Heiligenhaus. Das Trainer-Duo Mehmet Ali Aydemir und Monrem Orahhou erklärt, wie es sein Team vom „Punktelieferanten“ zum ernstzunehmenden Gegner gemacht hat.
Die SSVg 09/12 Heiligenhaus lag am Boden, stand vor der Saison ohne Mannschaft da und drohte, nach dem Abstieg aus der Landesliga in die Kreisliga B durchgereicht zu werden – doch nun schöpft das Team wieder Hoffnung auf den Klassenerhalt in der Bezirksliga.
Dieser Aufschwung ist ganz eng mit dem Trainerduo Mehmet Ali Aydemir und Monrem Orahhou verbunden, das kurzfristig einsprang, eine komplett neue Mannschaft aus dem Boden stampfte und auch nach zwölf Niederlagen zum Start die Hoffnung nicht verloren hat. Wie die Beiden das geschafft haben, wie sie die Mannschaft trotz Negativlauf bei Laune hielten und was sie in dieser Saison noch vorhaben, darüber sprechen sie im WAZ-Interview.
Herr Aydemir, Sie haben zusammen mit Herrn Orahhou eine schier unlösbare Aufgabe übernommen, standen ohne Team da und wirkten zu Saisonbeginn wie ein dankbarer Punktelieferant. Seit einigen Wochen geht es aber bergauf, zuletzt stimmten auch die Ergebnisse. Wie haben sie das geschafft?
Aydemir: Indem wir den Glauben nie verloren haben. Klar war es schwer, da wir erst Ende Juni angefangen haben und eine völlig unfitte Mannschaft hatten, die am Anfang auch nicht komplett war. Viele waren im Sommerurlaub, verletzt, hatten schon aufgehört oder waren vom Verband gesperrt.
Wie sind Sie dann vorgegangen?
Aydemir: Wir mussten zunächst etwas experimentieren und die Vorbereitung auf den Saisonstart legen. Wir beide wissen aber um das Potenzial, haben zusammen hart gearbeitet und den Jungs den Glauben an die eigene Stärke vermitteln können. Auch der Vorstand hat uns dabei geholfen. Er stand von Beginn an hinter uns, hat keinerlei Druck aufgebaut und auch bei einem Abstieg würde hier keine Panik ausbrechen. Da können wir uns nur bedanken, denn sowas habe ich bisher nicht erlebt.
Herr Orahhou, was hat Ihrer Meinung nach zum Wandel des Teams beigetragen?
Orahhou: Das sind alles gute und charakterstarke Jungs, die wussten, worauf sie sich einlassen. Das haben wir von Beginn an ehrlich und offen kommuniziert. Dass wir Zeit brauchen, war klar und das haben wir ja auch immer betont – auch wenn es nach zwölf Niederlagen für Außenstehende vielleicht nicht glaubwürdig rüberkam. Doch der Respekt innerhalb der Mannschaft und gegenüber dem Trainerteam ist groß, die Chemie und das Gesamtpaket stimmen. Wenn man sieht, wie 20 Jungs bei jedem Training Vollgas geben und der Zusammenhalt riesig ist, macht einen das als Trainer froh. Wir mussten hart ackern und ich denke, die Mischung macht’s. Das ist uns auch das Wichtigste, wir wollen bei aller Arbeit auch Spaß haben, auch im Abstiegskampf geht das. Den Spaß haben wir momentan.
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Sieben Punkte gab es aus den letzten drei Spielen, zuvor fehlte bei steigenden Leistungen manchmal das nötige Quäntchen Glück. Plötzlich ist der abgeschlagene „Punktelieferant“ wieder im Geschäft um den Klassenerhalt – vier Punkte fehlen noch. Wie geht es nun weiter?
Orahhou: Wir sind auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ende. Daher lassen wir mal die Kirche im Dorf. Wir wissen, wie schnell es im Fußball gehen kann und verfallen deshalb nicht in Euphorie. Es geht jetzt nicht von alleine so weiter, wir müssen dranbleiben. Aber die jüngsten Erfolgserlebnisse waren wichtig als Belohnung für unsere Arbeit. Der Motivation haben sie auf jeden Fall nicht geschadet, das macht schon Lust auf mehr.
Was hat sich in den vergangenen Spielen verändert?
Aydemir: Seit dem Spiel gegen Ronsdorf am 9. Spieltag waren wir nahezu vollzählig und sind besser in Form gekommen. Trotz Niederlagen haben uns auch die Gegner Komplimente gemacht. Das bringt zwar keine Punkte, zeigt aber, dass man auf dem richtigen Weg ist. Wir konnten taktisch mehr umsetzen, Automatismen aufbauen. Jetzt wollen wir so weiterarbeiten und bis zum Ende kämpfen, um den Klassenerhalt zu packen. Der Rückstand ist nicht allzu groß und wir glauben daran.
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Mal ein wenig vorausgeschaut. Wie soll es in Heiligenhaus weitergehen?
Orahhou: Ich denke, der eingeschlagene Weg mit Jungs aus der Region, einem großen Zusammenhalt innerhalb des Vereins, ob erste Mannschaft, Reserve oder Frauen, ist der richtige für Heiligenhaus. Wenn selbst der Platzwart voll mitfiebert ist das doch toll.
War das vorher anders?
Orahhou: Ja, das war nicht immer so und hat etwas zu einer Spaltung geführt. Mit Spielern von außerhalb, hart ausgedrückt „Fußballsöldnern“, die sich nicht unbedingt mit dem Verein identifizieren, kann so ein Miteinander schwer erreicht werden. Wozu das führen kann, haben wir gesehen. Jetzt sind mehr Zuschauer da als zu Landesligazeiten, auch nach zehn Niederlagen waren sie da. Auch wenn wir absteigen sollten, bricht hier nichts auseinander. Hier sind viele Freunde zusammen, das macht unglaublich Spaß, so wie es sein sollte. In Zukunft soll dann auch die Jugend wieder ein besseres Standing bringen und Jungs aus der Stadt für die Seniorenteams ausbilden.
Jetzt steht das schwere Derby beim Tabellenzweiten Union an, danach das Sechs-Punkte-Spiel gegen Heisingen, bevor zwei Spiele der Rückrunde gespielt werden. Glauben Sie, dass Ihr Team vor der Winterpause noch nah an die Konkurrenz heranrücken kann? Die Möglichkeit bestünde ja.
Aydemir: Ich bin der Meinung, dass in dieser Liga jeder jeden schlagen kann. Natürlich wird es gegen Union unheimlich schwer, aber wir fahren nicht dahin, um uns kampflos zu ergeben. Auch hier kennen sich viele Spieler untereinander, ein Derby ist immer etwas Anderes. Und auch Union wird nicht entgangen sein, dass es bei uns aufwärts geht. Auch da wollen wir uns weiteres Selbstvertrauen holen. Wir können aber auch schon jetzt stolz auf das sein, was wir geschafft haben, wollen aber noch mehr.
Orahhou: Wir haben noch vier Spiele bis zum Winter, in denen wir alles geben werden und dann mal schauen, wie es aussieht. Klar, gegen Heisingen ist es wohl noch wichtiger und es geht um die Big Points. Aber es geht in jedem Spiel um Punkte und wir wollen so viele wie möglich einsammeln. Ob gegen den Ersten oder den Letzten. Wir haben uns den Respekt erarbeitet, nun muss man auch uns erstmal schlagen.