Mülheim. An der belgisch-holländischen Grenze kosten abgerissene Hinweisschilder dem Mülheimer Adam Hetmanski viel Zeit. 2020 will er einen Rekord knacken.

Wenn Adam Hetmanski von seinen Erlebnissen im Sport berichtet, dann leuchten seine Augen vor Begeisterung. Dann durchlebt er seine Wettkämpfe noch einmal, obwohl die mit großen Qualen verbunden waren. Schließlich hat sich der 48-jährige Mülheimer dem Ultratrail verschrieben – Läufen in den Bergen, mit großen Höhenunterschieden, über viele Stunden, zum Teil über 100 Kilometer. Da fallen 3,4 umsonst gelaufene Kilometer fast gar nicht ins Gewicht.

Das vorletzte Wochenende an der belgisch-niederländischen Grenze: Hetmanski startet beim „Beartrail 100“. Die Zahl gibt die Kilometer-Distanz an. Der Start erfolgt um sechs Uhr morgens. Nach kurzer Zeit entwischen die ersten Ausreißer. Der Mülheimer hat nach 18 Kilometern etwa vier Minuten Rückstand auf die Spitze.

Gruppe mit Belgiern, Holländern und Spaniern

Es bilden sich Gruppen, man kennt sich in Europa. Hetmanski hat sich mit einigen Belgiern, Holländern und Spaniern zusammengetan. Bei Kilometer 40 schließen sie zum Zweit- und Drittplatzierten auf. Gemeinsam passieren sie den Verpflegungsstand am Drei-Länder-Eck.

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Doch plötzlich stehen die Läufer im Nirgendwo. Keine Schilder weisen mehr den Weg. Was jetzt? „Wir mussten 1700 Meter wieder zurücklaufen zum Verpflegungspunkt“, erklärt Hetmanski. Aus ungeklärter Ursache sind die Wegweiser abgerissen worden. „So einen Vandalismus habe ich noch nie erlebt“, ärgert sich der Mülheimer. Die Gruppe informiert die Wettkampfleitung, um den Rest des Feldes vor dem Umweg zu bewahren.

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Bis auf rang 18 zurückgefallen

Die Taktik war damit über den Haufen geworfen. „Wir haben damit eine halbe Stunde verschenkt“, erklärt er. Er und seine Mitstreiter fielen auf die Plätze 15 bis 18 zurück. Für eine gute Position half nun nur noch eins: Attacke! Bei Kilometer 70 lief Hetmanski wieder an die Positionen fünf und sechs heran. Die Konkurrenz wusste aber freilich um seine Situation und verschärfte sofort das Tempo. Es lag nun bei unter vier Minuten pro Kilometer. „Ich habe drei Kilometer gebraucht, um einen 300-Meter-Rückstand zuzulaufen“, schildert der Ultraläufer.

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Er wusste, dass ihm die letzten vier Kilometer liegen. Beim Auflaufen auf die Sportler an den Positionen fünf und sechs kam er kurz ins Straucheln, zog dann aber sofort 40 Meter an den Kontrahenten vorbei. Als Fünfter kam er ins Ziel. „Ich habe gar nicht geglaubt, dass wir überhaupt noch rankommen“, sagt Hetmanski glücklich.

Das Training hat er nun um 30 Prozent zurückgefahren. Am 5. April steigt er auf der Flachdistanz in Herne über sechs Stunden in die neue Saison ein. Die beginnt immer mit der Grundlagenschnelligkeit, dann geht Hetmanski in den Ausdauer- und Kraftausdauerbereich über. „Viele haben nicht geglaubt, dass das Flache und die Berge zusammen funktionieren, aber beides greift super ineinander“, erklärt er.

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Rekordversuch über zwölf Stunden

Vier Wochen später steigen die 24 Stunden in Basel. Dort will er den deutschen Rekord über die zwölf Stunden brechen. Er läuft dazu aber dennoch die doppelte Distanz. „Der 12-Stunden-Start ist erst um Mitternacht, da würde ich zwölf Stunden Energie vergeuden“, sagt Hetmanski. Das kommt für den Mülheimer überhaupt nicht in Frage. Er will jede Minute nutzen. „Für mich könnte der Tag 36 Stunden haben.“

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Im Juni geht es dann wahrscheinlich nach Val-d’Isére, danach entweder zum Mont Blanc oder zum Tor du Geants im Aostatal. Ans Aufhören denkt er auch mit bald 49 Jahren nicht. „Das ist mein Lebenselixier. Es gibt mir die physische und psychische Stärke für den Alltag“, betont Adam Hetmanski. Man lerne, Grenzen zu überschreiten. Von den spannenden Geschichten und Erlebnissen ganz zu schweigen. Und seien es Umwege von 3,4 Kilometern.