Mülheim. Der MSV und RuWa Dellwig lieferten sich ein rassiges, hochklassiges Match. Der MSV schien als moralischer Sieger - dann kam die Nachspielzeit.
Wenn ein Wort das Bezirksliga-Spitzenspiels zwischen dem Mülheimer SV und Ruwa Dellwig beschreiben müsste, wäre es wohl der Begriff energisch. Beide Mannschaften zeigten über 93. Minuten eindrucksvoll, warum sie in den vorherigen zwei Spieltagen sechs Punkte sammelten.
Ruwa trat ähnlich giftig auf, wie es das knallgrünes Trikot optisch bereits ankündigte. Jeder Zweikampf wurde mit viel Intensität geführt, clevere Verlagerungen und Durchbrüche auf den Außenbahnen bestimmten das Offensivspiel, in dem zudem auf hohes, aggressives Pressing gesetzt wurde. Doch der MSV ließ sich davon nicht einschüchtern, nahm den Kampf an und zeigte sich ähnlich kompromisslos.
Mülheimer SV: Benjamin Kuhlewey hat die Führung gegen Ruwa Dellwig auf dem Fuß
Die ersten beiden Chancen gehörten dennoch den Gästen. Zwei Mal, einmal nach einer Standardsituation, einmal aus dem Spiel heraus, kamen sie in den ersten zehn Minuten auf der rechten Angriffsseite gefährlich zum Abschluss, zwei Mal zischte der Ball jedoch am Tor vorbei.
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Der MSV brauchte zehn Minuten, um die erste Visitenkarte in der Offensive abzugeben: Eine Bogenlampe von Ishak Öztürk landete aber neben dem Tor. Nachdem sich die Mülheimer auf das Pressing der Gegner eingestellt hatten und dieses immer häufiger mit Chip-Pässen aushebelten, entwickelte sich ein ausgeglichenes Match, in dem die Mülheimer in der 20. Minute eigentlich in Führung hätten gehen müssen.
Über rechts brach der MSV durch, in der Mitte erlief Ardjent Emrula die etwas zu kurz geratene, flache Hereingabe und legte den Ball clever zurück, wo Benjamin Kuhlewey zum Einschießen wartete. Sein Versuch aus elf Metern wurde aber gerade noch so abgefälscht und sorgte so für enttäuschende statt freudige Rufe bei den zahlreich zum Saarnberg gepilgerten Zuschauern.
MSVs Philipp Reis rettet das 0:0 in die Pause
Die dicke Möglichkeit hatte etwas Eindruck hinterlassen bei RuWa. Beide Mannschaften nahmen sich eine kurze Durchschnaufpause, ehe Dellwig zum Schlussspurt der ersten Hälfte ansetzte. MSV-Keeper Phillip Giordani konnte sich durch gutes Abdecken der kurzen Ecke bei einem gefährlichen Schuss links im Strafraum auszeichnen, kurz danach löschten die Blau-Weißen mit vereinten Kräften den lichterloh brennenden Strafraum nach einem Eckball.
Dellwig hatte wieder etwas Oberwasser gewonnen, was auch MSV-Trainer Steininger registrierte, der sein Team zum schnelleren Umschalten anpeitschte.
Dass es beim 0:0 zur Pause blieb, hatte er vor allem dem umtriebigen Phillip Reis zu verdanken, der unmittelbar vor dem Pausenpfiff eine Hereingabe von RuWa gerade noch so zur Ecke klären konnte – hinter ihm hatten zwei Akteure im grünen Trikot bereits zum Einschieben und Jubeln angesetzt.
Zu Beginn der zweiten Hälfte geht es Schlag auf Schlag im Bezirksliga-Spitzenspiel
Im zweiten Spielabschnitt dauerte es dann jedoch nur ein paar Zeigerumdrehungen, bis Dellwig dies nachholen konnte. Die Essener präsentierten sich nach einem Foulspiel im linken Mittelfeld einfach einen kurzen Moment cleverer und wacher. Der Ball wurde - sehr zum Unmut Steiningers - ein paar Meter nach vorne gerollt und schnell per Diagonalball nach rechts gespielt. Dort zündete Ruwas Timo Wolter den Turbo und knallte die Kugel mit ebenso viel Speed in die Mitte. Hassan Al Hamad reagierte am schnellsten und hielt die Rübe zum Führungstreffer hin (50. Minute).
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Doch der MSV zeigte sich nur wenig beeindruckend. Mit viel Wut im Fuß weckte Joel Schoof seine Mannen mit einem Distanzschuss, den Dellwigs Keeper gerade noch so über die Latte lenkte, wieder auf. Bei der darauffolgenden Ecke verfielen die Duisburger dann in einen Sekundenschlaf. Der Ball fiel kurz hinter dem Elfmeterpunkt herunter, Sören Zachries spritzte in ihn herein, traf die Kugel zunächst nicht richtig, setzte aber nach und fand so mit dem 1:1 die perfekte Antwort.
Ruwa Dellwig bricht immer wieder durch die linke Seite des MSV durch
Danach war die Partie von Nicklichkeiten geprägt, wenn aber ein Team Gefahr ausstrahlte, dann Dellwig – und das vor allem über die linke Abwehrseite des MSV. Gleich zwei Mal flog die Kugel gefährlich durch den 07er-Strafraum, beides Mal fehlte in der Mitte aber der Abnehmer. Besser machten es die Gäste in Minute 74. Erneut war auf der linken Defensivseite zu viel Platz, diesmal war die Hereingabe jedoch so genau, dass Dominik Hendricks im Zentrum aus 12 Metern keine Mühe hatte, gegen die Laufrichtung des MSV-Schlussmanns zur erneuten Dellwiger Führung einzuschieben (74.).
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Ein Rückschlag, für dessen Verdauung der MSV diesmal ein wenig länger brauchte. Acht Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit forderte der MSV plötzlich Elfmeter. Tunahan Askar wurde über rechts gut freigespielt und passte flach in den Strafraum. Dort kam Zachries im Zweikampf zu Fall. Eine knifflige Situation, ein Kontakt war definitiv vorhanden und Ruwa hätte sich über einen Pfiff von Schiedsrichter Alexander Jaskolla nicht beschweren dürfen.
Der Unparteiische, der das ganze Spiel über eher eine großzügige Regelauslegung an den Tag legte – was beide Mannschaften 90 Minuten lang sowohl taktisch als auch in den Zweikämpfen durchaus ausnutzten - entschied jedoch zum blau-weißen Unmut auf Weiterspielen. Eine Fehlentscheidung, wie auch Ruwas Kapitän Deniz Hotoglu nach der Partie im Austausch mit Steininger zugab.
Am Ende überschlagen sich die Ereignisse
So bitter diese Aktion auch aus Mülheimer Sicht war, so emotionalisierend war sie auch. Der MSV warf noch einmal alles nach vorne und brachte sein Kämpferherz auf den Platz. Zunächst bei einer Rudelbildung, die Schiedsrichter Jaskolla gut wegmoderierte, dann auch fußballerisch. Askar fand mit einer Flanke von rechts genau die passende Lücke im Dellwiger Abwehrbollwerk, Zachries stand im Sechzehner goldrichtig und setzte einen Kopfball schulbuchmäßig zum 2:2-Ausgleich ins Netz (90.).
Gerade als der MSV somit zwar auf dem Papier nur das Remis sicherte, aber als moralischer Sieger aus dem Duell zu gehen schien, schlug Dellwig in Form einer Spitzenmannschaft doch noch einmal zurück. Erneut führten sie einen Freistoß sofort aus, überrumpelten somit noch einmal die ungeordnete MSV-Abwehr, tauchten frei vor dem Tor auf und hoben die Kugel zum 3:2 ins Netz. Die Jubeltraube Dellwigs nach dem Tor war der perfekte, wenn auch für den MSV traurige Abschluss einer rasanten Partie.
MSV-Trainer Dimitri Steininger ist dennoch „stolz“ auf sein Team
Bei MSV-Trainer Steininger saß der Frust über die späte Pleite nach Abpfiff - auch wenn Dellwigs Hotoglu nur Komplimente fand und den MSV als stärksten bisherigen Gegner Ruwas bezeichnete - noch tief. „Wir haben das umgesetzt, was wir uns vorgenommen Wir haben gesagt, wir können den Gegner nur über Aggressivität schlagen. In der ersten Hälfte haben wir eine Halbchance mehr aber es war ein gerechtes 0:0. Dann ärgert es mich aber einfach, dass wir zwei Mal nicht schnell genug umschalten“, so Steininger, der aber auch noch lobende Worte fand: „Wir haben eine super Moral bewiesen, nicht aufgesteckt und immer weiter dran geglaubt. Ich bin stolz auf die Mannschaft, weil man es uns so auch nicht zugetraut hatte. Wir hatten in der Vorbereitung einige Verletzte und auch Absagen. Dafür bin ich mit den ersten drei Spieltagen sehr zufrieden.“
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