Tokio. Zum ersten Mal seit 2012 bleiben die Hockey-Damen bei OIympia ohne Medaille. Mit 0:3 verloren sie im Viertelfinale gegen Argentinien.

Purer Frust war es, der aus Lisa Altenburg sprach. „Wenn man ehrlich ist, dann hat heute nichts zusammengepasst. Es hat an allem gefehlt, vor allem an Mut und Überzeugung. Wir sind nie in unsere Struktur gekommen“, sagte die 31 Jahre alte Torjägerin vom Club an der Alster und schob einen Wunsch nach: „Das ist ein Tag, den man aus dem Gedächtnis streichen möchte.“ Erfüllen wird sich dieser Wunsch nicht, denn der 2. August 2021 wird als das Datum in die Geschichte der deutschen Hockeydamen eingehen, an dem ein Traum platzte.

Bundestrainer Reckinger rätselt über Leistungseinbruch

Die Hoffnung, 17 Jahre nach dem Olympiasieg von Athen wieder ganz oben auf dem Treppchen zu landen, sie wurde zertrampelt im Viertelfinale von gnadenlos effektiven Argentinierinnen, die der Auswahl von Bundestrainer Xavier Reckinger mit einem auch in der Deutlichkeit verdienten 3:0 ihre Grenzen aufzeigten. Ein Doppelschlag von Agustina Albertarrio (27.) und Maria Granatto (29.) kurz vor der Halbzeit und ein Strafeckentor von Valentina Raposo acht Minuten vor Spielende besiegelten das Aus für die Olympiadritten von Rio 2016, deren klar definiertes Ziel das Halbfinale gewesen war.

Warum nach einer souverän absolvierten Vorrunde mit vier Siegen aus fünf Spielen im ersten K.-o.-Match ein solcher Leistungseinbruch passierte, konnte Reckinger nach Abpfiff nicht vollumfänglich erklären. „Ich werde das genau analysieren müssen“, sagte der Belgier. „Fakt ist, dass wir es nicht geschafft haben, unseren Plan umzusetzen. Man muss zudem auch eingestehen, dass Argentinien seine beste Turnierleistung gebracht hat und heute einfach besser war.“

Ursachenforschung: Kira Horn (v.l.), Cecile Pieper und Bundestrainer Xavier Reckinger suchten nach dem Olympia-Aus nach Worten.
Ursachenforschung: Kira Horn (v.l.), Cecile Pieper und Bundestrainer Xavier Reckinger suchten nach dem Olympia-Aus nach Worten. © Getty

Kapitänin Nike Lorenz: Bittere Niederlage

Genau das jedoch muss nun in der Aufarbeitung Thema sein. War die Niederlage im letzten Gruppenspiel, als man Welt- und Europameister Niederlande, mit dem man in Tokio auf Augenhöhe sein wollte, relativ chancenlos mit 1:3 unterlag, der mentale Genickbrecher? Reckinger verneinte diese Frage vehement. „Im Gegenteil, die Mädels waren danach noch motivierter, weil ihnen ihre Defizite aufgezeigt worden waren“, sagte er.

Der mutlose, fahrige und von ungewohnt vielen technischen Fehlern geprägte Auftritt gegen „Las Leonas“ sprach allerdings gegen diese These. „Es ist sehr bitter, dass wir hier nur ein schlechtes Spiel gemacht haben, und das leider im Viertelfinale. Im Moment fühlt es sich nach sehr leeren Händen an“, gab die Kölner Kapitänin Nike Lorenz zu.

Hockey-Damen hatten weniger Zeit zur Erholung

Nicht als Ausrede gelten lassen wollten die Spielerinnen und der Bundestrainer das Hin und Her um die Ansetzung des Spiels. Am Sonntag hatte der Deutsche Hockey-Bund (DHB) erfolgreich dagegen protestiert, dass die Herren nach dem Viertelfinale gegen Argentinien auch das Halbfinale gegen Australien an diesem Dienstag morgens um 9.30 Uhr Ortszeit austragen sollten. Die Partie findet am Dienstag nun um 12 Uhr MEZ statt. Die Damen dagegen hatten nach ihrem letzten Gruppenspiel rund zwölf Stunden weniger Zeit zur Erholung als Argentinien, was bei den extremen klimatischen Bedingungen durchaus ein Faktor sein kann.

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„Natürlich ist das nicht optimal, aber wir haben gemeinsam alles dafür getan, dass das keinen Einfluss auf unser Spiel hat“, sagte Reckinger. „Körperlich waren wir auf jeden Fall in Form“, sagte auch Nike Lorenz. Es war der Kopf, der nicht mitspielte.

Und so wird der Bundestrainer, dessen Vertrag noch bis zu den Sommerspielen 2024 in Paris läuft, in den kommenden Monaten daran arbeiten müssen, dem Team nach der Ausbootung der langjährigen Hamburger Kapitänin Janne Müller-Wielandkurz vor den Spielen und den Abschieden von Führungskräften wie Franzisca Hauke (31/Harvestehuder THC) und Altenburg eine Struktur zu geben, die in Extremsituationen nicht dazu führt, dass Träume zerplatzen.