Herne. Ein früher 28:2-Run entscheidet die Partie in Nördlingen. Herner TC präsentiert sich als ausgeschlafenes Team. Nun geht es final um Rang zwei.

Das war stark. Eine Woche vor dem Start in die Playoffs zeigten sich die Basketballerinnen des Herner TC in blendender Verfassung und feierten in Nördlingen einen nie gefährdeten 73:44 (38:18)-Erfolg. Gewinnen sie am Mittwoch auch ihr letzten Nachholspiel in Heidelberg, verdrängen sie den TSV Wasserburg noch vom zweiten Platz.

Sollte die Saison noch vor Ende der Playoffs wegen Corona abgebrochen werden müssen, wären die Hernerinnen dann deutscher Vizemeister.

Dem Herner TC ist noch einiges zuzutrauen

Dieses Szenario möchte wohl niemand, am wenigsten die HTC-Frauen. Denen nämlich ist nach dieser glänzenden Vorstellung noch einiges zuzutrauen.

In der nordbayerischen Kreisstadt machten die Piotrowski-Schützlinge binnen zehn Minuten alles klar. Verlegten sie in der Anfangsphase noch etliche Bälle und hatten auch defensiv noch nicht den vollen Zugriff, so erhöhten sie nach einem 4:8-Rückstand massiv die Intensität, stressten die ballführende Angels-Spielerin, verstellten die Passwege, kontrollierten die Zone und brannten nach Ballgewinn offensiv ein hübsches Feuerwerk ab.

Innerhalb von zehn Minuten sind alle Fragen beantwortet

Binnen zehn Minuten wurde aus dem 4:8 (4.) ein 32:10 (14.), und nach diesem 28:2-Run war es offenkundig: Diese Partie konnte nur einen Sieger haben, auch wenn im Basketball eine Menge möglich ist.

So schickte Hernes Cheftrainer Marek Piotrowski schon Mitte des zweiten Viertels die 17-jährige Jule Groll aufs Feld, wenig später folgte ihr auch die noch zwei Jahre jüngere Laura Langermann. Beide Youngster bekamen reichlich Minuten in der höchsten deutschen Damen-Liga, so wie alle elf Herner Spielerinnen.

Am Ende stand nur Laura Zolper länger als 23 Minuten, nur Laura Langermann kürzer als 14 Minuten auf dem Parkett. „Wir konnten uns die Belastung gut aufteilen und Kräfte für Mittwoch schonen“, freute sich der Herner Coach.

Herner TC probt den „Erstfall Playoffs“

Mit Verwaltung eines Vorsprungs oder einem lockeren Über-die-Zeit-schaukeln hatte das jedoch nichts zu tun. Eher schien es, als probe der HTC schon den „Ernstfall Playoffs“. Bis zum Schluss kämpften die Gäste um jeden Ball, verteidigten aggressiv und ließen den Ball schnell und gekonnt zirkulieren.

Dass beim Zaubern auch mal etwas daneben ging, war eingepreist. Und als sich sein Team ein-, zweimal ein paar Fehler zu viel erlaubte, griff Piotrowski von außen ein und mahnte lautstark mehr Konzentration ein.

Schon am Vortag angereist

Dass der HTC die Aufgabe im Ries sehr ernst nahm, war schon vor dem Sprungball klar. Erstmals in dieser Saison reiste das Team nämlich bereits am Vortag an und absolvierte noch am Samstagabend ein Wurftraining in der Nördlinger Halle. „So mussten wir uns nicht eine 500 Kilometer lange Busfahrt aus den Beinen laufen“, begründete Piotrowski diese Maßnahme.

Denn Herne wollte diesen Sieg, will auch den zweiten Platz. Und weil es für die Angels darum ging, ihre Playoff-Teilnahme festzuklopfen, mussten sich die Hernerinnen wappnen. „Wir hatten nämlich mit mehr Gegenwehr gerechnet“, räumte Piotrowski ein.

Von den Angels kommt recht wenig

Woran es lag, dass von den Angels doch recht wenig kam, ist eine gute Frage. An Kampfgeist und Einsatzfreude mangelte es ihnen jedenfalls nicht. Vielleicht war es die Präsenz des HTC-Teams, die individuelle wie mannschaftliche Klasse, welche die Gegenwehr schon im Keim erstickte. Zudem hatten einige Nördlinger Leistungsträgerinnen keinen guten Tag.

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Anneke Schlüter, Respect Leaphart und Victoria Waldner, alle drei Angels, die im Schnitt zweistellig punkten, brachten jeweils nur zwei Pünktchen auf ihr Konto. So blieb Magaly Meynadier die Einzige, die Hernes Defense nicht richtig zu packen kriegte. Mit 16 Punkten war die Luxemburgerin beste Werferin der Partie.

Klingt wie eine Kampfansage

Komplett anders sah das Herner Scoreboard aus. An der Spitze tauchten mit jeweils zwölf Punkten Laura Zolper und Sarah Polleros auf, zwei nun bereits etablierte Bundesligaspielerinnen aus der eigenen Talentschmiede. Zweistellig scorten auch Sofia Pelander (10) sowie erstmals Chloe Bully (11). Die HTC-Kapitänin, die das ganze letzte Jahr wegen eines Kreuzbandrisses pausieren musste und auch in dieser Saison lange verletzt fehlte, konnte endlich wieder zeigen, was in ihr steckt. Die Belgierin führte klug Regie, blieb bei vier Würfen aus dem Feld ohne Fehlversuch, sammelte drei Assists und verteidigte gewohnt aggressiv.

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Weil die „zweite Garde“ derart stark aufspielte, konnte sich Hernes Starting Five das letzte Viertel entspannt von der Bank anschauen. Auch Trainer Piotrowski war zufrieden, ohne in Euphorie zu verfallen. „Jede hat ihren Teil zum Sieg beigetragen, und wir haben wieder einen Schritt nach vorn gemacht. Das freut uns. Aber wir haben nur ein Spiel gewonnen, mehr nicht. Noch haben wir nichts erreicht.“ Klingt wie eine Kampfansage.

Viertel: 10:17, 8:21, 8:15, 18:20.

Nördlingen: Meynadier (16), Köppl (6/1 Dreier), Geiselsöder (6), James (4), Obanor (4), Schlüter (2), Leaphart (2), Waldner (2), Berlitz (2), Brodersen, Sachnovski, Yesilova.

HTC: Zolper (12/2), Polleros (12/2), Bully (11/2), Pelander (10), Topuzovic (8), Westerik (7/2), Harris (6), Goodwin (4), Rouse (3/1), Groll, Langermann.

Statistik (Nördlingen – HTC) – Zweier: 41,3 % (19/46) – 48,9 % (22/45); Dreier: 8,3 % (1/12) – 42,9 % (9/21); Freiwürfe: 37,5 % (3/8) – 50 % (2/4); Rebounds: 31 (8 offensiv, 23 def.) - 44 (11 off., 33 def.); Turnover: 22 – 19; Assist: 9 – 21; Steals: 11 – 11; Fouls: 11 – 9.

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