Herne/Wanne-Eickel. Kai Gera (SPD) hört als Vorsitzender des Herner Sportausschusses auf: „Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt.“ Jetzt lockt eine neue Aufgabe.

Sport in Herne und Wanne-Eickel – das heißt nicht nur Tore, Punkte, Meisterschaften! Denn um diese möglich zu machen, gibt es Funktionäre, Trainer, Betreuer und unzählige Ehrenamtliche. Und Sportpolitiker, deren Aufgabe es ist, eine Basis für die „Sportstadt Herne“ zu legen. Kai Gera (51, SPD) gehört seit elf Jahren zu dieser Gruppe, sechs Jahre davon in der ersten Reihe. Jetzt hört er als Vorsitzender des Sportausschusses auf – er will Bürgermeister seiner Heimatstadt werden.

Gemeinsam mit der WAZ zieht er im Interview zu Stichpunkten und Fragen Bilanz.  

Das für Sie politisch schönste Ereignis in Ihrer Zeit als Ausschussvorsitzender war, …


Kai Gera: … dass wir unsere Hausaufgaben alle gemacht haben. So konnten wir bis Ende 2019 trotz einer äußert schwierigen Haushaltslage ca. sieben Mio. Euro in unsere Sportstätten investieren. Das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit, und das verbuche ich auch für mich als Erfolg. Und 2020 ist noch nicht dabei! Da kommen noch einmal gut 1,5 Mio. Euro hinzu. Aber auch die vollzogenen Umbaue von zahlreichen Aschen- in Kunstrasenplätze sind angesichts der Kassenlage für mich immer tolle Ereignisse gewesen. Ebenso die Verlängerung des Paktes für den Sport in Herne, der unter anderem festschreibt, dass alle Sportanlagen gebührenfrei genutzt werden dürfen. Dies ist nicht in jeder Stadt so.

Viele Diskussionen, wenn Sporthallen kurzfristig geschlossen wurden

Enttäuscht waren Sie in dieser Zeit über …

… die vielen Diskussionen, wenn Sporthallen ganz kurzfristig geschlossen werden mussten. Das hat mich oft auf die Palme gebracht. Vor allem die Kurzfristigkeit, nämlich von heute auf morgen, sowie die Dauer. Beides war für mich teilweise nicht ausreichend begründet. Darüber habe ich mich sehr geärgert und wir mussten viele Gespräche, in der Regel mit dem Gebäudemanagement, ausfechten, in denen es um das „Warum, Wieso, Weshalb“ ging. Vor allem konnte ich nie mittragen, wenn eine Sporthalle längerfristig für den Vereinssport geschlossen werden musste, weil der Hausmeister krankheitsbedingt fehlte. Und das kam leider oft vor. Durch Neueinstellungen und Vertretungspläne ist hier aber Besserung in Sicht. Aber auch durch die regelmäßigen Treffen mit dem GMH, der Sportverwaltung und dem SSB, die wir in dieser Legislaturperiode eingeführt haben.  Dadurch konnten wir zum Beispiel verhindern, dass mehrere Sporthallen gleichzeitig auf einen Schlag geschlossen werden mussten.

Double des Herner TC als sportliches Highlight der letzten sechs Jahre

Sportlich hat Sie in Ihrer Zeit als Vorsitzender besonders gefreut …

... ganz klar das Double der Basketballdamen des Herner TC mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft und dem Pokalsieg 2019. Das war das Highlight in den vergangenen sechs Jahren. Aber auch die Erfolge des Herner EV, der auf einem sehr guten Weg war, ehe die Mannschaft in diesem Jahr durch die Pandemie gestoppt wurde. Wer weiß, wo das noch hingegangen wäre …

Olympisches Feuer in Wanne-Eickel wäre ein „Hammer“

Bleiben wir beim großen Sport: Olympia 2032 in der Rhein-Ruhr-Region hat Chancen, …

…weil ich mich schon auf Minigolf im FunPark Eickel freue (lacht). Ich begrüße eine Bewerbung sehr, weil sie eine Mega-Chance für die gesamte Region ist.  Nichtsdestotrotz muss über Olympia grundsätzlich geredet und das eine oder andere hinterfragt werden. Vor allem bei den Funktionären, ob das alles noch so richtig ist, was sie machen. Und Minigolf ist kein Spaß: Vor vier Wochen, bei der offiziellen Eröffnung der Anlage in Eickel, hat der Präsident des Verbandes darauf hingewiesen,  dass Minigolf als Randsportart durchaus olympisch werden kann. Und dann könnte in unserer Stadt das olympische Feuer brennen – das wäre schon ein Hammer.  

Bewerbung um das Amt des Bürgermeisters

Aufhören werden Sie, weil …

… ich mich um das Amt des Bürgermeisters bewerbe. Falls ich Anfang November im Rat gewählt werde, wird diese neue Aufgabe viel Zeit in Anspruch nehmen. Und auch mein Tag hat nur 24 Stunden. Und das Amt eines Sportausschussvorsitzenden gehört zu den zeitaufwändigsten.

Weil …

… er oder sie viele, viele Repräsentationsaufgaben erfüllen muss. Hinzu kommen Termine und Treffen mit den Vereinen, mit der Sportverwaltung, mit dem Stadtsportbund. Und alle sechs Wochen, das habe ich eingeführt, kommt eine sogenannte Elefantenrunde zusammen, in der wir Dinge vorbereiten, anstoßen oder besprechen, wo es besonders hakt. Da sitze ich dann mit dem Sportdezernenten, dem Fachbereichsleiter Sport und dem SSB-Vorsitzenden an einem Tisch.

Kai Gera (re.) als Sportausschuss-Vorsitzender mit (v.li.) Hans Peter Karpinski, Oberbürgermeister Frank Dudda und Sportdezernent Johannes Chudziak im Juli 2019 bei der Unterzeichnung der Neufassung des „Paktes für die Sport“.
Kai Gera (re.) als Sportausschuss-Vorsitzender mit (v.li.) Hans Peter Karpinski, Oberbürgermeister Frank Dudda und Sportdezernent Johannes Chudziak im Juli 2019 bei der Unterzeichnung der Neufassung des „Paktes für die Sport“. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Der Sportpolitik nicht den Rücken kehren

Vermissen werden Sie …

… das kann ich nicht sagen, weil ich nicht weiß, was fehlen wird. Ich möchte aber als normales Mitglied für meine Partei im Sportausschuss bleiben. Ich habe den Sport in Herne und Wanne-Eickel elf Jahre mitgeprägt und werde nicht, weil ich eventuell Bürgermeister werde, der Sportpolitik jetzt den Rücken kehren. Da gebe ich lieber meine Sitze in anderen Ausschüssen ab.

Ihrem Nachfolger oder Ihrer Nachfolgerin wünschen Sie …

… viel Erfolg bei der Gestaltung der sportlichen Infrastruktur in den kommenden fünf Jahren. Und – ich glaube es gehabt zu haben – das nötige Fingerspitzengefühl im Umgang mit allen Vereinen, dem Stadtsportbund und der Sportverwaltung. Er oder sie muss erste(r) Ansprechpartner/in für die Vereine und den SSB sein. Und das so harmonisch, wie es bei mir war.

Die Plätze ansehen und die Hallen nicht außer Acht lassen

Gestaltung in der Sportinfrastruktur! Was gibt es denn für Möglichkeiten?

Alles, was sich die Sportpolitik vor sechs Jahren vorgenommen hat, wurde durchgezogen. Auf den Weg gebracht wurden das Horst-Stadion in Holsterhausen und der Stratmannshof in Röhlinghausen, wo auch der Hockeyverein eine neue Heimat bekommen soll. Nach 2020 werden wir uns weitere Anlagen ansehen und den Renovierungsbedarf ermitteln. Dies heißt nicht, dass sofort ein neuer Kunstrasen gelegt wird. Wir müssen genau hinsehen, wie die Anlagen ausgelastet sind und wie es um die Jugendarbeit in dem Verein steht. Wir dürfen auch nicht die Augen davor verschließen, dass die Zahl der aktiven Sportlerinnen und Sportler zurückgeht.

Tat es Ihnen eigentlich weh, Sportplätze aufzugeben?

Es war kein Vergnügen! Aber wir haben es mit Verstand gemacht. Ich glaube, dass es uns gelungen, dank der neuen Anlagen die Vereine zufrieden zu stellen.

Es wird in den kommenden fünf Jahren also kein weiterer Sportplatz aufgegeben?

Wir werden uns alle Plätze ansehen und dann prüfen, was finanziell möglich ist. Denn ohne Geld können wir nicht sanieren, geschweige umbauen. Aber ganz wichtig: Wir dürfen die Sporthallen nicht außer Acht lassen. Hier müssen wir den Spagat hinbekommen, dass die Kommunikation zwischen der GMH, den Schulen und dem Sport passt. Auch hier müssen wir uns eine Halle nach der anderen anschauen …

Bau einer neuen Halle ist ein Wunsch geblieben

A propos Sporthallen! Sie hatten mal den Wunsch, eine neue zu bauen …

… und das ist leider ein Wunsch geblieben. Schön wäre eine Dreifach-Sporthalle, ähnlich wie am Westring, gewesen, die auch der Leistungssport nutzen kann. Aber das ist ein Traum, denn da wären gleich zig Millionen Euro fällig geworden.

Im Sportausschuss herrschte in den letzten Jahren auffallend viel Harmonie – ganz im Gegensatz zu anderen bürgerschaftlichen Gremien. Woran liegt das?

Wenn man sich alle Beschlüsse im Ausschuss anschauen würde, sind, das behaupte ich jetzt mal, mindestens 90 Prozent davon einstimmig gefallen. Der Sport scheint tatsächlich alle zu verbinden, selbst in der Politik. Und es herrscht eine große Einigkeit darüber, möglichst alle Sportler und alle Sportarten in unserer Stadt, wenn es irgendwie möglich ist, zu unterstützen.

Zur Person

Kai Gera ist 51 Jahre jung, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Der Versicherungsfachmann gibt als Hobby „Kommunalpolitik und Karneval“ an. Im Sportausschuss sitzt der SPD-Politiker seit Oktober 2009, seit dem 1. Juli 2014 als Vorsitzender.


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