Mülheim. Björn Joppien, der namhafte Neuzugang des VfB Grün-Weiß Mülheim, spricht über Ambitionen, Olympia 2004, und eine schwere Zeit 2010.

Es ist ein Transfer mit Nachhall, den der VfB Grün-Weiß Mülheim Anfang Februar perfekt gemacht hat. Dass mit Björn Joppien ein siebenfacher Deutscher Meister, ein U19-Europameister und ein Teilnehmer an den Olympischen Spielen 2004 in Athen in der kommenden Saison beim VfB angreifen wird, ist ein klares Signal an die Konkurrenz in der Regionalliga. Die Mülheimer wollen hoch.

Björn Joppien schätzt die Atmosphäre beim VfB Grün-Weiß Mülheim

Das sagt auch Joppien, sein Wechsel hat aber noch weitere Gründe. „Die Truppe reizt mich. Ich denke, dass man gemeinsam ein einem Strang zieht und sie sehr ausgeglichen ist. Es gibt keine Position, die eine Schwachstelle ist. Und zudem ist es auch sehr familiär. Ich freue mich auf eine geniale Saison“, so Joppien.

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Für den 40-Jährigen wird die trotz seiner immensen Erfahrung auch etwas Neues sein. Denn in seiner kompletten Karriere schlug er bisher lediglich in den Trikots des FC Langenfeld und der Nationalmannschaft auf. Schon mit dreieinhalb Jahren fing er mit dem Badminton in seinem Geburtsort Langenfeld an.

„Mein Vater hatte angefangen, Badminton zu spielen und da wollten ich und mein zwei Jahre älterer Bruder natürlich mit. Er hat uns ein paar Bälle zugespielt. So fing alles an“, blickt Joppien auf seine ersten Schritte der Weltkarriere zurück.

Zusammenarbeit mit Wang Xu Yang zahlte sich schnell aus

In der Jugend des damaligen Bundesligavereins machte Joppien schnell auf sich aufmerksam, sodass der chinesische Trainer Wang Xu Yang den Jungspund unter seine Fittiche nahm und ihn zur internationalen Klasse formte. „Es war ein sehr hartes Training, für das es auch viel Fleiß brauchte, das sich aber schnell ausgezahlt hat. Es war eine sehr erfolgreiche Konstellation mit ihm“, sagt Joppien heute.

1991 sicherte sich der Langenfelder durch seine harte Arbeit den ersten Titel bei der deutschen Mannschaftsmeisterschaft der Schüler. Es folgten zahlreiche weitere Erfolge im Jugendbereich – national sowie international bei der U19-Europameisterschaft 1999 in Glasgow.

Olympische Spiele 2004 in Athen als Höhepunkt der Karriere

Der Durchbruch war vorprogrammiert, was sich auch dadurch zeigte, dass er auch bei den Senioren im Einzel schon Deutscher Meister wurde, obwohl er eigentlich noch für die Jugend spielberechtigt war. Es folgten die Meistertitel von 2000 bis 2005, der zwischenzeitlich achte Platz auf der Weltrangliste, und die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2004 in Athen.

„Das war eine riesige Geschichte“, so Joppien. Die Spiele selbst seien bei Olympia „in Anführungszeichen noch das normalste, obwohl auch die sehr speziell sind. Das Drumherum ist aber noch viel bedeutender. Mit der ganzen Mannschaft anzureisen, die Vorbereitung zu haben und die Eröffnungsfeier mitzuerleben, war sehr beeindruckend. Das habe ich bis heute nicht vergessen. Ich habe mir vor Ort auch andere Wettbewerbe und Sportler aus anderen Nationen angeschaut. Das war schon alles sehr besonders, es waren zwei, drei Wochen Ausnahmezustand“, erinnert sich der IT-Produktmanager.

Das Pensum war auf Dauer zu hoch

Doch in dem Moment, in dem Joppien auf dem Olymp des Sports angekommen war, verschoben sich auch seine Prioritäten. Die Familienplanung rückte für den heute vierfachen Vater in den Vordergrund, hinzu kamen die Ausbildung und körperliche Beschwerden.

„Letztendlich habe ich das Ende meine Karriere schon 2004 langsam eingeleitet. In meinem Kopf war mit Olympia ein Ziel erreicht und es stand die Ausbildung und die Familie im Vordergrund, weshalb ich auch das Trainingspensum heruntergefahren habe“, so Joppien.

Trotzdem spielte er in der 1. Bundesliga zunächst weiter, von Jahr zu Jahr wurde es jedoch schwerer – für den Körper und den Kopf. Denn das Training und die Spiele auf Top-Niveau, parallel zur Ausbildung und zur Familie, zollten ihren Tribut.

Der Körper und der Kopf streikten irgendwann

„Irgendwann ist der Punkt gekommen, an dem das Trainingspensum eigentlich nicht mehr dafür ausgereicht hat, die Spiele in der 1. Bundesliga körperlich auszuhalten. Ich habe das zwar schon geschafft, aber eigentlich über dem Level gespielt, auf dem ich damals war. Es waren quasi dauerhaft 110 Prozent und auch deshalb kamen das eine oder andere Wehwehchen und on top noch Diabetes. Das hat mich etwas aus der Bahn geworfen und ich habe mir gesagt, ich muss mich erst einmal sammeln“, sagt Joppien mit Blick auf sein Karriereende 2010.

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Der Sport sei für ihn einfach kein Hobby mehr gewesen, sondern eine Verpflichtung, die Entfernung vom Badminton daher unvermeidlich.

„Wenn ich die Halle betreten habe, fühlte es sich nach Arbeit an. Es war kein Ausgleich für mich, weil ich auch ehrgeizig bin und es mich permanent frustriert hat, wenn ich nicht zum Ball gekommen bin“, so Joppien, der den Badmintonschläger deshalb erst einmal in den Tennisschläger eintauschte.

2017 feierte Björn Joppien sein Comeback

Doch so ganz ohne seinen Herzenssport ging es dann eben doch nicht, weshalb Joppien 2017 sein Comeback startete, schnell wieder die gewohnten Bewegungen draufhatte, gemeinsam mit Fabienne Deprez an der Deutschen Meisterschaft im Mixed teilnahm und bis dabei bis ins Viertelfinale vorstieß.

„So habe ich den Einstieg wiedergefunden. Danach sollte ich beim FC Langenfeld eigentlich in der Oberliga im Doppel und im Mixed spielen, es hatte sich am Anfang der Saison aber jemand aus der ersten Mannschaft im Einzel verletzt, sodass ich da eingesprungen und dann auch geblieben bin. Ich hatte wieder jede Menge Spaß am Einzel und habe auch Training im Verein gegeben“, sagt Joppien.

Beim VfB Grün-Weiß Mülheim möchte er oben angreifen

Eine Sache hatte sich da aber bereits grundlegend geändert: „Es war ein anderes Gefühl. Badminton ist für mich nun wieder Freizeit, wieder mein Hobby, mein Ausgleich. Natürlich habe ich weiterhin viel Ehrgeiz und arbeite akribisch, denn ich möchte ja nie verlieren. Aber es ist nicht mehr ein Gefühl des Müssens“, sagt Joppien.

Und genau mit dieser Herangehensweise möchte er nun auch beim VfB Grün-Weiß Mülheim, bei dem er Alexander Roovers und Vasily Kuznetsov noch von früher kennt, angreifen. Den Kontakt habe es schon vor einem Jahr gegeben und nun sei der Reiz, für einen neuen Verein zu spielen, einfach groß gewesen.

Die Liga war dabei gar nicht so entscheidend. Auch wenn Joppien sagt: „Ich bin ja zielorientiert. Wenn die Chance da ist, dann sollten wir versuchen aufzusteigen. Das möchte ich schon erreichen und das ist mit so einer Mannschaft auch zu schaffen.“

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