Pyeongchang. Nach zweimal Bronze 2010 und 2014 will Aljona Savchenko 2018 die olympische Goldmedaille gewinnen. Diesmal ist ihr Partner Bruno Massot.
Mag sein, dass die Nerven sich ein wenig bemerkbar machen. Im vorletzten Training jedenfalls passte bei einigen Elementen nicht alles zusammen. Den Pirouetten fehlte der synchrone Auslauf, bei einigen Sprüngen verweigerte Bruno Massot die Drehungen. Aber Aljona Savchenko fand trotzdem ab und zu ein Lächeln. Es sind solche Kleinigkeiten, die viel darüber verraten, wie sich die 34-Jährige verändert hat in den vergangenen Jahren.
Eines aber ist gleich geblieben bei der zierlichen Frau, sie möchte ihre Karriere endlich krönen. In Pyeongchang besteht die letzte Chance dazu, entsprechend angespannt könnte die Eiskunstläuferin sein. Doch sie wirkt nicht verbissen, selbst einen Fehler im Kurzprogramm des Teamwettbewerbs nahm sie locker. Der Einfluss zweier Männer spielt dabei eine große Rolle. Der eine brachte ihr bei, das Leben etwas leichter anzugehen, der andere ließ sie mit einer beruhigenden Gewissheit in Südkorea anreisen.
Savchenko trennte sich 2014 von Trainer und Lebenspartner Ingo Steuer
Für Letzteres ist Alexander König verantwortlich, der Trainer. „Ich denke schon, dass wir so gut wie nie vorbereitet sind. Wir sind reif“, sagt Aljona Savchenko. Der Olympiasieg war stets ihr großer Traum, 2010 und 2014 wurde die Paarläuferin bereits Dritte. Damals noch mit Robin Szolkowy. Seit dessen Karriereende läuft die fünffache Weltmeisterin mit Bruno Massot. Er zeigte der früher mit sich sehr strengen Savchenko, dass das sture Verfolgen eines Zieles nicht unbedingt der einzige Weg sein muss, der einen auch ankommen lässt.
Savchenko muss das geahnt haben, als sie 2014 überlegte, was sie tun soll. Der neue Partner war nur ein Aspekt. Sie ging gleich mehrere Schritte weiter, trennte sich von Trainer und Lebenspartner Ingo Steuer, zog von Chemnitz nach Oberstdorf und übte fortan mit König. Viel Veränderung auf einmal, aber genau richtig. „Der Wechsel hat mir gut getan, auf allen Ebenen“, erzählt sie und sagt, dass sie immer fest daran geglaubt hat, mit Massot ein noch höheres Niveau erreichen zu können als mit Szolkowy.
In Titeln hat sich das bisher nicht bewahrheitet, Platz zwei und drei stehen bei Weltmeisterschaften für die beiden in der Statistik. Die Entwicklung aber tendiert nach oben, erst im Dezember beim Sieg beim Grand-Prix-Finale gelang Savchenko/Massot in der Kür ein Weltrekord mit 157,25 Punkten. „Ach, jeder Wettkampf ist anders“, sagt sie, „aber wir wissen, dass wir so eine Leistung bringen können.“ Das gibt ihr die Sicherheit, die sie braucht. Denn mit dem letzten Versuch zur Erfüllung des großen Traumes vor Augen, lässt sich der früher fast verzweifelte Drang zur Perfektion nicht vollständig unterdrücken.
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Mit Massot (29) lernte Savchenko jedoch, sich nicht zu sehr davon treiben zu lassen. Dabei wechselte der Franzose als ein Niemand nach Deutschland. „Er hatte vielleicht nicht so eine Erfahrung wie ich, aber auf der anderen Seite hatte er das Potenzial und Talent dazu, weiter zu sein als er war“, sagt Savchenko. Er konnte ihr auch helfen, etwa bei Sprüngen oder dabei „das Training einfacher zu nehmen, mehr als Spaß zu sehen. Er ist jünger und frecher, seine positive Art hat auch mir geholfen, freier zu sein“, erzählt sie. Trainer König wiederum lässt beide diese Freiheit ausleben, indem sie sich vom klassischen Paarlauf abgewendet haben und ihn mehr mit dem Eistanz verbinden.
Beide können sich dabei mehr entfalten. „Wir mögen das einfach mehr, alle Elemente werden dadurch leichter“, sagt der Olympianeuling Massot. Was er mit der ältesten Läuferin im Feld auf das Eis bringt, ist spielerischer als bei der Konkurrenz, die sich oftmals mehr über die technische Note, vor allem die Sprünge, definiert. „Wir haben oft festgestellt, dass nicht das Risiko belohnt wird, sondern das Gesamtpaket“, sagt Udo Dönsdorf, der Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union. Auch Savchenko/Massot haben mit dem dreifachen Wurf-Axel in den letzten Wochen ein äußerst anspruchsvolles Element geübt, um sich vielleicht einen kleinen Vorteil zu verschaffen. Doch die Gefahr scheint zu groß, ihn tatsächlich zu zeigen.
Kurzkür steigt am Mittwochmorgen um 2 Uhr
Ein behaglicheres Gefühl gab beiden auch die Rückkehr zum Kurzprogramm der Vorsaison. Mit einem Flamenco waren sie in das Olympiajahr gestartet, entschieden sich dann aber im Dezember wieder für den Lindy Hop, der im Teamwettbewerb das Publikum in Pyeongchang vom ersten Takt an mitriss. „Sie haben sehr gute Chancen auf Platz eins, wenn sie ihre Programme gut machen“, sagt Dönsdorf. Dass beim Probelauf und beim Training dennoch nicht alles optimal lief, lag auch daran, dass Savchenko mit Erkältung und Jetlag gleich zwei Dinge zu bewältigen hat, die ihr zu schaffen machen. „Das erschwert es ein bisschen, richtig in den Rhythmus zu kommen“, sagt Trainer König, der vor der Kurzkür am Mittwochmorgen (2 Uhr/MESZ) noch etwas Zeit hat nachzujustieren.