Mülheim. Cheerleading emanzipiert sich vom klischeemäßigen Pausenfüller. Mittlerweile wird der Sport in zwei Mülheimer Vereinen angeboten. Das planen sie.
Wer mit Cheerleading konfrontiert wird, der denkt immer noch als allererstes an eher leicht bekleidete Mädchen, die mit Puscheln in der Hand als Pausenfüller vor allem bei US-Sportarten fungieren. Dabei steckt dahinter auch ernsthafter Sport, der in Mülheim mittlerweile von zwei Vereinen betrieben wird.
Die Turnhalle der Rembergschule an einem Samstagmorgen im Januar. Weit weg vom bunten Highschool-Charme. Ein Dutzend Mädchen ist zum Cheerleading-Training der Mülheim Shamrocks gekommen. Bis die Gruppe schwierige Choreografien mit menschlichen Pyramiden aufführen kann, wird es noch lange dauern. Zunächst stehen Basics auf dem Programm.
Auf was Cheerleaderinnen beim Training achten müssen
„Dehnen ist das Wichtigste und dass man ordentlich die Handgelenke aufwärmt“, erklärt Trainerin Sandy Kröger, die in ihrer hessischen Heimat Korbach zum Cheerleading gekommen ist. Die frühere Turnerin hat dabei viele Elemente ihrer ersten Sportart wiederentdeckt. Zum Training gehören auch viele sogenannte Tumbling-Elemente wie Handstand, Radschlag, Radwende oder Flickflack.
Später kommen die Handbewegungen für Tänze und Sprünge hinzu. Auch Kraftelemente werden ins Training eingebaut. Gleichzeitig wird auf die Ausstrahlung geachtet. „Denn wir wollen die Zuschauerinnen und Zuschauer ja auch anstecken mit der guten Laune“, sagt die Trainerin.
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Für sie ist Cheerleading „eine Leidenschaft und ein Sport, der Spaß macht und das Teambuilding fördert“. Gerade den Gruppensport habe sie vermisst, als sie ihr Hobby durch den Umzug ins Ruhrgebiet zeitweise drangeben musste. „Ich bin kein Mensch für das Fitnessstudio. Ich schweife dann ab, weil ich am Handy spiele“, schmunzelt die Trainerin, die schließlich bei den Shamrocks zu ihrer Leidenschaft zurückfand.
Cheerleader-Trainerin: „Wir sind nicht abhängig von Männern“
Dass die (mehrheitlich) Mädchen immer noch eher als Pausenfüller bei Sportveranstaltungen von Männerteams gesehen werden, findet sie schade. „Cheerleading ist nicht abhängig von Männern“, betont Kröger. Vorstandsmitglied Alina Knöpke ergänzt: „Es ist wirklich ein Hochleistungssport und wirklich anstrengend. Es ist nicht nur mal hinkommen und ein bisschen Spaß haben.“
Das sieht Valeska Beuten genauso. Sie ist stellvertretende Abteilungsleiterin der erst im Januar neu gegründeten Royal Cheer Academy beim TSV Viktoria und sagt: „Das Training ist sehr anspruchsvoll. Es ist ja im Grunde Akrobatik. Wenn am Ende Pyramiden entstehen, sind dafür ja mehrere Stunts notwendig.“
„Wir haben nicht nur Barbies“: Warum Alter und Vorerfahrung zweitranging sind
Ihrer Meinung nach spricht der Sport auch eine breite Zielgruppe an. „Wir haben nicht nur Barbies und kleine zarte Damen dabei“, betont sie. Zwar nimmt der TSV bereits Mädchen ab neun Jahren auf, in der älteren Gruppe sind aber auch Frauen über 30 dabei. „Solange man gelenkig ist und ein Rhythmusgefühl hat, steht einem alles offen“, sagt Beuten. Auch Männer seien willkommen.
Die beiden Trainerinnen Savannah und Melissa Steindl waren lange bei den Assindia Cardinals in Essen aktiv und gründeten 2016 die erste Cheerleading-Gruppe in Mülheim – bei den Shamrocks. Mit den „Shadows“ und den „Evergreen Extreme“ gab es zeitweise sogar zwei Gruppen. Wegen persönlicher Diskrepanzen trennten sich im vergangenen Jahr aber die Wege.
So fanden die Cheerleader zum TSV Viktoria Mülheim
Auf der Suche nach einer neuen Heimat wandte sich Valeska Beuten an jemanden aus ihrer Nachbarschaft: Dirk Winkelmann. Der Vorsitzende des TSV Viktoria war sofort Feuer und Flamme. „Es kamen auch sofort tolle Ideen, wie man uns einbinden kann“, berichtet die stellvertretende Abteilungsleiterin. Schon beim Zirkusprojekt zum 125-jährigen Bestehen waren die Cheerleader bereits involviert.
Neben den Trainingseinheiten donnerstags in der Halle an der Holzstraße und samstags in der Halle der Realschule Stadtmitte gibt es nun auch neue Trainingsmöglichkeiten im TSV-Zentrum an der Wissollstraße, wo das Tanztraining forciert werden kann.
Drei Meisterschaften sind in diesem Jahr schon fest geplant
„Wir können uns dem Sport jetzt noch intensiver widmen“, findet Valeska Beuten. Schließlich ist nicht mehr alles an einem Ligabetrieb ausgerichtet. Stattdessen wollen die „Imperial Blue” und „Blue Majestix” selbst an Meisterschaften teilnehmen. Ein erster Auftritt im Bottroper Movie Park ist vom 18. bis 20. Mai geplant. Mitte Juni treten die Mülheimerinnen in Koblenz, Anfang Dezember in Lemgo an. Auch für die Medl-Nacht der Sieger am 16. März sind die Cheerleader bereits angefragt.
Bei den Shamrocks läuft derweil der Neuaufbau. Am vergangenen Samstag fand ein großes Tryout für Interessierte statt. Der Lauf für die Liebe könnte der erste Auftritt des neuen Teams werden. Dazu kommt der Start der neuen Football-Saison. „Die Spiele sind erstmal unser Hauptziel, wir wollen aber auch an Meisterschaften teilnehmen“, sagt Trainerin Sandy Kröger. Erstes Fernziel ist die NRW-Meisterschaft 2025.
Mülheim Shamrocks suchen noch neue Mitglieder für die „Seniors“
Aufgeteilt werden die Cheerleader bei den Shamrocks in Juniors von 10 bis 17 Jahren und Seniors ab 18 Jahren. Vor allem im älteren Bereich werden aktuell noch Neuzugänge gesucht. Den größten Zulauf gibt es momentan zwischen 10 und 13 Jahren. „Der Erfahrungsstand ist gar nicht so wichtig“, freut sich die Trainerin auch auf Anfängerinnen oder Anfänger.
Zur Gewinnung neuer Mitglieder funktionieren am besten Kooperationen und vor allem Mitmachangebote. Vorstand Alina Knöple weiß: „Vor allem in der Pubertät ist die Hemmschwelle schwierig, wenn man nur einen Flyer in die Hand drückt.“
Nur so kann das Cheerleading in Mülheim – egal in welchem Verein – weiter wachsen.
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