Mülheim. Der TSV Heimaterde macht einen gewaltigen Schritt und verkündet eine “Hammer-Verpflichtung“ mit Trainer-Erfahrung aus neun Ländern.

Beim Kinder- und Jugendbadminton sieht sich der TSV Heimaterde schon seit einiger Zeit als die „Nummer eins in Mülheim“, sagt Benjamin Kölsch, Vorstandsmitglied beim TSV und Leiter des Projektes ‚Heimaterde auf der Überholspur‘.

„Unsere Abteilung gibt es seit 2009, damals hatten wir null Kinder. Gemeinsam mit dem Abteilungsleiter Christian Schröder sind wir dann durch die Grundschulen gezogen und sind nun bei 100 Kindern. Da haben wir uns super entwickelt, das ist im Badminton eine gestandene Zahl“, so Kölsch mit dem entsprechenden Stolz in der Stimme.

Mit einer steigenden Mitgliederzahl wächst das Potenzial im Klub, aber ebenso die Verantwortung für die Entwicklung der Talente.

Das sieht auch Kölsch so: „Unsere bisherigen 20 Trainer arbeiten alle auf ehrenamtlicher Basis. Wir haben uns in den vergangenen zehn Jahren professionalisiert, wie es irgendwie ging. Und nun ist es der nächste Schritt, dass wir erstmalig mit der Abteilung auch als Arbeitgeber agieren und einen hauptamtlichen Trainer einstellen“, sagt er, der deshalb bereits im Mai 2020 den Posten international ausschrieb und knapp drei Monate später eine Vielzahl von Bewerbungen sichtete.

TSV Heimaterde holt ehemaligen Badminton-Nationaltrainer von Katar und Bangladesch

„Wir hatten je eine Bewerbung aus den Niederlanden und Indien. Hinzu kamen mehrere aus Deutschland und der Schweizer Nationalverband hat unsere Suche auf seiner Homepage geteilt“, so Kölsch. Und genau über diese Querverbindung fand der TSV schlussendlich seinen perfekten Bewerber: Nikhil Chandra Dhar.

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Der 43-Jährige aus Bangladesch war zuletzt als Nationaltrainer Katars aktiv. Dort wurde sein Vertrag aus coronabedingten Gründen allerdings nicht verlängert. Zum Glück für den TSV.

Denn zuvor arbeitete Dhar, der von 1993 bis 1999 selbst Nationalspieler für Bangladesch war, als Trainer bereits unter anderem für das Nationalteam aus Bangladesch, für das Shuttle-Time-Projekt des Badminton Weltverbandes, bei Lehrgängen in Nepal, Indien, Thailand, Bhutan, Sri Lanka, der Mongolei und auf den Malediven und als Trainer im Para Badminton.

Zudem war er Leiter und Trainer verschiedener Badminton-Akademien wie auch seiner eigenen und Angestellter beim asiatischen Badminton-Verband in Malaysia. Kurz: ein hoch dotierter Badmintonexperte mit internationalem Flair.

Nikhil Chandra Dhar besitzt die höchste Trainerausbildung

„Nun war es für ihn an der Zeit, Europa unsicher zu machen. Er hat die höchste Trainerausbildung des Weltverbandes absolviert. Das ist eine Hammer-Verpflichtung, der Wahnsinn“, so Kölsch, der den neuen Cheftrainer für die Jugend- und die Seniorenabteilung aber nicht nur auf Spitzen-Badminton reduzieren möchte.

„Er ist niemand, der sagt, er möchte nur die top Leute. Er war in vielen Ländern unterwegs und hat da Einsteiger unter den widrigsten Bedingungen an den Sport herangeführt. Als er 18 Jahre alt war, spielte Badminton eine kleinere Bangladesch als heute. Das hat er dort aufgebaut mit Sichtung in Grundschulen und Training. Da hat er die Spieler bis zur Nationalmannschaft begleitet“, sagt Kölsch.

Letzte Schritte, "um aus den Kinderschuhen herauszukommen"

Das Projekt beim TSV sieht das Vorstandsmitglied da bereits einige Sprossen weiter oben auf der Badminton-Leiter als so manches, das Dhar in seiner Vergangenheit angegangen ist.

„Er weiß, wie man etwas von klein auf aufbaut und groß macht. Und das ist der Weg, den wir in den vergangenen zehn Jahren schon beschritten haben und bei dem wir nun bei den letzten Schritten sind, um aus den Kinderschuhen herauszukommen. Er ist ein Macher, der einfach perfekt zu uns passt. Das ist schon eine Hausnummer, die Personalie“, freut sich Kölsch auf die Zusammenarbeit mit Dhar, der aktuell am Goethe-Institut in Bangladesch Deutsch lernt und vermutlich auch für die erste Mannschaft des TSV in der Landesliga aufschlagen wird.

Beantragung des Visums gestaltet sich kompliziert

Die Kooperation, die ausdrücklich vom Deutschen Olympischen Sportbund begrüßt wird, wird vermutlich zum 1. April starten – wenn denn alles mit dem Visum klappt. „Es ist aktuell noch eine Frage, wann er nach Deutschland kommen darf. Denn die Beantragung des Visums ist schon eine Aufgabe für sich. Wir versuchen schon seit August das Visum zu bekommen. Die Bearbeitungszeit dauert aber bis zu fünf Monate. Und die Möglichkeit der Fachkräfteeinwanderung gibt es nicht, weil Trainer kein offiziell anerkannter IHK-Beruf ist“, erklärt Kölsch die bürokratischen Schwierigkeiten.

Dadurch müsse der normale, aber eben auch der langsamere Weg der Visums-Beantragung gegangen werden und Dhar muss erst mal - und bis zu einem Jahr lang - ohne Begleitung seiner Frau, seiner zweijährigen Tochter und seines zehnjährigen Sohnes in Mülheim aufschlagen.

Doch mittlerweile sei all das auf einem guten Weg, versichert Kölsch. Und schlussendlich sind es zwar Stolperfallen, die Dhar auf seiner Reise nach Deutschland gestellt werden, aber dass er diese aus dem Weg räumen und Grenzen überwinden kann, hat der Bangladescher bereits sein Leben lang bewiesen.

Sowohl im Flugzeug als auch auf dem Badmintonfeld. Und auch das ist eine Fähigkeit, von der der TSV Heimaterde nur profitieren kann.

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