn er vorher eine Interviewdauer von 15 Minuten vereinbart hat, dann ist es genau dann beendet.

Platz eins oder gar nichts

„Für mich zählt nur der erste Rang, alles andere ist keine Platzierung“, lautete immer sein Motto, das er voller Selbstbewusstsein der Welt mitteilte. Mit nun zwölf Olympia-Medaillen stellte er in Sotschi den Rekord seines Landsmanns und Langläufers Björn Dählie als erfolgreichster Wintersportler ein. Noch ein Olympiasieg in den restlichen fünf Wettbewerben von Sotschi und er hätte auch in der Gold-Statistik Dählie an der Spitze abgelöst. Weitere unglaubliche Rekorde aus seiner Statistik: 93 Weltcupsiege hat der Mann aus dem norwegischen Drammen gefeiert, 39 Medaillen, davon 19 in Gold, bei Weltmeisterschaften gewonnen.

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Für Dählie ist es klar, dass ihn Björndalen hier in Sotschi überflügeln wird. „Er wird meine Rekorde nur so zerbröseln“, sagte Norwegens Langlauf-Legende, „und dass er in der Loipe so schnell ist, dafür werfe ich mich vor ihm in den Staub!“ Aber von solchen Lobeshymnen will Björndalen nichts wissen: „Björn ist für mich immer noch der Größte.“

Dem Leichtgewicht Björndalen kam die schwere Strecke in den Bergen des Kaukasus entgegen. Seine schwereren Kollegen hatten Probleme. So konnte es sich Björndalen sogar erlauben, nach einem Fehler in die Strafrunde zu gehen. „Seine Leistung ist dadurch noch viel höher einzuschätzen“, sagte der deutsche Sprint-Weltmeister von 2011, Arnd Peiffer, „es ist unfassbar.“ Peiffer enttäuschte als 37. ebenso wie die anderen Deutschen Simon Schempp (15.), Erik Lesser (21.) und Christoph Stephan (58.).

„Jetzt hat er ihnen das Maul gestopft"

Dass der 40-jährige Björndalen so die Konkurrenz abhängt, bringt ihm bei den einen größte Bewunderung ein. Aber das Phänomen Björndalen regt auch in einer mit Doping-Fällen belasteten Sportart zu Zweifeln an. Der Norweger ist nie positiv getestet worden. Im Oktober 2013 verpasste er jedoch einen Doping-Test und wurde vom Weltverband verwarnt. So etwas „sollte nicht passieren und wurde durch meine Schlampigkeit verursacht", sagte Björndalen damals der norwegischen Zeitung „Verdens Gang".

Die geschlagenen Konkurrenten zogen jedoch den Hut vor dem Oldie. So wie der Franzose Martin Fourcade. Als Gold-Favorit gehandelt, landete er nur auf Platz sechs. „Im vergangenen Jahr, als es bei Ole nicht so gut lief, haben viele gesagt, es seit für ihn Zeit zum Aufhören“, erzählte Fourcade, „jetzt hat er ihnen das Maul gestopft.“

Und natürlich musste Björndalen zum Schluss auch Stellung beziehen, ob er sein Gold wirklich mit einem Abend-Training auf dem Fahrrad-Ergometer feiern wollte. „Das verrate ich nicht“, antwortete er. Eines ist aber klar, am Montag geht Ole Einar Björndalen in der Verfolgung als Erster wieder auf Gold-Jagd.