Wanne-Eickel. Marcel Zielinski arbeitet auch in der Zwangspause intensiv an seinem Traum. Der Wanne-Eickeler will bald die ersten Weltranglistenpunkte sammeln.

Seine Rückhand ist allererste Sahne, keine Frage. Daneben nennt Marcel Zielinski im neuen Saisonheft des TC Parkhaus Wanne-Eickel zwei andere Eigenschaften als seine größten Vorzüge: Willenskraft und mentale Stärke. Qualitäten, die der 19-Jährige gerade in diesen Zeiten nur allzu gut gebrauchen kann.

Denn ganz am Anfang seines Weges ins Profitennis wird Zielinski von einem Gegner ausgebremst, gegen den auch ihm die Mittel fehlen: einem tückischen Virus.

Seit Mitte März sind wegen Corona alle Tennisplätze gesperrt, und frühestens am 11. Mai, so die große Hoffnung, kann es unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln wieder losgehen.

„Ich habe noch keine Weltranglistenpunkte, die ich verlieren kann“

Das trifft Mannschafts- wie Freizeitspieler gleichermaßen, besonders aber Profis, die ihrem Beruf nicht nachgehen können. So wie Marcel Zielinski.

Marcel Zielinski (Bild vom Januar dieses Jahres) schaffte im Winter mit den Herren des TC Parkhaus Wanne-Eickel den Klassenerhalt in der Westfalenliga.
Marcel Zielinski (Bild vom Januar dieses Jahres) schaffte im Winter mit den Herren des TC Parkhaus Wanne-Eickel den Klassenerhalt in der Westfalenliga. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

„Mental wirft mich das nicht um. Und ich habe auch noch keine Weltranglistenpunkte, die ich verlieren kann“, bleibt der Röhlinghauser gelassen. „Aber wenn es wieder los geht, habe ich zwei Monate nicht gespielt. Das ist schon ein Problem. Die ersten Wochen werde ich dann brauchen, um wieder in den Rhythmus zu kommen.“

Jagd auf die ersten ATP-Punkte

Bis 8. Juni sind Mannschaftsspiele und Turniere bereits abgesagt, danach würde Zielinski gern auf Future-Turnieren mit der Jagd auf ATP-Punkte beginnen. Wirklich realistisch sei das aber nicht.

„Aus verschiedenen Ecken habe ich gehört, dass die Futures vielleicht sogar für das ganze Jahr abgesagt werden“, weiß der Jungprofi.

Dass Tennisspieler aus der ganzen Welt um den Globus düsen, ist für die großen Events der Masters-Serie vielleicht noch vorstellbar, für kleinere Turniere angesichts der aktuellen Reisebeschränkungen eher nicht. Abwarten.

Marcel Zielinski hat das Ziel fest im Blick

So sieht es auch Marcel Zielinski. Auch wenn der Weg derzeit noch sehr unübersichtlich ist, sein Ziel behält er fest im Blick. Darauf arbeitet er auch in der erzwungenen Tennispause intensiv hin.

Vom Westfälischen Tennisverband (WTV), dessen Nachwuchskader er seit diesem Jahr angehört, bekommt er Hausaufgaben in Form eines Konditions- und eines Fitness-Blocks.

„Dazu mache ich eigene Sachen. Ich gehe zwei Tage hintereinander laufen, etwa zehn Kilometer auf der Erzbahntrasse, die habe ich ja vor der Haustür. Nach einem Tag Pause wieder zwei Tage laufen. Zuhause mache ich noch täglich Krafttraining und Yoga für die Flexibilität“, so der 19-Jährige.

Körperlich sollte der „zähe Zille“ also topfit sein, wenn er endlich wieder zum Schläger greifen darf. Auch die Schlagtechniken dürfte er schnell wieder abrufen können. Konstanz und Präzision der Schläge, das Gefühl für den Raum und den richtigen Schlag im richtigen Moment – das sind einige der Elemente, die er sich erst wieder erarbeiten muss.

Montags bis freitags Training im WTV-Leistungszentrum

Dazu wird er wie vor dem Shutdown von Montag bis Freitag täglich zum WTV-Leistungszentrum nach Kamen fahren.

Mit vollem Einsatz auch schon in jungen Jahren auf dem Platz: Marcel Zielinski 2013 im U15-Endspiel um die Stadtmeisterschaft.
Mit vollem Einsatz auch schon in jungen Jahren auf dem Platz: Marcel Zielinski 2013 im U15-Endspiel um die Stadtmeisterschaft. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Zwei Einheiten Tennis von jeweils zwei Stunden, unterbrochen von einer Mittagspause, stehen dort bei Cheftrainer Jürgen Listing täglich auf dem Plan, abschließend noch eine Stunde Konditionstraining. Mit Karlo Cubelic und Jim Walder, beide bereits in der ATP-Weltrangliste notiert, bildet Zielinski dort eine Trainingsgruppe, in der jeder vom anderen profitieren kann.

Starke Trainingspartner sind unabdingbar

Starke Trainingspartner sind nämlich unabdingbar, will ein Toptalent den Sprung ins Profitennis schaffen. Die hatte und hat Marcel Zielinski auch bei seinem Heimatclub, dem TC Parkhaus Wanne-Eickel, wo er mit Sieben anfing und unzählige Stunden trainierte – mit Philipp Sibbel oder Maximilan Özcelik, oft auch mit seinem Vater Mariusz, dem früheren polnischen Daviscupspieler und langjährigen Leistungsträger des Eickeler Bundesligateams.

Nachdem er die Schule mit Erwerb der Fachhochschulreife abgeschlossen und die Profilaufbahn eingeschlagen hatte, musste sich Zielinski auch für vormittags adäquate Spielpartner suchen.

Die fand er zunächst in Mülheim, wo er unter anderem mit Oscar Otte und Mats Moraing trainierte. „Die waren aber oft auf ATP-Turnieren unterwegs. Deshalb bin ich froh, dass ich jetzt im Jungprofi-Kader des WTV bin“, erzählt der Wanne-Eickeler.

Talent mit Erfolgen über starke Gegner bewiesen

Dort will Zielinski bald wieder aufschlagen und sich weiteres Rüstzeug für eine erfolgreiche Profilaufbahn holen.

Das Talent dazu hat er bestimmt, wie er zuletzt mit Siegen gegen Stars wie den Brasilianer André Ghem oder den mehrfachen Westfalenmeister Marvin Netuschil bewies. „Als ich klein war, hat Netuschil hier alle Turniere gewonnen. Dass ich ihn schlage, dazu noch auswärts und auf Teppich, das war schon Wahnsinn.“

„Adrenalinschock“ nach dem Sieg in der Regionalliga über André Ghem

Fast noch mehr bedeutet dem 19-Jährigen sein Sieg in der letzten Regionalligasaison über Ghem, einst Nummer 118 der Tenniswelt. „Als ich das gewonnen hatte, nach Abwehr von fünf Matchbällen, das war schon ein echter Adrenalinschock.“

Marcel Zielinski, das Mentalitätsmonster: Was den jungen Eickeler aus der Fülle der Talente wirklich heraushebt, das sahen die Tennisfans in diesem denkwürdigen Match an der Reichsstraße. „In engen Situationen behalte ich die Nerven und reagiere nicht über“, beschreibt Zielinski diese Eigenschaft. „Vorhand und Rückhand kann jeder. Irgendwann aber kommt es auf den Kopf an. Und ich bin dann tough und mental klar.“

Und deshalb lässt er sich auch von einem Virus nicht aufhalten.

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