Tokio. Nicht alle Japaner lehnen Olympia ab. Viele stehen Schlange, um ein paar Eindrücke von den Mega-Spielen zu erhaschen. Eine Kolumne.
Ryohei Homma ist aus der Provinz in die Hauptstadt gekommen. Zwei Stunden Fahrt mit Japans berühmtem Schnellzug Shinkansen vom 320 Kilometer entfernten Niigata nach Tokio. Mit einer Freundin posiert er vor den fünf bunten Ringen am Olympiastadion. Außerhalb der Absperrung, versteht sich. Rein dürfen ja nur Athleten, Offizielle und Journalisten.
Aber da draußen hinter dem Zaun gibt es einen kleinen Bereich mit halbwegs freiem Blick auf die Haupt-Arena der Spiele. Und mit Ringen. Dort herrscht reger Betrieb am Freitag. Alle wollen eine gute Fotoposition ergattern.
Knipsen, was das Mobiteltelefon hergibt
Ryohei und eine Freundin knipsen, was das Mobiltelefon hergibt. Sie fotografiert ihn, er fotografiert sie, sie machen gemeinsam ein Selfie. Ein Ehepaar aus Yokohama probiert es mal hier und mal da. Er kann sich nicht entscheiden, ob die Brille auf der Nase oder der Stirn sitzen soll.
Ryohei geht es nicht nur um das Bild. „Wir wollen ein bisschen olympische Stimmung erleben“, sagt er. So sind sie, die Spiele 2020 im Jahr 2021. Die Japaner stehen Schlange hinterm Zaun, ausgeschlossen vom Mega-Event in ihrem Land, sie suchen Olympia-Flair und hoffen, dass die Ringe es ausstrahlen.
Und drinnen in der Olympia-Blase fehlt das Japan-Flair
Und drinnen fehlt Japan-Flair. Sport findet vor leeren Rängen statt, mit Applaus vom Band. Auch auf dieser Seite des Zauns stehen Ringe. Auch dort ist viel los. Manchmal muss man gar fürchten, es könnte Verletzte geben. Wenn zum Beispiel ein Fotograf nach ganz oben auf die Ringe klettert, damit ein Kollege einen besonders originellen Schnappschuss machen kann.
Der Fotografierte schafft es wieder hinunter. Etwas ungelenk zwar, aber unversehrt. Und Ryohei steigt am Abend wieder in den Zug zurück in die Provinz. Er hat keinen Wettkampf gesehen. Aber auf seinem Handy hat er ein bisschen Olympia-Flair gespeichert.