Witten. Die 2G-Regel im Jugendfußball sei „Diskriminierung“, heißt es. Ein Plakat sorgt für Unverständnis. Von den Wittener Vereinen gibt es Gegenwind.

Nach Bekanntgabe der 2G-Regelung für alle Sportlerinnen und Sportler, die älter als 16 Jahre sind veröffentlichte der ehemalige Jugendleiter des FSV Witten, Johannes Gabriel, eine Rundmail, in der er seinen Rücktritt bekannt gab. Grund dafür sei die aus seiner Sicht vorliegende Diskriminierung von ungeimpften Kindern, so wie der verwehrten Möglichkeit für ungeimpfte Eltern, ihre Kinder auf die Sportanlagen zu begleiten.

Die A-Junioren des FSV zogen mit einer eigenen Aktion am Wochenende nach, indem die Mannschaft ein Transparent mit der Aufschrift „Gegen Diskriminierung - Egal ob Impfstatus, Hautfarbe, Religion“ zeigte. Nun erntet man von mehreren Jugendvorständen aus Witten Kritik und steht mit der Meinung ziemlich allein da.

Corona-Regeln: Stiko empfiehlt eindeutig Impfung für 12- bis 17-Jährige

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Problematisch ist dabei, dass Gabriel in seiner Stellungnahme schreibt, die Impfung für Kinder und Jugendliche sei sehr umstritten, wobei er sich auf die offizielle Mitteilung der Stiko bezieht. „Die Stiko hat lange mit sich gerungen, ob sie diese (Die Impfung, Anm. der Redaktion) bei schwacher Datenlage überhaupt empfehlen kann“, heißt es. Das ist nach neustem Erkenntnisstand jedoch falsch.

Gegen Diskriminierung: So protestiert die A-Jugend des FSV Witten gegen die neue Corona-Schutzverordnung
Gegen Diskriminierung: So protestiert die A-Jugend des FSV Witten gegen die neue Corona-Schutzverordnung © fsv

Zwar hat die ständige Impfkommision im Juni eine Impfung für 12- bis 17-Jährige nur unter bestimmten Vorerkrankungen mit Gefahr auf schweren Covid-19-Verlauf empfohlen, aufgrund neuer Überwachungsdaten heißt es nun aber: „Nach sorgfältiger Bewertung dieser neuen wissenschaftlichen Beobachtungen und Daten kommt die Stiko zu der Einschätzung, dass (…) die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Nebenwirkungen überwiegen“ (Quelle: Robert-Koch-Institut). Vereinfacht gesagt: Die Stiko empfiehlt Impfung für 12-17-Jährige.

Beim TuS Stockum gibt es noch keine Beschwerden über 2G

Unter anderem dieser Fehler in Gabriels Statement störte Gerhard Reicherz, Jugendvorstand des TuS Stockum, der in der neuen Regelung keine Diskriminierung sieht: „Ich finde das Verhalten merkwürdig, zumal die Stiko die Impfung ja auch für Kinder empfiehlt.“

Er kann die Entscheidung des Verbandes nachvollziehen und erhält von Eltern und Spielern positives Feedback: „Es geht eben nur durch Maßnahmen wie die 2- oder 3G-Regelung. Bei uns ist lediglich ein Spieler in der U19 noch nicht durchgeimpft und wir haben auch noch keine Beschwerden von Eltern bekommen, ganz im Gegenteil.“

Auch für Daniela Kortengräber vom SV Herbede geht der Vorwurf der Diskriminierung zu weit: „Das ist zu krass. Die Infektionskette muss nun auch mal gestoppt werden.“ Sie lobt das schnelle Handeln des Verbandes, ist aber mit der Umsetzung nicht ganz glücklich. Sie verstehe nicht, wieso 16- und 17-Jährige geimpft sein müssen, jüngere aber nicht, obwohl alle schulisch getestet werden. Dass Kinder von den Eltern unter Umständen nicht auf die Sportanlage begleitet werden können, findet sie nicht schlimm: „Dann werden die Kinder eben davor abgesetzt.“

SV Bommern: Ehrenamtliche werden durch neue Regeln überfordert

Thomas Nockenberg, Jugendleiter des SV Bommern kritisiert die organisatorische Herausforderung, die mit den neuen Regeln einhergeht. Es sei nicht möglich ständig die Nachweise zu kontrollieren: „Man hätte jetzt schon in die Winterpause gehen sollen und die paar Spiele im nächsten Jahr nachholen sollen.“ Er halte die Regelungen aufgrund der Schwierigkeit der Kontrollen für fahrlässig. Man könne nur an Vernunft und Verantwortung appellieren, Diskriminierung sieht aber auch er nicht.

Der Protest des FSV Witten verharmlost Diskriminierung – einen Kommentar zum Thema lesen Sie hier.

Marek Duda-Römling, angehender Jugendleiter des TuS Heven stimmt Gabriel in dem Punkt zu, dass man den Kindern und Jugendlichen das Fußballspielen nicht verwehren darf, der Vorwurf der Diskriminierung geht ihm aber wie den meisten seiner Kollegen zu weit. Jede Person müsse für sich selbst entscheiden, ob sie sich impfen lässt und wer es nicht macht, müsse mit Einschränkungen leben.

Für den FSV Witten ist Gabriels Rücktritt ein herber Verlust

Florian Kämpf, erster stellvertretender Jugendleiter des FSV Witten, respektiert Gabriels Rücktritt, auch wenn er, genau wie der Großteil der Vereinsmitglieder, in seinem Weggang einen klaren Verlust sieht: „Das war ein Schlag, der uns nicht härter treffen konnte. Sowohl fachlich als auch menschlich.“ Kämpf betont, es gehe nicht darum, ob sich die Kinder impfen lassen, sondern um die Art und Weise, welche Maßnahmen getroffen werden: „Dass die Impfung ein wichtiges Instrument beim Ausweg aus der Pandemie ist steht außer Frage. Aber ist es richtig, den Jungs das Hobby wegzunehmen, um Druck auszuüben, gerade wenn sie darüber nicht frei entscheiden können?“

Das umstrittene Transparent der A-Jugend könne er verstehen, man müsse aber mit den Vergleichen aufpassen: „Die Jungs vermissen ihre Mitspieler und das signalisieren sie. Über die gezogenen Vergleiche werden wir mit den Beteiligten nachträglich sprechen.“

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