Paris/Berlin. In der Formel 1 werden künftig im letzten Saisonrennen doppelte Punkte für Fahrer und Teams vergeben. Eine neue Regel, die bei Experten und Fans für für Entrüstung sorgt. Kontroversen dürfte auch das Votum für eine Kostenbremse, die von 2015 an wirksam werden soll, auslösen.

Mit ihrem Hinterzimmer-Coup von Paris haben die Spitzen der Formel 1 die Lunte für explosive Regel-Debatten gelegt. Vor allem die beschlossene Vergabe von doppelten Punkten im Finalrennen der Saison entfesselte umgehend einen Sturm der Entrüstung bei Experten und Fans. Nicht minder viel Zündstoff birgt die grundsätzliche Entscheidung für eine Ausgabengrenze, die von 2015 an wirksam werden und den finanziellen Kollaps mehrerer Teams verhindern soll. Schon jetzt kann sich die Königsklasse auf ein kontroverses Jahr 2014 einstellen.

Im Handstreich peitschten die Formel-1-Kommission und die Strategiegruppe mit sechs Rennställen die gravierenden Änderungen durch. Während die von Reifenhersteller Pirelli geforderten zwei Pflicht-Boxenstopps pro Rennen ebenso am Veto der Teams scheiterten wie ein um zehn Kilogramm erhöhtes Gewichtslimit, gaben die Top-Gremien Grünes Licht für die Punkte-Verdopplung im letzten Grand Prix des Jahres. "Das geht einen Schritt zu weit", befand das renommierte Fachmagazin "Autosport". "Die Formel 1 ist kein Zirkus voller Werbegags", schimpfte die britische "Daily Mail".

Gegner der Reform in Fanforen klar in der Überzahl

Spontane Abstimmungen in Fanforen sahen die Gegner der Reform klar in der Überzahl. Die ursprüngliche Idee für den Punkte-Bonus soll von Chefvermarkter Bernie Ecclestone stammen, der vorzeitigen WM-Entscheidungen wie in diesem Jahr durch Sebastian Vettel vorbeugen will. Puristen kritisieren, damit habe der Grand Prix in Abu Dhabi 2014 den doppelten Wert wie die Klassiker Monaco oder Spa.

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Wäre dieses Punktsystem schon früher zur Anwendung gekommen, hätte 2012 nicht Vettel, sondern Fernando Alonso seinen dritten Titel gewonnen. 2008 wäre Felipe Massa anstelle von Lewis Hamilton Weltmeister geworden, 2003 Kimi Räikkönen statt Michael Schumacher. "Doppelte Punkte - das scheint wie die Antwort auf eine Frage, die keiner gestellt hat", höhnte Ex-Pilot Martin Brundle via Twitter.

Deutlich drängender ist da schon die Ausgabenproblematik. Seit Jahren streiten die Teams darüber, wie sie der Kosten für die Raserei Herr werden und mehr Chancengleichheit herstellen können. Eine Einigung kam nie zustande, weil am Ende jeder seine Interessen durchsetzen wollte. So scheiterte 2009 der frühere Weltverbandschef Max Mosley mit seinem Vorstoß für eine Budgetgrenze, nachdem eine Reihe von Teams mit der Gründung einer eigenen Rennserie drohte.

"Eine echte Wende im Spiel"

Nun soll die Formel 1 nach dem Votum ihrer Spitzenvertreter endlich die Kostenbremse treten. Schon in den kommenden Tagen wird sich eine Gruppe mit Repräsentanten des Automobil-Weltverbands FIA, des Rechte-Inhabers CVC und der Rennställe bilden, um bis Juni 2014 die konkreten Regeln für das Ausgabenlimit zu erarbeiten. Zoff über die tatsächliche Höhe der Kostengrenze, die Form der notwendigen Kontrollen und die Strafen bei Verstößen scheint programmiert.

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Zu weit lagen bislang die Vorstellungen von Top-Teams wie Red Bull und Ferrari, die pro Jahr mindestens 250 Millionen Euro ausgeben, von denen der kleineren Rennställe entfernt. Informelle Vereinbarungen zur Ressourcenbegrenzung wurden durch Bilanztricks teilweise ausgehebelt, die Motorenreform 2014 kostet wieder Millionen. Kein Wunder, dass selbst etablierte Teams wie Lotus und Sauber tiefrote Zahlen schreiben und nur mithilfe der Mitgift ihrer Bezahlfahrer überleben können. Die Durchsetzung einer Ausgabengrenze könne daher "eine echte Wende im Spiel" sein, befand die BBC. (dpa)

Das neue Regelpaket für die Formel 1 

Die Spitzengremien der Formel 1 haben in Paris über ein umfangreiches Regelpaket entschieden. Stimmberechtigt waren die Mitglieder der Formel-1-Kommission des Internationalen Automobilverbands FIA und die Strategiegruppe. In letzterer sind neben FIA-Präsident Jean Todt und Chefvermarkter Bernie Ecclestone sechs Teams vertreten: Red Bull, Ferrari, Mercedes, McLaren, Lotus und Williams.

Die Entscheidungen im Überblick:

Beschlossen:

Ausgabenlimit: Von 2015 an soll es eine Kostengrenze für die Teams geben. Eine Arbeitsgruppe erstellt bis Juni 2014 die Regeln dafür.

Punktesystem: Im letzten Saisonrennen werden doppelte Punkte für Fahrer und Teams vergeben. 2014 ist das Finale in Abu Dhabi.

Fahrernummern: Jeder Pilot erhält eine feste Nummer zwischen 2 und 99 für seine komplette Karriere. Die 1 ist dem Weltmeister vorbehalten.

Strafen: Kleinere Regelverstöße auf der Strecke werden künftig mit einer Fünf-Sekunden-Strafe geahndet. Zu welchem Zeitpunkt, ist offen.

Reifen: Pirelli darf kommende Woche in Bahrain einen zusätzlichen Test seiner Reifen für 2014 veranstalten. Sechs Teams nehmen teil.

Abgelehnt:

Reifenwechsel: Der Wunsch von Pirelli nach zwei Pflicht-Boxenstopps pro Rennen scheiterte am Veto der Teams.

Gewichtslimit: Ferrari, Mercedes und Lotus stimmten gegen eine Erhöhung des Maximalgewichts für Auto und Fahrer um zehn Kilogramm. (dpa)