London. Ein bezahlbares Zimmer? Während Olympia? Und dann noch in Stadionnähe? Wer jetzt laut lacht, kennt Tricia Jones noch nicht. Die 64-Jährige bietet Touristen nämlich eine Unterkunft, die all diese Kriterien erfüllt: Im idyllischen Leytonstone, zwei U-Bahn-Stationen östlich vom Olympischen Park, vermietet sie ihren Gartenschuppen. Ein englisches Frischluft-Frühstück ist im Preis von 50 Euro inbegriffen.

Klingeln, durch Tricias Küche tapern und die Glastür zum Garten aufschieben: So einfach gelangt man zum wohl exzentrischsten Olympia-Quartier Englands. Unterm Pflaumenbaum, am Ende eines Rasens im Handtuch-Format, steht sie, die Holzhütte, in der Mrs. Jones ihre Gäste unterbringt. Sie sollten allerdings – genau wie die Hobby-Hoteliers von der Hainault Road – einen kleinen Hang zum Außergewöhnlichen mitbringen. „Die Idee mit dem Bett im Gartenschuppen kam mir in einem Moment großer Tollheit“, gibt Tricia offen zu.

Andere Leute würden in der schnöden Hütte aus dem Baumarkt Rasenmäher oder Moped abstellen, doch Tricia tickt eben anders. Ihr Garten-Hotel hat sie hellblau gestrichen, die Türen mit der britischen Flagge bemalt. Innen ist genau Platz für eine Doppelmatratze. Patriotische Bettwäsche und Handtücher gehören dazu. Bei Sonnenschein dürfen Gäste direkt vor ihrer Hütte, neben Lavendel und Veilchen, frühstücken. Bei Regen gewährt Tricia ihnen Zuflucht in ihrer Küche. „Ausländische Touristen haben die Möglichkeit, auf dem Schuppen die Flagge für Athleten aus ihrer Heimat zu hissen“, sagt sie stolz.

Union Jacks, wohin man schaut: So sieht es im Holzschuppen aus. Foto: Jasmin Fischer
Union Jacks, wohin man schaut: So sieht es im Holzschuppen aus. Foto: Jasmin Fischer

Das beste indische Curry in Leytonstone

Das ganze Konzept mit dem Holz-Hostel hat Mrs. Jones offenbar gut durchdacht. Toilette und Bad dürfen tagsüber in ihrem kleinen Reihenhaus mitbenutzt werden, nachts, wenn alle Türen verschlossen sind, gibt es ein Campingklosett an der Hütte. Einziges Problem: der fehlende Kleiderschrank. „Bitte nicht mit großer Garderobe anreisen“, scherzt sie. Ansonsten ist die Großmutter erstaunlich locker: „Wir haben immer Austauschschüler beherbergt und mögen Gesellschaft.“ Für Gäste schmeißt sie auch schon mal den Grill an oder verrät ihren Geheimtipp für das beste indische Curry in Leytonstone.

Preise und Kontakt

Eine Nacht im Gartenschuppen kostet 40 GBP, eine Nacht im Zelt auf dem Rasen 25 GBP. Zelte können mitgebracht oder bei Tricia Jones geborgt werden. Das Angebot gilt auch noch nach Ende der Olympischen Spiele. Kontakt: contacttriciajones@gmail.com

Ihren „Künstlerrappel“, den sie freimütig einräumt, hat sie mit dem Schlaf-Schuppen erst einmal besänftigt. „Wir wollten eigentlich nur den Rasen für Gäste zum Zelten vermieten“, so Tricia, „aber Zelte kann man ja leider nicht dekorieren.“ Jetzt wehen über ihrem Garten-Castle fröhliche Wimpel, vorübergehend auf Halbmast, weil die Hausherrin ihre Enttäuschung über das schlechte Abschneiden der britischen Rennradfahrer noch verarbeiten muss.

Eine Tasse Tee zum Trost

Zum Trost gibt’s daher auch erst einmal eine Tasse Tee auf der Terrasse. Hier lobt sich Tricia, die zu allem Überdruss auch noch ihr Ticket fürs Synchronschwimmen verloren hat und das „Team GB“ jetzt vom Wohnzimmersessel aus anfeuert, auf die Sonnenseiten der Spiele. „Olympia ist fantastisch“, sagt sie, „von der Sanierung des East Ends werden wir ewig profitieren.“ Nur zehn Minuten mit der U-Bahn wohnt sie vom Stadion entfernt, in einer verschlafenen Seitenstraße vom Vorort Leytonstone. Bei gutem Wetter kann man den Jubel bis hierhin hören. Nur die Nachbarn und Tricias Kinder sind von dem Hotelschuppen wenig begeistert. Einen überzeugten Exzentriker stört das freilich nicht. „Das Leben ist zu kurz, um nicht mitzufeiern", sagt Mrs. Jones - und lächelt zum Abschied verschwörerisch.