London. Ob im Siebenkampf der Damen, im Mannschaftsfinale der Turnerinnen oder beim Boxen: Wenn die Kampfrichter bei den Olympischen Spielen in den Blickpunkt rücken, bedeutete dies bisher in der Regel Ärger. Zu viele Fehler passieren ohne Not. Ein Kommentar.

Wenn Unparteiische in den Blickpunkt rücken, bedeutet dies in der Regel Ärger. Deutsche Sportfans wissen das spätestens seit dem umstrittenen Tor im Finale der Fußball-WM 1966, das Deutschland im Wembley-Stadion 2:4 gegen England verlor. Die Namen von Schiedsrichter Gottfried Dienst und Linienrichter Tofik Bachramow bleiben bis heute in Erinnerung.

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Die Ärgernisse setzen sich bei den Olympischen Spielen in London fort. Die Kampfrichter greifen ungewöhnlich häufig falsch ins Geschehen ein. Zuletzt am Samstagabend beim abschließenden 800-m-Lauf des Siebenkampfes, bei dem sie Lilli Schwarzkopf erst disqualifizierten, die Entscheidung dann aber revidierten und der Deutschen nach quälendem Mitternachts-Theater doch noch Silber zusprachen.

Grausames und überflüssiges Nervenspiel

Ein amateurhaftes Gehampel, das für Schwarzkopf mit der Silbermedaille letztlich gut ausgegangen ist. Aber wie fühlt sich die Ukrainerin Ludmilla Josypenko, die für ein paar Minuten als Bronze-Gewinnerin die Ehrenrunde absolvierte und dann erfuhr, dass sie doch nur Vierte ist? Ein grausames und überflüssiges Nervenspiel der Jury mit einer Sportlerin.

Genauso hatte es zuvor bereits die ukrainischen Turner getroffen. Sie feierten Bronze im Mannschafts-Finale, als Japan Protest gegen eine Wertung am Seitpferd einlegte. Dem Protest wurde stattgegeben, Japan rückte auf den Silber-Rang vor, die Ukraine rutschte dadurch auf Rang vier ab.

Ralf Birkhan
Ralf Birkhan © WAZ FotoPool

Box-Skandal bleibt in der Welt

Noch krasser ging es im Boxen zu. Der Japaner Satoshi Shimizu hatte seinen Gegner Magomed Abdulhamidow aus Aserbaidschan in den drei Runden gleich sechs Mal zu Boden geschlagen, doch Ringrichter Ischanguly Meretnyjasow erklärte den Japaner zum Erstaunen aller zum Verlierer. Der Verband schickte seinen Ringrichter aus Turkmenistan sofort nach Hause und kehrte das Urteil um. Der Box-Skandal bleibt trotzdem in der Welt.

Es gibt in London einfach zu viele Fehler ohne Not. Die meisten davon wären vermeidbar, würden die Unparteiischen den alten Grundsatz beherzigen: Erst laden, dann schießen. Hätten die Kampfrichter also im Fall von Lilli Schwarzkopf zunächst geschwiegen und stattdessen die Videoaufzeichnung genau studiert, wäre es nie zur Disqualifikation gekommen. Und auch die ganze Aufregung hätte es nie gegeben.