Velbert. Die U 19 DM im kleinen Saal des Birther Boxpalastes bot prickelnde Atmosphäre, packende Kämpfe und einen Herzenssieger aus der Ukraine
Wer in den Palast geht, der möchte natürlich in den Festsaal. Doch der blieb bei den Deutschen Meisterschaften der U 19 im Birther Boxpalast geschlossen. Der gastgebende Velberter Box-Club lud ins Vorzimmer – was der Feststimmung überhaupt keinen Abbruch tat.
Es war eher das Gegenteil der Fall, der Finaltag zum Beispiel atmete auch im kleinen Saal Bundesliga-Atmosphäre.
Stimmung wie bei manchen Bundesliga-Kämpfen des VBC
Dabei konnte sich der VBC allerdings auf eigene gute Erfahrungen stützen. In der Bundesliga-Saison 2019/20 war er ebenfalls von der großen Halle in Birth in die Trainingshalle gezogen, die auch als Landesleistungsstützpunkt dient.
Hier, wo Aktive, Offizielle und Zuschauer etwas enger zusammenrücken, herrschte meist eine kochende Stimmung. So war es auch zum Abschluss der viertägigen DM in Velbert, die der VBC bereits zum sechsten Mal ausrichtete, diesmal als Höhepunkte seiner Feierlichkeiten zum 100. Vereinsgeburtstag.
„Es war organisatorisch einfach praktischer, diesmal in die kleine Halle zu gehen. Aber es hat sich bezahlt gemacht, es war wieder eine gelungene Deutsche Meisterschaft“, betonte VBC-Präsident Michael Balka. Nicht weniger als 108 Kämpfe wurden im kleinen Saal des Birther Box-Palastes über die Bühne gebracht, zum Abschluss standen die Finalkämpfe vom Halbfliegengewicht bis zum Superschwergewicht auf dem Plan.
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Auch wenn Gastgeber VBC diesmal keine eigenen Kämpfer aufbieten konnte – das Publikum gab den jungen Faustkämpfern Rückendeckung. Schließlich galt es, die Talente des heimischen Verbandes NRW zu unterstützen.
Der erste Versuch ging allerdings schief: NRW-Kämpfer Nauros Khaled verlor im Bantamgewicht nach Punkten gegen Glib Ponomarenkeo vom Boxverband Berlin. „Eine richtige Entscheidung, da hätte vom NRW-Kämpfer mehr kämpfen müssen“, meinte Hans Hermann Sangen vom Velberter BC, der als Punkt- und als Ringrichter dabei war.
„Ich glaube aber, jetzt gibt es eine Steigerung“, meinte Sangen mit Blick auf die beiden folgenden Kämpfe, die sich tatsächlich als Höhepunkt des Finaltages erweisen sollten. Zunächst trat im Federgewicht Denis Bril für den Verband NRW in den Ring – er ist in Velbert gut bekannt, denn sein Bruder Artur Brill hat für den VBC in der Bundesliga geboxt.
Er traf auf den starken Jan Richmeier vom bayrischen Topverein BC Eichstätt. In allen drei Runden war Stimmung in der Bude in Birth. Die Kämpfer duellierten sich auf gutem Niveau mit Fäusten, die Zuschauer mit Sprechchören. Am Ende hatte der „Auf-geht’s, Denis“-Chor das letzte Wort, denn Bril gewann nach Punkten und brachte den Verband NRW nach vorne.
Es folgte ein Kampf, in dem viele Zuschauer Sympathien für beide Kämpfer hatten. Denn der Kölner Nils Holz, der für den NRW-Verband den nächsten Sieg holen sollte, traf auf den Ukraine-Flüchtling Oleksii Plisak.
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Der ukrainische Meister kletterte für den Boxverband Hamburg in den Ring. „Unter bestimmten Umständen kann er auch Deutscher Meister werden, wenn er einen festen Wohnsitz in Deutschland hat und für einen deutschen Verein bzw. Verband gemeldet ist“, erklärte Andrew Colbourne, Obmann für den Jugendleistungssport im Deutschen Boxverband.
Und der junge Ukrainer nutzte die Chance: In einem spektakulären Gefecht, in dem beide Kämpfer viel Tempo und Offensivgeist zeigten, setzte er sich durch und wurde auf Anhieb internationaler Deutscher Meister.
Damit hatte NRW zwar einen Meister weniger, aber die Veranstaltung einen Herzenssieger. Und am Ende triumphierten die Kämpferinnen und Kämpfer aus dem hiesigen Bundesland dann doch: Mit drei deutschen Meistern, vier Vizemeistern und sechs Bronzemedaillen stellte Nordrhein-Westfalen wieder den stärksten Verband bei der DM – auch der kleine Saal in Birth taugt bestens als Wohnzimmer für die heimischen Box-Talente.