Region. Nur wenige Klubs aus der Oberliga Westfalen können ohne Probleme in die Regionalliga aufbauen. Ein paar der Bedingungen sorgen für Unmut.
Es ist eine für kleinere Vereine schwer zu lösende Aufgabe, die der Westdeutsche Fußballverband als Bedingung für die Teilnahme an der Regionalliga West stellt. Die vierte Liga entwickelt sich immer mehr in Richtung Profitum. Daher wurden zu dieser Saison auch die infrastrukturellen Anforderungen angezogen. Ansonsten wird keine Lizenz erteilt.
Pflicht ist, dass im Stadion mindestens 2500 Zuschauende Platz finden, 150 von diesen Plätzen müssen überdacht sein. Zudem muss es für die Gästefans einen separaten Bereich mit mindestens 800 Plätzen geben, bei den überdachten Arbeitsplätzen für die Medienvertreter muss stabiles Internet vorhanden sein und der Gästebereich muss asphaltiert sein. Es darf also keine Rasenflächen oder Wälle geben.
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Eine Flutlichtanlage ist genauso erforderlich wie Natur- oder Kunstrasenplätze. Hinzu kommt die Verpflichtung, dass mindestens fünf Jugendmannschaften des Klubs am Spielbetrieb teilnehmen müssen – A-, B- und C-Junioren sind verpflichtend. Teams in einer Spielgemeinschaft werden nicht mit einberechnet.
Auch gibt es zahlreiche Bestimmungen für den Innenraum, für den Ordnungsdienst, für den Ausschank von Alkohol, für den Einsatz von Pyrotechnik und vielen anderen Dingen. All das hat der Westdeutsche Fußballverband in der Spielordnung und den Mindestsicherheitsstandards festgelegt.
Probleme gab es schon beim SV Straelen, dem 1. FC Kaan-Marienborn, dem 1. FC Düren und dem 1. FC Bocholt
Neben dem finanziellen Aspekt sind es vor allem die infrastrukturellen Anforderungen, die einige Vereine vor Probleme stellen. Ein Aufstieg wäre nur mit einem Umzug in ein anderes Stadion möglich – das teilweise Ausweichen in ein anderes Stadion wäre nicht möglich. Ganz oder gar nicht.
Schon vor dieser Saison sorgte dies für den Rückzug des SV Straelen und des 1. FC Kaan-Marienborn aus der Liga. Der 1. FC Düren baute die Westkampfbahn um, der 1. FC Bocholt unter anderem den Auswärtsbereich.
Nur die wenigsten der 20 Vereine aus der Oberliga Westfalen könnten aktuell ohne Bedenken aufsteigen: Die Stadien der Sportfreunde Lotte, der Sportfreunde Siegen, des TuS Ennepetal und der Spielvereinigung Erkenschwick erfüllen die Anforderungen. Auch die Lohrheide in Wattenscheid ist groß genug. Hinzu kommt der FC Eintracht Rheine und Westfalia Rhynern.
FC Eintracht Rheine setzt auf ein „grünes Stadion“
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„Wir haben unsere, zugegebener Maßen sehr aufwendigen und nicht ganz leichten Hausaufgaben gemacht. Die Investitionen ins Stadion sind nicht alle sinnig, aber zu stemmen. Ebenso die notwendige Bürgschaft“, sagt Uwe Laurenz, der Vorsitzende Eintracht Rheines.
Anders sehe das bezüglich des Etats aus. Der müsste mindestens verdreifacht werden, um in einer etwaigen Regionalliga konkurrenzfähig zu sein. „Ein schier unmögliches Unterfangen bei der herrschenden Förderungssituation für Amateurvereine und auch bei den Kommunen“, so Laurenz.
Schon jetzt sei es sehr schwer, die Sponsoren zu halten oder neue zu gewinnen. Dabei gibt es in Rheine aktuell ein interessantes Projekt: ein „grünes Stadion“, welches nachhaltig und energiesparend sein soll. „Alle Plätze haben nach der Übernahme durch Ralf Bussmann und mich mittlerweile LED-Beleuchtung und wir arbeiten mit Hochdruck an einer Photovoltaik-Anlage, die den Prozess der Wasserstoffgewinnung vorantreiben und sicherstellen soll“, so Laurenz.
Westfalia Rhynern könnte aufsteigen, wenn die Mannschaft möchte
In Rhynern wurde beim Neubau der Anlage, die 2022 in Betrieb genommen wurde, schon vieles bedacht. Die Zuschauerkapazität passt, auch wenn aktuell noch keine dauerhafte Genehmigung dafür vorliegt. Auch andere Maßnahmen wie die Schaffung von mehr Parkplätzen seien bei einem Aufstieg in die Regionalliga möglich.
„Die finanziellen Anforderungen sind ein ganz anderes Thema. Die erforderliche Bürgschaft kann gestellt werden. Der Finanzrahmen ist in der Liga allerdings gewaltig unterschiedlich. Wir bewegen uns damit am unteren Ende. Es hängt von der Mannschaft ab, ob sie zu unseren Bedingungen Regionalliga spielen will“, sagt Wilhlem Lütkhoff vom Verein.
TuS Ennepetals Geschäftsführer kann die Regeln nicht nachvollziehen
Thomas Riedel, der Geschäftsführer vom TuS Ennepetal versteht die Anforderungen des WDFV indes nicht. Zwar sei das Stadion seines Klubs infrastrukturell tauglich für die Regionalliga, das sei aber uninteressant, weil diese Liga finanziell nicht zu stemmen sei. „Ich glaube, dass es keine Regionalligamannschaft mehr gibt, die nicht Profifußball spielt. Zuletzt hat ja auch Rot Weiss Ahlen umgestellt. Aber warum darf denn eine Mannschaft nicht aufsteigen, bei der keine 1500 Leute ins Stadion passen?“, so Riedel.
Selbst bei den Spielen gegen Traditionsvereine sei es doch nicht schlimm, wenn es nur 400 Karten geben würde. „Aber dann kommt der Verband mit Sicherheitsaspekten. Das halte ich für Quatsch“, sagt Riedel. Diese Regelungen würden den Amateurfußball kaputtmachen.
SV Schermbeck baut den Rasenplatz um
Mit dem aktuellen Stadion unmöglich wäre ein Aufstieg zum Beispiel für die TSG Sprockhövel, Victoria Clarholz, der SG Finnentrop-Bamenohl, dem TuS Bövinghausen, Türkspor Dortmund oder dem SV Schermbeck. Hier bräuchte es ein dauerhaftes Ausweichstadion. Der SC Preußen Münster II darf nicht aufsteigen, da sonst der Abstand zur Erstvertretung zu gering wäre.
„Ein Aufstieg wäre für uns aus wirtschaftlicher Sicht, aufgrund der Parkmöglichkeiten und aufgrund der fehlenden Manpower absolut nicht machbar“, sagt Michael Benninghoff, Vorstand Marketing beim SV Schermbeck.
Das Stadion selbst müsste nicht groß umgebaut werden, die Rahmenbedingungen passen aber nicht. „Wenn man keine Leute und Sponsoren findet, die das Projekt Regionalliga angehen, macht es auch keinen Sinn, daran zu denken. Hier sehe ich einfach für den Verein SV Schermbeck die Probleme. Die Zuschauer und Helfer fahren lieber nach Schalke und sehen sich ein Grottenspiel an, anstatt den Amateurfußball zu unterstützen“, so Benninghoff.
Die Zuschauerzahlen würden da nicht ausreichen. Die Aufstiegs-Frage habe sich sportlich aber auch noch nie gestellt. Dennoch sind Umbauarbeiten des Rasenplatzes in vollem Gange. „Dann sehen wir in 2024 weiter, welche Projekte wir angehen können. Das geht aber nur mit mehr Helfern, mit mehr Ehrenamtlichen. Und da haben ja die meisten Amateurvereine die Probleme, dass immer weniger Helfer gefunden werden“, so Benninghoff.
SG Finnentrop-Bamenohl denkt nicht an die Regionalliga
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Bei der SG Finnentrop-Bamenohl gibt es das Problem, dass es bei der Spielstätte aufgrund der unmittelbar benachbarten Bebauung nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur Erweiterung gibt. „Wir verfügen zwar über eine kleine überdachte Tribüne, die jedoch nicht mit Sitzplätzen ausgestattet ist. Eine weitere, größere, ebenfalls nicht überdachte Stehplatztribüne befindet sich auf der Gegenseite. Auch hier müsste im Fall der Fälle Bestuhlung sowie Überdachung installiert werden“, sagt Verena Monzel, die die Öffentlichkeitsarbeit bei der SG leitet.
Ob dies dann für die geforderte Anzahl an Zuschauerplätzen ausreichen würde, sei fraglich. „Weitere Anforderungen, zum Beispiel an den Rasen, der im Jahr 2017 nach einer Gasexplosion unseres Vereinsheims in 2014 und durch die Expansion vom Discounter Lidl grunderneuert wurde, das moderne LED-Flutlicht, welches Ende 2022 installiert wurde, sowie stabiles Internet, in das wir dieses Jahr noch investiert haben, werden von uns erfüllt“, so Monzel.
Grundsätzlich würde es aber sowieso keine Pläne in Richtung Regionalliga geben. Die ständige Optimierung der Sportanlage sei davon unabhängig. Bei einem Aufstieg wäre somit nur das Spielen in einem anderen Stadion möglich. Das nächstgelegene Stadion, dass die Anforderungen erfüllt, liegt aber weit entfernt.
ASC 09 Dortmund beantragte immer die Regionalliga-Lizenz, doch nun gibt es mehr Probleme
Auch beim ASC 09 Dortmund gibt es sich stellende Fragestellungen, auch wenn der Klub stets die Lizenz für die Regionalliga beantragt. Bis zuletzt machten sich die Dortmunder keine Sorgen um eine mögliche Lizenzerteilung. Die Risikospiele hätten in einem Ersatzstadion stattfinden können, zum Beispiel im Stadion Rote Erde in Dortmund oder dem Ischeland-Stadion in Hagen.
Nun ist es aber „unmöglich, ein Ersatzstadion zu benennen. Aktuell prüfen wir, wie eine Umsetzung aller Spiele im Waldstadion möglich ist“, so Michael Linke, der 1. Vorsitzende des ASC 09. Die meisten Anforderungen könnten erfüllt werden, die Kapazität von 2500 Zuschauern sei aber eine große Herausforderung. „Aktuell würde es daran scheitern, die Lizenz zu erhalten. Dies ist für uns nicht nachvollziehbar, da außer bei Spielen gegen den BVB II, RW Essen, die beide aktuell in der 3. Liga sind, oder Wuppertal“, diese Anzahl an Plätzen nie benötigt werden würde. Innerhalb Dortmunds gebe es keine Möglichkeit, für einen dauerhaften Umzug, da das Stadion Rote Erde für die Zweitvertretung von Borussia Dortmund geblockt sei. Und „das Ausweichen in eine andere Stadt ist finanziell natürlich nicht möglich“, sagt Linke.
Es werde der Eindruck erweckt, dass der Verband „kleine Vereine aus der Regionalliga fernhalten will. Ich kann nicht verstehen, warum von der alten Regelung mit Ersatzstadion abgewichen wurde“, so Linke.
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