Herne. Immer laut, immer provokant, immer polarisierend: Knappmann war viel bei Westfalia, er war Westfalia. Eine Analyse zum Herner Trainer-Rücktritt.
Einer der letzten Sätze, die Christian Knappmann als Trainer von Westfalia Herne gesagt hat, lautet: „Geld schießt Tore.“ Wer wüsste es besser als Knappmann, der in seiner Karriere von vielen verschiedenen Vereinen für viele Tore gut bezahlt wurde. Mit dem Satz erklärt Knappmann, warum Westfalia Herne einen Fehlstart in der Oberliga hingelegt hat, siegloses Schlusslicht ist. Dass es in dieser Situation einen Trainerwechsel gibt, ist im Fußball auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches – auf den zweiten schon.
Christian Knappmann kam im Sommer 2015 zum gerade in die Oberliga abgestiegenen SC Westfalia Herne. Torjäger, Jugendkoordinator, Jugendtrainer, Cheftrainer war Knappmann in seinen sechs Jahren bei Westfalia Herne, aber oft hatte man auch den Eindruck: Knappmann war Westfalia Herne.
Schon länger ging im Klub wenig ohne ihn. Oder sogar fast gar nichts. Sponsoren, Berater, Spieler, Ausrüster, Fans, vermutlich auch der Insolvenzverwalter: „Knappi“ war der erste Ansprechpartner für alle, das Aushängeschild und das Gesicht des Vereins. Im Guten wie im Schlechten.
Westfalia Herne: Knappmann hat immer alles für Herne gegeben
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Knappmann hat immer alles für Westfalia Herne gegeben. Als Stürmer wechselte er den Klub eher nach einer Halbserie als nach einer Saison, aber als Trainer in Herne blieb er. Er hat dafür gesorgt, dass der Verein Beachtung fand, dass er selbst in der sechsten Liga über die Stadtgrenze hinaus interessant blieb. Über Knappi wird geredet. Er kann Fans mitreißen, Leute auf seine Seite ziehen, begeistern. Spieler sowieso. Oft lieferte Westfalia Herne Spiele ab, in denen Besonderes geschah. Aber er polarisiert auch. Rund um Christian Knappmann wird alles lauter, der Jubel genau so wie die Häme.
„Immer am provozieren“, so war ein schönes, langes Porträt über Christian Knappmann betitelt, das im Fußballmagazin „11 Freunde“ veröffentlicht wurde. Hinter dieser Fassade steckte auch immer ganz viel sportliche Akribie. Aber ein Bierbänke-schmeißender Trainer macht sich eben nicht nur Freunde, egal wie viel Herzblut er in Taktik und Trainingsvorbereitung steckt.
Westfalia Herne kann den Neuaufbau jetzt in Ruhe angehen
Für viele war Westfalia Herne zuletzt der Knappmann-Verein, über dessen Niederlagen man sich ein bisschen mehr freut, dessen Niederlagen auch immer Beachtung finden. Westfalia Herne ist eben nicht egal. So sehr Knappmann sich um den Klub verdient gemacht hat, wohl auch zur Zeit des Insolvenzverfahrens andere Angebote abgelehnt hat, so sehr hat er danach sicher auch dafür gesorgt, dass Westfalia Herne kein „normaler“ Klub wird.
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Ein Klub, der eben absteigt, wenn er nicht genug Geld für genug Tore hat. Und der nächstes Jahr vermutlich in der Liga spielt, in die er von seinen Strukturen her gehört – ob das nun die Oberliga ist oder die Bezirks-, Landes- oder Westfalenliga. Diesen Schritt kann der Klub nun in Ruhe durchführen. Finanziell solide nach dem geschafften Insolvenzverfahren, mit einem erfahrenen Vorsitzenden Ingo Brüggemann an der Spitze. Und ohne den Lautstärke-Faktor Christian Knappmann, auch wenn sein Abgang ein sportlicher Verlust ist.
Der Trainerwechsel ist folgerichtig
„Man kann der Mannschaft von der Einstellung her nichts vorwerfen“, sagte Christian Knappmann auch am Sonntag, nach seinem letzten Spiel als Herner Trainer, ein 0:2 gegen Siegen. Er hatte das zuvor schon so oder so ähnlich nach einem 0:4 in Hamm gesagt. Und nach dem Aus im Kreispokal beim Castrop-Rauxeler Bezirksligisten BG Schwerin. Für mehr reicht es einfach nicht.
Dass Christian Knappmann das Traineramt jetzt abgibt, ist folgerichtig. Für Westfalia Herne ist die Situation eine Chance – zu verlieren hat der Verein aktuell wenig.