Die Formel 1 wird amerikanisch - Vettel jagt Rekord
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Austin. . Nach vielen Jahren der Suche nach einem passenden Austragungsort in den USA scheint nun der richtige gefunden zu sein: In Austin passt vieles zusammen. Weltmeister Sebastian Vettel schwärmt vor dem Großen Preis der USA am Sonntag.
Der Horizont, der weiter scheint als anderswo, ist nicht bloß ein Western-Klischee. Der Asphalt-Cowboy Nico Rosberg und seine 21 Formel-1-Kollegen werden ihn am Wochenende in der ungewöhnlichsten Startpassage der ganzen Saison häufig vor sich haben: „...und dann blickt man geradeaus in den Himmel, befindet sich plötzlich schon mitten in der Kurve“, staunt der deutsche Silberpfeil-Pilot. Die steile Bergaufpassage mit dem blinden Linksknick ist nicht das einzige, was außergewöhnlich ist am Großen Preis der USA (Sonntag, 20 Uhr/RTL und live in unserem Ticker).
Das Rennen, das nach dem phänomenalen Auftakt im Vorjahr den zweiten Anlauf unternimmt, die Vereinigten Staaten fürs europäische Rennspektakel zu erobern, macht dem Wahlspruch des Austragungsortes alle Ehre: „Austin muss schräg bleiben!“
Von den zehn Austragungsorten, die die Formel 1 quer über den nordamerikanischen Kontinent schon auf der Suche nach einer Heimat ausprobiert hat, ist Austin definitiv der coolste. Und vielversprechendste. Allein schon deshalb, weil nicht bloß Innenstädte, Parkplätze oder Ovale umfunktioniert wurden für ein Gastspiel von motorsportlichen Exoten, sondern eigens für 400 Millionen Dollar eine Piste im hügeligen Brachland entstanden ist, die allein durch die Topographie Sport und Show verbindet – und eine Art „Best of“ bekannter Streckenpassagen anein-ander reiht. Das Motto für das Spektakel, bei dem offenbar völlig egal erscheint, dass Sebastian Vettel wieder als Weltmeister feststeht, ist beinahe hollywoodreif: „Feel the rush.“ Fühle die Eile, den Rausch, den Hochbetrieb.
In Austin wartet das drittgrößte Sonntagspublikum der Saison
Die PS-Kathedrale Indianapolis schien lange der einzig mögliche Fixpunkt zu sein, den die Formel 1 in den USA aus wirtschaftlichen Gründen so dringend braucht. Bis der Reifenskandal von 2005 und das daraus resultierende unrühmliche Sechs-Auto-Rennen kamen. Endgültig gescheitert war diese Idee aber an der gegenseitigen Arroganz – die der Indy-500-Veranstalter und jene des Ecclestone-Imperiums. Der immer noch wichtigste Automobilmarkt der Welt schien verbranntes Land. Und dann kommt Austin, die grünste Stadt des Kontinents, die von sich behauptet, zu schön und zu liberal zu sein, um in Texas zu liegen. An ein Ende der Odyssee glaubte zunächst keiner.
Doch das Erfolgsrezept war keine Raketenwissenschaft: Man nehme die größte Stadt der USA, die kein eigenes Team in den großen Profi-Mannschaftssportarten hat, man suche sich eines der großen Fernsehnetzwerke, das neue Impulse im Sport braucht, man baue eine Strecke keine 20 Kilometer von der Innenstadt entfernt. Schon ist der Circuit of the Americas und die beste Veranstaltung des vergangenen Jahres fertig. Mit 117.000 Zuschauern bringt es Austin auf das drittgrößte Sonntagspublikum der Saison, obwohl weder ein einheimisches Team noch ein einheimischer Fahrer starten. Diesmal darf Nachwuchspilot Alexander Rossi mal ins Training hineinschnuppern, als Lokalhelden werden die Mexikaner Sergio Perez und Esteban Gutierrez gefeiert – 30.000 Fans werden aus dem Nachbarstaat erwartet, denn beide Fahrer könnten schon im nächsten Jahr nicht mehr dabei sein.
Und seit klar ist, dass der Grand Prix von New York momentan nicht finanzierbar ist, hat Austin endgültig das nötige Maß an Selbstsicherheit. Denn alles das, was die Formel 1 in den letzten Jahren versäumt hat, um ihr teures Produkt krisenfest zu machen, leben die Texaner vor: Sie rühren die Werbetrommeln, nutzen alle modernen Medienkanäle, nehmen die Wünsche der Fans ernst und haben eine klare Vision. Wieder wird versprochen, dass alles „bigger and better“ wird. Ein großes Versprechen, ein Großer Preis – aber beides zieht.
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