Moers. SV Scherpenbergs neuer Trainer hat große Pläne. Wie er die Aufstiegschancen einschätzt - und auf welcher Position er noch Nachholbedarf sieht.
Christian Mikolajczak ist wahrlich kein gewöhnlicher Fußball-Landesliga-Trainer. Der 43-jährige neue Coach des SV Scherpenberg hat als ehemalige Profi fast alles mitgemacht: WM-Einsätze in Argentinien, eine verpasste Bundesliga-Meisterschaft mit Schalke 04, einen DFB-Pokalsieg mit Königsblau, viele Aufstiege von der Landesliga bis zum Zweitliga-Titel, ein schmerzhafter Abstieg mit Holstein Kiel. Und nun Scherpenberg. Der Kurzfrist-Nachfolger des abgesprungenen Rene Lewejohann (zum KFC Uerdingen), der als Feuerwehrmann in Oberhausen im Einsatz ist, aber nur 250 Meter von der Asberger Platzanlage entfernt wohnt, arbeitet seit gut zwei Wochen beim personell stark veränderten Moerser Ortsteilverein.
Herr Mikolajczak, mit welchem Anspruch gehen Sie an Ihre Aufgabe praktisch vor der Haustür heran?
Christian Mikolajczak: Mein Trainerteam und ich werden versuchen, die Spieler in einen Topzustand zu bekommen. Wir wollen eine Mannschaft haben, die sich am Wochenende für den Verein zerreißt. Und wir wollen natürlich etwas erreichen in der Landesliga. Die Grundfitness ist schon da, es wird allerdings auf die fußballerischen Dinge ankommen, um Erfolg zu haben.
SV Scherpenberg sucht noch einen konkurrenzfähigen Innenverteidiger
Die Mannschaft ist ja in weiten Teilen neu zusammengestellt. Welche Baustellen haben Sie noch zu schließen?
Wir wollen alle Positionen doppelt besetzt haben. Es fehlt derzeit noch ein konkurrenzfähiger Innenverteidiger. Dazu sind wir weiter in der Findungsphase, die viele Gespräche und auch viele Übungseinheiten nach sich zieht. Grundsätzlich müssen sich alle Spieler beweisen und in einer weitgehend neuen personellen Konstellation auch an der Seitenlinie ihre mögliche Komfortzone verlassen. Das ist natürlich bisweilen anstrengend. Aber nur so werden wir Erfolg haben.
Der am Ende in die Oberliga führen kann? Mit dem VfB Speldorf sind Sie den Aufstiegsweg als Trainer ja schon einmal gegangen.
Es ist schwierig, jetzt schon das höchste Ziel auszugeben, ohne alles schon wirklich gut einschätzen zu können. Man braucht Glück, darf keine gravierenden Verletzungen haben, die Spieler hinten dran müssen entsprechend auch fürs Team da sein.
SV Scherpenberg muss auf drei knieverletzte Spieler noch verzichten
Drei Ihrer aktuell 22 Feldspieler sind nach schweren Knieverletzungen aus der alten Saison weiter gehandicapt. Wie ist der Stand der Dinge?
Kapitän Nico Frömmgen wird sicher noch Zeit brauchen, stößt aber nun wieder zur Mannschaft, um auch so nah wie möglich dran zu sein. In Samet Sadiklar könnte uns ein Knipser vorn zum ersten Spieltag am 18. August fehlen. Außenverteidiger Danny Steinmetz macht im Training schon mit, hat aber bei Richtungswechseln noch so seine Schwierigkeiten.
Sie bringen nicht nur Erst- und Zweitliga-Erfahrung als ehemaliger Mittelfeldspieler mit, Sie haben auch unter vielen Profitrainern gearbeitet. Wer hat Sie am meisten beeinflusst?
Huub Stevens verdanke ich auf Schalke die Möglichkeit, in der Bundesliga zu spielen. Er ist natürlich einer, der seine Mannschaft sehr gut pushen kann. Von Ralf Rangnick habe ich in der Zweitliga-Aufstiegssaison bei Hannover 96 brutal viel taktisches Verständnis mitbekommen. Auch die Zeit unter Frantisek Straka bei LR Ahlen war wertvoll. Er hat ja für Tschechien unter anderem bei der WM 1990 mitgespielt.
Christian Mikolajczak hat auch unter Werner Lorant beinhart trainiert
Sie hatten auch eine Saison in Ahlen beinhart Werner Lorant vor der Nase?
Das ist natürlich ein Typ, der einen pusht und nach vorn bringt. Zu diskutieren gab es bei ihm aber nicht viel. Er hat sehr auf Teamgeschlossenheit gesetzt. Da gab es einfach nur „Bähm“ - alte Schulte eben.
Die meisten Spiele haben Sie allerdings unter Georg Mewes gemacht, bei der SV Hönnepel-Niedermörmter nach Ihrer Profikarriere.
Stimmt. Schorsch weiß, wie man eine Mannschaft zusammenhält. Auch das war ein wenig alte Schule. Aber wir waren damals brutal gut, waren als Dorfverein ähnlich durchgestartet wie einst Wacker Burghausen bis in die Zweite Liga. Wir haben in der Oberliga gegen Uerdingen und Wuppertal gewonnen, was kein Zufall war. Und wir haben auch die Meisterschaft gefeiert...
... den Aufstieg in die Regionalliga aber sausen lassen.
Das war für alle Spieler schon eine große Backpfeife damals. Aber es gab einfach zu wenig Hilfe von außen, um bei Hö.-Nie. auf dem Acker wirklich Regionalliga bewerkstelligen zu können.
Verpasster Bundesliga-Titel 2001 mit dem FC Schalke 04
War das einer der schwärzesten Momente für Sie im Fußball?
Ganz sicher. Zwei Dinge haben aber noch mehr geschmerzt. Der Abstieg 2007 mit Holstein Kiel in die damals viertklassige Oberliga. Und natürlich die verpasste Bundesliga-Meisterschaft 2001 mit Schalke 04, als die Bayern in Hamburg in der Nachspielzeit per Freistoß uns noch den Titel vor der Nase weggeschnappt haben. Da war das Gefühl danach, in der Kabine, auch später zu Hause noch tagelang schwärzer als schwarz.
Immerhin gab es auf Schalke auch einige schönste Momente.
Dazu zählt der DFB-Pokalsieg im Finale 2001 über Union Berlin. Oder auch das 4:0 im Derby bei Borussia Dortmund, wo ich mitgespielt habe. Mein Highlight ist allerdings die Teilnahme an der U20-Weltmeisterschaft im Juni 2001 in Argentinien unter Bundestrainer Uli Stielike, der zuvor viele Jahre für Real Madrid gespielt hatte, und seinem Co-Trainer Horst Hrubesch. Die Vorrunde haben wir mit zwei Siegen gegen Kanada und den Irak überstanden. Brasilien mit Kaka in der Offensive hat uns allerdings in der Gruppe vor sich hergespielt. Das Viertelfinale in Buenos Aires gegen Argentinien musste ich aber sausen lassen.
Wie kam das?
Im Achtelfinale hat uns Frankreich mit einem gewissen Djibril Cissé vornweg, später ja Champions-League-Sieger mit dem FC Liverpool, in der 92. Minute in Córdoba rausgeschossen. Die Schmach von Córdoba von 1978 (2:3 gegen Österreich bei der WM nach zwei Krankl-Toren, d. Red.) konnten wir damals leider nicht nachträglich tilgen.