Pyeongchang. Das koreanische Frauen-Eishockeyteam bilden Sportlerinnen aus Nord- und Südkorea. Am Samstag trifft die Mannschaft auf die Schweiz.

Auf dem Eis sind alle gleich. Nur die Statur bringt noch ein paar individuelle Merkmale hervor. Aber sonst: gleiche Hosen, gleiche Helme, gleiche Trikots, gleiche Stutzen. Wer wo herkommt, ist den Spielerinnen der koreanischen Eishockeymannschaft nicht anzusehen. Nord oder Süd, das tritt in den Hintergrund.

Damit bildet diese Gruppe von Frauen eine der bemerkenswertesten Attraktionen dieser Olympischen Spiele. Erstmals überhaupt werden Sportler aus beiden koreanischen Ländern gemeinsam an den Start gehen. Norden und Süden, sich sonst feinselig gegenüberstehend, spielen in einem Team zusammen, sogar unter einer Einheitsflagge. Am Samstag hat die gemeinsame Mannschaft ihren ersten Auftritt im Turnier und trifft auf die Schweiz (13.10 Uhr).

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Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, fühlt sich bereits als großer Sieger. „Der olympische Geist hat uns alle zusammengebracht“, sagt er. Ein Zeichen der Versöhnung soll von diesem Team ausgehen. Gemeinsam mit dem IOC beschlossen Norden und Süden, eine vereinte Mannschaft aufzustellen. Politik allein lässt jedoch aus vielen Athleten noch kein Team erwachsen. Die Umsetzung dieser Idee erwies sich als durchaus schwierig.

Proteste beim Test gegen Schweden

Als sie davon erfuhr, sei sie „geschockt“ gewesen, erzählt Sarah Murray. Die Kanadierin, Tochter des Weltmeister-Coaches Andy Murray, der auch bei den Kölner Haien und den Eisbären Berlin tätig war, betreut die Südkoreanerinnen, führte sie auf ein ordentliches Leistungsniveau. Zwei Wochen vor den Spielen sah sie sich plötzlich um den Lohn ihrer Arbeit gebracht, da die Nordkoreanerinnen nicht befähigt wären, in einer der ersten drei Reihen zu spielen. Es ist eine heikle Einheit, die in Südkorea nicht überall gut ankommt, da einigen 23 heimischen Frauen im Kader der Traum vom Olympiaeinsatz zerstört wurde. Denn mindestens drei der zwölf Spielerinnen aus Nordkorea müssen pro Partie eingesetzt werden. Beim Test gegen Schweden, der vor ein paar Tagen 1:3 endete, gab es Proteste – die sich auch gegen den politischen Aspekt dieser Zusammenführung wandten.

In der Mannschaft hat sich die anfängliche Aufregung gelegt. „Es läuft viel besser, als ich erwartet habe“, sagt Murray, „sie saugen alles auf wie Schwämme. Sie sind wissbegierig und stellen so viele Fragen.“ Zwar reisen die Nordkoreanerinnen im eigenen Bus zum Training an, dürfen sich nicht öffentlich äußern und leben auch im olympischen Dorf getrennt. Sonst aber bemüht sich Murray um Nähe in der Kabine und beim Training. Der erfordert nur einen Dolmetscher, denn die Nordkoreanerinnen verstehen kaum Englisch.

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Sportlich geht es für die vereinten Frauen nur darum, bei den Spielen die großen Nationen zu ärgern. Andere Athleten aus Südkorea starten mit deutlich höheren Ambitionen. Gleich acht Goldmedaillen, dem stehen drei vor vier Jahren in Sotschi gegenüber, haben sich die Gastgeber zum Ziel gesetzt. Hauptsächlich sollen sie auf dem Eis gewonnen werden, im Shorttrack und im Eisschnelllauf. Gerade im Shorttrack gehören die Südkoreaner zu den Besten. Auch im Rodeln gibt es eine Hoffnungsträgerin, die eingebürgerte, aus dem sächsischen Schellerhau stammenden Aileen Frisch. Der größte Erfolg wäre im Gastgeberland freilich, sich als breit aufgestellte Wintersportnation zu präsentieren, die Südkorea bisher nicht war. „Bislang lag der Fokus auf dem Eissport“, sagt Nancy Park, Sprecherin des Organisationskomitees.

Für die 22 Nordkoreaner, die neben dem Eishockey auch im Ski alpin, Eiskunstlauf, Langlauf und Shorttrack an den Start gehen, besitzt die Teilnahme vor allem symbolischen Wert. Lediglich das Eiskunstlaufpaar Ryom Tae Ok und Kim Ju Sik qualifizierte sich sportlich für Olympia, der Rest erhielt Einladungen. Zuletzt gewann das Paar sogar Bronze bei der Vier-Kontinente-Meisterschaft, einer Art Asienmeisterschaft. Das ist das Resultat der Zusammenarbeit mit dem kanadischen Trainer Bruno Marcotte, zu dem die beiden sogar zum Training reisen durften im vergangenen Sommer. Dort trafen sie auf das südkoreanische Paar Kyueun Kim und Alex Kam. „Wir sind befreundet, wir sprechen eine Sprache und freuen uns, dass wir uns bei den Spielen sehen“, sagt Kam. Auch im Eiskunstlauf kommen sich die Koreaner also näher. Wobei die sportlichen Verhältnisse hier umgedreht sind. Kam und seine Partnerin rangieren hinter dem Paar aus dem Nachbarland und dürfen nur mit einer Wildcard starten.