London. Die Begegnung zwischen China und Deutschland nahm den erwarteten Ausgang: Mit 3:1 Spielen gewannen die Asiaten letztlich sicher. Doch die deutsche Mannschaft, allen voran Timo Boll, hatte dem großen Favoriten einen hervorragenden Kampf geliefert.
Timo Bolls heftiges Rütteln am Thron war nicht genug: Trotz einer Gala-Vorstellung des Rekordeuropameisters haben die deutschen Tischtennis-Herren den erhofften Favoritensturz in einem hochklassigen Halbfinale gegen China erneut verpasst. Der wiedererstarkte Boll bezwang überraschend den Olympiasieger Zhang Jike, doch es reichte für die deutsche Auswahl nicht zum historischen ersten Sieg im 22. Pflichtspiel gegen den Rekordweltmeister.
Das Trio Boll, Dimitrij Ovtcharov und Bastian Steger verlor die Neuauflage des Peking-Finales 1:3, kann sich aber mit der Chance auf die zweite Tischtennis-Bronzemedaille in London trösten. Im kleinen Finale treffen die Europameister am Mittwoch (11.00/12.00) auf den Verlierer des zweiten Halbfinals zwischen Hongkong und Südkorea (19.00/20.00 Uhr).
„Das kleine Finale ist jetzt unser Finale. Wir sind motiviert und wollen Bronze“, sagte Boll, der auf der Jagd nach seiner ersten Einzel-Medaille bereits im Achtelfinale gescheitert war. Das Spiel gegen China könne seine Mannschaft „nur akzeptieren“.
Boll beeindruckte gegen den Olympiasieger
Vor den Augen von Verteidigungsminister Thomas de Maiziere ging Boll nach der Auftaktniederlage des Bronzemedaillengewinners Ovtcharov zum Angriff über. Der Weltranglistensiebte gab gegen Zhang, die Nummer eins der Welt, nur den ersten Satz ab. „Timo, Timo!“ schallte es durch die ExCeL-Arena, und der 31-Jährige zeigte mit dem beeindruckenden 3:1-Erfolg, dass er in London noch eine Rechnung zu begleichen hatte.
Im Doppel mit dem deutschen Meister Bastian Steger (Saarbrücken) hielt der Düsseldorfer zwar anfangs mit, das weitaus eingespieltere Duo Zhang und Wang Hao, Olympiazweiter im Einzel, behielt aber mit 3:1 die Oberhand. Steger wehrte sich im vierten Spiel nach Kräften gegen Ma Long, musste sich am Ende aber 0:3 geschlagen geben.
Ovtcharov ließ zu viele Gelegenheiten aus
Besonders bitter: Ovtcharov hatte im ersten Spiel gegen Ma durchaus Chancen gehabt. Der seit dem Gewinn der Einzel-Medaille mit mächtig Selbstvertrauen ausgestattete 23-Jährige lieferte sich bis zum vierten Satz ein hochklassiges Duell mit dem Weltranglistenzweiten, ließ beim 1:3 allerdings zu viele gute Gelegenheiten aus. „Ich bin traurig. Ich hätte mein Spiel gewinnen können“, sagte Ovtcharov.
Das deutsche Trio hatte nach dem souveränen 3:0 im Viertelfinale gegen Österreich als Europas letzter Hoffnungsträger auf lautstarke Unterstützung des Londoner Publikums gehofft. „Ich glaube, selbst die chinesischen Fans langweilt es, dass ihre Spieler alles abräumen. Sie wünschen sich ein enges Match. Dafür brauchen wir ein bisschen Unterstützung - vielleicht haben wir ja sogar die ganze Welt auf unserer Seite“, sagte Boll lachend.
Doch auch die unermüdlichen „Deutschland, Deutschland“-Rufe von den Rängen halfen am Ende nicht gegen die chinesische Übermacht. (sid)