Mülheim. Als erster Verein in Mülheim, und einer der wenigen in der Region, hat der Kahlenberger HTC ein Hockeyteam für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen. So läuft es dort.
Zu Beginn müssen Janine Soja und Claudia Janinhoff die Truppe erstmal zur Konzentration motivieren. Die beiden Trainerinnen des Special Hockeyteams vom Kahlenberger HTC, im eigentlichen Beruf Sportlehrerinnen an einer Förderschule, wissen aber genau, wie sie das schaffen. Mit pädagogischer Geduld erklären sie die Übungen, und am Ende beim Trainingsspiel sehen die Abläufe dann schon richtig gekonnt aus.
Torwart Maxim schmeißt sich reflexartig auf den Boden, wenn der Ball kommt. „Das kann ich. Torwartsein ist meine Leidenschaft“, sagt der 17-Jährige über sich selbst. Wie er, sind auch seine Teamkolleginnen und -kollegen Nico, Monique, Arne, Rosty, Maladu und Sam Neulinge im Hockey. Zusammen sind sie das Special Hockeyteam vom Kahlenberger HTC und damit das erste in Mülheim.
Seit April 2024 hat der KHTC dieses Angebot für Jugendliche und junge Erwachsenen ab 15 Jahren mit einer geistigen Beeinträchtigung in den Verein aufgenommen. Seitdem soll es sich herumsprechen und wachsen. „Ich hatte keinen Bock auf Fußball“, so Nico Sitianus. Der 17-Jährige hat über seine Schule vom KHTC Special Hockeyteam und ist seit Anfang an immer dabei. „Das ist auch besser für meinen Rücken“, grinst er. Er scheint ein Talent zu sein. Beim Hallentraining an diesem Tag kommen sein Schläge und Schübe hart und präzise.
Special Hockey in Mülheim: Deutscher EM-Gewinn Initialzündung zur Gründung eines Teams
„Claudia und ich sind auf die Idee gekommen, das Team aufzubauen. Als Förderschullehrerinnen wissen wir, wie wenig Sportangebote es für junge Menschen mit geistiger Beeinträchtigung gibt“, erklärt Janine Soja die Entstehungsgeschichte des Teams.
Die letztendliche Initialzündung sei dann der Europameistertitel der Deutschen Nationalmannschaft im Special Hockey gewesen. „Das habe ich verfolgt“, erzählt Janine Soja weiter. „Im Sommer 2023 sind die Europameister geworden, im Herbst danach kam eine Ausschreibung vom Deutschen Hockeybund für einen Special-Hockey-Trainerlehrgang, und da dachten wir, melden wir uns mal an.“
Über ein halbes Jahr gestreckt absolvierten die beiden die Ausbildung. Insbesondere die Unterschiede zum normalen Hockey-Training und wie man Einschränkungen ausgleichen kann, waren dabei Bestandteile. „Ich hatte mit Hockey vorher gar nichts am Hut, außer dass meine Töchter beim KHTC spielen“, lacht Soja, die den Verein nicht lange habe überzeugen müssen, das Special Hockeyteam aufbauen zu dürfen.
Kahlenberger HTC Special Hockeyteam: „Wir wollen viele Turniere spielen“
Fürs Sportlich-Fachliche erhält sie auch Unterstützung aus den Reihen der KHTC-Hockeyspielerinnen, von denen sich einige als Co-Trainerinnen engagieren. Special Hockey wird immer in Mixed Teams gespielt. Die Kahlenberger haben ihre erste Trainingssaison auf dem Feld hinter sich, trainieren jetzt einmal wöchentlich in der Halle, ein erstes richtiges Testspiel als komplette Mannschaft gegen das Special Team eines anderen Vereins steht noch aus. Einen Ligabetrieb für Special Hockey gibt es in Deutschland übrigens nicht.
„Zwei unserer Specials haben aber schon an einem Turnier in Troisdorf teilgenommen. Da noch in einer Spielgemeinschaft mit einem anderen Verein. Die hatten Riesenspaß, auch wenn sie Letzter wurden“, berichtet Trainerin Soja. Nico war einer der Kahlenberger Spieler: „Mein Ziel ist es, dass wir demnächst als Team auch möglichst viele Turniere spielen. Und gewinnen!“
Mülheimer Hockey: Special Team als Inklusion und soziale Integration in „elitären“ Sport
Rein optisch sehen die Kahlenberger Specials auf jeden Fall schon aus wie ein richtiges Hockeyteam. Der Verein hat sie, dank Fördergelder der Aktion Mensch, mit Teamkleidung und Trainingsmaterial ausgestattet. Die Inklusion der Special-Hockey-Spielerinnen und -Spieler leistet beim Kahlenberger HTC auch soziale Integrationsarbeit in eine sonst als elitär und „abgeschottet“ geltende Sportart. Die Special-Hockey-Mitglieder zahlen beim KHTC nur einen Beitrag von zehn Euro pro Monat – eine Summe, die gegebenenfalls auch Jobcenter oder Sozialämter im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets übernehmen.
„Es haben noch nicht alle Vereinsmitglieder mitbekommen, dass es uns gibt, aber wir machen uns sichtbar. Letztens sind wir mit dem ganzen Team zum ersten Hallenspiel der Saison unserer ersten Herrenmannschaft gegangen“, berichtet Janine Soja von ihren persönlichen Eindrücken der ersten Monate als Trainerin. „Es macht Riesenspaß, weil man auch so eine Freude zurückbekommt. Jedesmal bekomme ich Nachrichten vor und nach dem Training. Die Spieler schreiben, dass sie sich freuen, dass es ihnen gefallen hat. So eine Dankbarkeit bekommst du bei anderen Teams nicht.“
Special-Sport in Mülheim
Das Special Team vom KHTC ist das erste Hockeyteam seiner Art in Mülheim. In der Stadt tut sich aber auch der TuS Union Mülheim im Sport für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen hervor.
Seit 2007 gibt es dort das „I-Team“ im Fußball. Verfolgen kann man die Aktivitäten der Special Fußballer von Union auf Instagram HIER.