Sao Paulo. . Weltmeister Sebastian Vettel dominiert die Königsklasse des Motorsports auch beim letzten Rennen. Für den Red-Bull-Fahrer hätte die Saison gerne weiterlaufen können. Die Konkurrenz sieht das anders. Im nächsten Jahr gibt es viele Änderungen.
Es gibt, ganz zum Schluss eines Formel-1-Rennjahres, in dem Sebastian Vettel und Red Bull Racing alle(s) in Grund und Boden gefahren haben, tatsächlich einen Moment, in dem der nun vierfache Champion einmal nicht sofort reagieren kann. Der Hilferuf eines motorsportlichen Nimmersatts klingt dann so: „Ich glaube, ich kann nicht mehr viel zu dieser Saison sagen.“ Dann überholt ihn doch das Tempo der eigenen Gedanken: „So abzuschließen, dass hätte ich mir nie vorstellen können. Das ist, Entschuldigung, fast schon pervers, wie stark wir waren. Ein unglaubliches Jahr. Echt traurig, dass es schon zu Ende geht...“ Nach Vettel-Festspiel Nummer neun in Folge und 13 Siegen in 19 WM-Läufen sehen das alle anderen ganz anders.
Hoffnung ist der wahre Treibstoff der Königsklasse. Für gewöhnlich fließt er, nachdem der Motivationstank einer neunmonatigen Welttournee erstmal auf Reserve steht, spätestens mit Beginn der Testfahrten im Januar. Diesmal ist das anders. „Die Saison 2014 hat am Sonntagabend in Brasilien begonnen“, sagt McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh.
Formel 1 vor dem technischen Umbruch
Denn die Formel 1 steht in 109 Tagen vor der vermutlich größten technischen Revolution ihrer Geschichte. Aus acht Zylindern werden sechs. Und: aus Saugern Turbos, aus der Bremsenergierückgewinnung zwei E-Motoren, und die Rennen beim Start ins Hybrid-Zeitalter werden über eine Spritspar-Formel gewonnen werden müssen.
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Die technischen Risiken sind groß, die sportlichen Chancen auch. Aerodynamik und Motoren waren in diesem Millennium einfach ausgereizt. Und Adrian Newey, der Pate von Vettels „Hungry Heidi“, hatte das System noch perfektioniert. Fahrer und Fahrzeug verfügten damit in diesem Jahr über die gleiche erstaunliche Fähigkeit, sich problemlos an alle möglichen Umstände anzupassen – beim Finale von Interlagos sogar mit den Trockenreifen, die zuvor nicht einmal getestet worden waren. „Es läuft einfach“, bilanzierte der Titelverteidiger, „ich glaube, man kann sagen: Wir haben den Dreh raus.“ Das hat den 26-Jährigen mehr als einmal zum einsamen Wolf gemacht, und wäre nicht beim überstürzten Boxenstopp in Sao Paulo mal ausnahmsweise alles drunter und drüber gegangen, weil plötzlich ein Rad fehlte, dann hätte der Vorsprung auf Mark Webber leicht doppelt so hoch als zehn Sekunden sein können. Manöverkritiker Vettel beließ es bei der misslungenen Aktion – ausnahmsweise – bei einem heftigen Aufschrei („Eeeeeyyy!“) ins Helmmikrofon.
Chaos bei Ferrari
Das Chaos beim bislang größten Rivalen Ferrari dürfte durch den Abgang von Felipe Massa, der sich ausgerechnet auf der Piste mal wieder blamierte, hinter deren Begrenzungsmauern er aufgewachsen ist, gelindert werden. Die Scuderia greift 2014 mit dem Duo Alonso/Kimi Räikkönen an. Und der Spanier, der ausgerechnet im letzten WM-Lauf so etwas wie einen konkurrenzfähigen roten Rennwagen zur Verfügung hatte, schöpft daraus neuen Trotz und ein klares Saisonziel: „Die beste Art, diese Saison zu beenden. Dritter hinter Red Bull zu werden, fühlt sich fast wie ein Sieg an. Für mich ändert sich nichts. Ich bleibe Herausforderer.“
Bei der BBC malt er dann noch ein Schreckensszenario aus, das seinem großen Rivalen gilt: „Wenn Sebastian eines Tages mit einem vergleichbaren Auto, wie es die anderen Fahrer im Feld haben, siegt, wird er den Ruf einer Legende haben. Wenn er aber mit vergleichbaren Autos nur Vierter, Fünfter oder Siebter wird, dann werden seine vier Titel zur Last.“ Man kann sich in etwa vorstellen, wie Sebastian Vettel auf solche Ansagen reagieren wird: Achselzucken, Grinsen, Grimasse. Gefolgt von: Ehrgeiz, Ehrgeiz, Ehrgeiz.