Velbert. Die Annullierung der Saison auch in der Oberliga stößt bei Spitzenreiter Bocholt auf Kritik – der Rivale SSVg gibt ihm Recht.

Vor ein paar Monaten war Tasmania Berlin in der Fußball-Szene ein gern genommenes Thema, hält der Verein doch seit einem halben Jahrhundert einige Bundesliga-Negativrekorde. Der FC Schalke stand dann aber dicht davor, einen neue Misserfolgsmarke aufzustellen: Die längste Sieglosserie der Liga.

Tatsächlich hatten die Schalker dann aber doch noch rechtzeitig gewonnen, was die Berliner mit Selbstironie feierten: Sie blieben Inhaber des Rekords, den sonst keiner haben will.

SSVg Velbert und Bocholt verweisen auf Tasmania Berlin

Nun kann der Traditionsverein aus Berlin Neukölln aber einen Erfolg bejubeln, ohne sich auf die Schippe zu nehmen: Er steigt nämlich aus der Oberliga in die Regionalliga Nordost auf, was er auf seiner Homepage mit einem zünftigen „Ra Ra Ra, Tasmania“ kommentiert.

Dieser Aufstieg wird den Berlinern sicher jeder gönnen, dennoch stieß er einigen Vereinen in anderen Regionen sauer auf, zum Beispiel am Niederrhein. Hier steigt nämlich niemand aus der Oberliga auf. Der aktuelle Spitzenreiter, 1. FC Bocholt, findet das ungerecht und überlegt sich deshalb, ober er womöglich klagt.

Auch interessant

Hintergrund ist der gerade verkündete Saisonabbruch am Niederrhein. „Statt Abbruch wäre Saison-Annullierung die bessere Bezeichnung“, sagt der Vorsitzende der SSVg Velbert, Oliver Kuhn. Mit Recht, denn bei einem Abbruch könnten die Ergebnisse der aktuellen Spiele irgendwie gewertet werden, am Niederrhein hingegen fällt die Wertung in dieser Saison von der Oberliga bis zur Kreisliga abwärts komplett aus. Es ist so, als sei gar nicht gespielt worden.

Die SSVg Velbert, in der gerade unter den Tisch gefallenen Saison der härteste Konkurrent im Aufstiegskampf, unterstützt in Person von Oliver Kuhn die Bocholter. „Es kann nicht sein, dass in der Regionalliga zum zweiten Mal Mannschaften, die auf einem Abstiegsplatz stehen, mit dem Klassenerhalt belohnt werden, während im Gegenzug niemand aus der Oberliga in die Regionalliga aufsteigen darf“, sagt der SSVg-Vorsitzende.

Oliver Kuhn Vorsitzender der SSVg Velbert findet: Bocholt hätte den Aufstieg verdient.
Oliver Kuhn Vorsitzender der SSVg Velbert findet: Bocholt hätte den Aufstieg verdient. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

In der Regionalliga hätten die Teams stattliche 38 Spiele Zeit, die Klasse zu halten, in der Oberliga würde dem Tabellenführer die Aufstiegschance verwehrt, obwohl er nichts dafür kann, dass nicht gespielt werden dar. „Ich wäre dafür, dass man zumindest in der Oberliga trotz Abbruch eine Aufstiegsregelung hätte treffen sollen“, bekräftigt Kuhn.

Dass das möglich ist, zeigt der Fußballverband Nordost, der obendrein auch noch die Regionalliga-Saison abgeblasen hat. Dennoch gibt es in der Regionalliga und in der Oberliga Aufsteiger, die Annullierung wird erst ab Landesliga abwärts wirksam.

Auch interessant

Das führt dann dazu, dass Viktoria Berlin in die 3. Liga aufsteigt und die Berliner Tasmania Ra, Ra, Ra, intoniert. „Etwas Glück am grünen Tisch war schon dabei“, geben die Berliner zu. Sie hatten in der Oberliga Nordost gerade mal neun von ursprünglich 34 angesetzten Spielen absolviert. Zugleich empfinden sie den Aufstieg als nicht unverdient, zumal sie einen hübschen Vorsprung an der Tabellenspitze hatten.

Ähnlich sieht es auch Oliver Kuhn im Falle Bocholt und Velbert. „Sicher, wir hätten gerne weiter gespielt und Bocholt im sportlichen Wettkampf gestellt. Aber wir sehen ein, dass das nicht mehr geht. Die Bocholter haben sechs Punkte Vorsprung vor uns und viel in die Saison investiert. Sie hätten es verdient, mit dem Aufstieg belohnt zu werden.“

Spielordnung lässt besondere Aufstiegsregelungen zu

Die Spielordnung schreibt zwar vor, dass zur Wertung zumindest die Hälfte einer Saison gespielt werden muss, zugleich ermöglicht Paragraph 38 aber auch Ausnahmen, um Meister oder Absteiger zu ermitteln.

In einem anderen Fall steht übrigens eine Ausnahmeregel ziemlich sicher kurz bevor. Der FVN sucht einen Niederrheinpokalsieger, obwohl noch nicht einmal die erste Runde vollständig gespielt worden ist. Aber einen der 64 Teilnehmer muss der FVN für die DFB-Pokal-Hauptrunde melden.