Barcelona. . Der Große Preis von Spanien am Sonntag in Barcelona soll für Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel ein Neustart werden. An den erwarteten Sprung zurück an die Spitze und auf das Niveau von Mercedes glaubt Vettel aber kaum. Und dann wurde das Training wieder mal zu einem Fehlstart.

Immer dann, wenn auf den von Zahlenkolonnen beherrschten Kontrollbildschirmen der Formel 1 Buchstaben auftauchen, ist etwas Ungewöhnliches passiert. Das erste Training zum Großen Preis von Spanien (Sonntag, 14 Uhr, RTL und in unserem Ticker) war noch keine halbe Stunde alt, da wurde in der Zeile für den amtierenden Weltmeister Sebastian Vettel Alarm gemeldet: Stop.

Beim Europa-Auftakt geht es für den Heppenheimer so weiter wie bei der Fernost-Tournee. Sein Rennwagen, der offiziell RB 10 heißt, bleibt eine Zicke namens „Suzie“. Vettel ist machtlos, diesmal war es der Kabelbaum. Es waren demütigende Bilder, wie der Rennfahrer sein Auto erst vorwärts und dann rückwärts von der Piste schieben musste, und jeden Moment der Verladung auf den Abschleppwagen beäugte. Als das Pannenfahrzeug abrückte, wirkte es so, als ob der Vierfach-Champion wieder ein Stück weit seine Hoffnungen schwinden sah.

„Alles auf Null setzen“

Wende oder Ende? Der spanische Grand Prix steht als Neuanfang im Kalender, aber es hat etwas von Verzweiflung beim ehemaligen Abo-Sieger Vettel. Denn das neue Chassis, in dem er beim Training Platz nahm, ist in Wirklichkeit das alte aus der Testsaison. Einen richtigen Grund dafür gab es nicht, die kolportierten Haarrisse beim neuen Modell wurden bei der mikroskopischen Untersuchung nicht gefunden. „Es ist ein junger Gebrauchtwagen sozusagen. Wir probieren, alles ein bisschen auf Null zu setzen“, erklärte Vettel. Wer da gerade wem mehr helfen muss, ist die Frage: das Team dem Fahrer oder umgekehrt?

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An den erwarteten Sprung zurück an die Spitze und auf das Niveau von Mercedes glaubt Vettel momentan kaum: „Das Problem ist die große Lücke, es müsste schon ein sehr, sehr großer Schritt sein.“ Eine Situation, die neu ist für Vettel, der zudem intern die Sonnyboy-Rolle, die er gegen Mark Webber so prima spielen konnte, an Daniel Ricciardo abgeben musste. Und der Australier bringt sportlich weit mehr, als sich Teamchef Christian Horner von ihm versprochen hat. Sein Fahrstil und das neue Reglement passen besser zusammen, für ihn ist alles aufregend und neu.

Der Platzhirsch ist angesäuert, versucht aber, daraus Motivation zu gewinnen: „Der Abstand zu Daniel war ein bisschen zu groß. Das zeigt, das ich noch nicht an das Level herankomme. Aber es ist ein Anhaltspunkt, was mit diesem Auto möglich ist.“

Härteste Phase der Karriere

Für Sebastian Vettel ist die Vielzahl an ungelösten Abstimmungsproblemen hingegen ungewohnt. Nicht, dass er das Fahren verlernt hätte. Nicht, dass er nicht noch mehr an Energie in die Briefings mitnehmen würde. Aber die Fortune, ein verdienter Begleiter in den letzten vier Jahren, fehlt. Und dann zweimal über Funk zum Platzmachen aufgefordert zu werden, das hinterlässt mehr als nur kleine Kratzer in einem vom Ehrgeiz geprägten Gemüt. Es ist die vielleicht härteste Phase, die er je durchmachen musste.

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Sebastian Vettel spürt, dass es manchmal nur ein kleiner Dreh ist, der ihm fehlt, aber die Komplexität des Hybrid-Reglements macht selbst einfache Dinge schwer in diesem Frühjahr. Illusionen macht er sich keine: „Auch wenn man nicht glücklich damit ist, das Auto vom letzten Jahr wird nicht wiederkommen, und der Grip auch nicht.“ So sehr er sich das auch wünsche, aber von heute auf morgen könne der Wandel nicht geschehen, gestand der 26-Jährige jetzt: „Mein Auto rutscht zu viel – an den falschen Stellen und zum falschen Zeitpunkt. Also experimentiert man und versucht, um das Problem herumzufahren.“ Über die große Gefahr dabei spricht er nicht. Nämlich die, die eigene Ideallinie zu verlieren.

Dazu passt, dass das Mega-Problem des Autos vom kongenialen Red-Bull-Gespann mit dem Konstrukteur Adrian Newey und seinem Vollstrecker Sebastian Vettel nicht allein zu lösen ist. Die fehlende Leistung und Zuverlässigkeit liegt im elektronischen Bereich des Renault-Motors begründet. Ein komplexes Problem. Führungseigenschaften sind da auch von Sebastian Vettel gefordert. Er muss an sich selbst arbeiten.