Sprockhövel. Vom Profi-Traum zur Vereinslosigkeit. Mohammed Mousas Körper streikte über mehrere Jahre. Nun wirbelt er für die TSG Sprockhövel. Endlich.
Vor lauter Schmerzen schreiend lag Mohamed Mousa auf dem Fußballplatz, Woche für Woche. Jedes Mal war es sein Knie, dass schlichtweg streikte und dem Körper signalisierte: Stopp – so geht es nicht weiter. „Einmal hat alles geknackt, was knacken kann. Ich wurde mit vier Leuten ins Auto getragen“, erinnert sich Mousa.
Natürlich habe er mehrmals daran gedacht, mit dem Fußballspielen komplett aufzuhören, sagt der heute 21-jährige Mittelfeldspieler der TSG Sprockhövel.
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Mehr als zwei Jahre lang dauerte seine Leidenszeit.
„Sein eigenes Team immer spielen zu sehen und zu bemerken, wie sich alle weiterentwickeln, während man selbst draußen sitzt – das macht schon was mit einem.“ Doch irgendetwas war dann doch immer noch in ihm, dass das Aufgeben verhinderte – und schlussendlich dazu führte, dass Mousa in der aktuellen Saison endlich in der Oberliga Fuß fasst und in allen vier Spielen in der Startelf stand.
Mohammed Mousa kam einst aus Ennepetal zur TSG Sprockhövel
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Ohne Verletzung wäre sogar noch deutlich mehr drin gewesen. Mit ganz starken technischen Fähigkeiten und Spielwitz fiel der gebürtige Ennepetaler schon in der Jugend auf. Die TSG Sprockhövel wurde auf ihn aufmerksam, holte ihn in die U14. Kurz danach wirbelte Mousa überkreislich die Gegenspieler durcheinander, spielte als U15-Akteur in der B-Jugend-Landesliga und machte bei internationalen Turnieren sowie im Westfalenpokal auf sich aufmerksam.
Und dann meldete sich der MSV Duisburg: „Wir waren mit der TSG Sprockhövel bei einem Hallenturnier in Hagen. Dort habe ich einen Vater eines Kollegen von mir, der schon beim MSV spielte, so beeindruckt, dass der dem Duisburger Trainer sagte, er solle mich mal genauer anschauen. Ein paar Wochen später wurde ich nach dem Westfalenpokal-Achtelfinale gegen den Hombrucher SV auf dem Parkplatz angesprochen“, sagt Mousa und unterschrieb.
Im Trikot des MSV Duisburg gegen Florian Wirtz und Tim Lemperle
Plötzlich ging alles ganz schnell. Der Traum vom Profifußball rückte deutlich näher. Die Qualität der Mitspieler, die Geschwindigkeit im Training, das Passspiel, all das war neu für den Jugendlichen.
„Ich dachte mir schon: ‘Junge, hau wieder ab, geh zurück zur TSG’. Aber dann war ich doch direkt Stammspieler. Schon nach dem 9. Spieltag wurde mir ein Zweijahresvertrag für die U19-Mannschaft in Aussicht gestellt“, sagt Mousa. Schnell trainierte er bei der A-Jugend mit und sammelte bei der nach der Saison abgestiegenen B-Jugend weiter Spielpraxis.
Doch dann ging die Leidenszeit los: Im drittletzten Saisonspiel gegen den 1. FC Köln – der mit den heutigen Profis Jan Thielmann, Tim Lemperle und Florian Wirtz antrat – verdrehte sich Mousa bei einer Grätsche das rechte Knie.
„Alles war gerissen und der Außenmeniskus kaputt.“ Eine Operation und eine lange Pause waren unumgänglich. Und direkt darauf folgte die nächste Enttäuschung. Der MSV Duisburg zog das Vertragsangebot zurück. „Für mich war dort Endstation. Es wurde damit begründet, dass ich lange verletzt sei und dass meine Leistungen geschwankt hätten. Das sah aber nur der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums so“, findet Mousa klare Worte.
Die Ärzte sind sich uneins bei der Diagnose
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Für ihn ging es von ganz oben nach ganz unten. Statt in der U19-Bundesliga am Profitum zu schnuppern war Mohammed Mousa plötzlich vereinslos. „Verletzt zu einem neuen Klub zu gehen, brachte mir auch nichts. Ich habe Fußball dann erst einmal sacken lassen“, erinnert sich der Mittelfeldmann. Erst als Patrick Rohde und Patrick Knieps bei der Jugend der TSG Sprockhövel wieder einstiegen und sich Mousa meldeten, kehrte er ins heimische Nest zurück.
An regelmäßiges Fußballspielen war aufgrund der grassierenden Corona-Pandemie allerdings nach seiner Genesung nicht zu denken. Und auch in den wenigen ausgetragenen Spielen der U19 der TSG lief es für Mousa katastrophal. Erst brach er sich die Nase und fiel wieder vier Wochen aus. Dann sollte er bei der A2-Jugend gegen Rot-Weiß Lüdenscheid aushelfen. „Und nach zehn Minuten läuft mir ein Gegenspieler über mein gestrecktes Bein. Wieder verdrehe ich mir das Knie, diesmal aber das linke“, so Mousa.
Die Ärzte waren sich uneins, die Diagnosen reichten von einer Schleimbeutelentzündung, die einfach mit Tabletten zu behandeln sei, bis zu einem Außenbandriss. Immer wieder versuchte Mousa es im Training – immer wieder musste er abbrechen, immer wieder durchfuhr der Schmerz seinen ganzen Körper. Bis es knack machte und er von den Kollegen ins Auto getragen wurde: Diagnose Außenbandriss mit Knorpelschaden.
Mohammed Mousa stand kurz davor, ganz aufzuhören
Wieder einmal lag Mohammed Mousa am Boden. Doch Yakup Göksu, der Sportliche Leiter bei der TSG, gab dem talentierten Mittelfeldspieler dennoch einen Vertrag für den Seniorenbereich, auch wenn Mousa in diesem Jahr kein einziges Spiel absolvieren konnte. So ging es weiter. Ohne Sport riss das Außenband im Knie ein weiteres Mal, jegliche Comeback-Versuche scheiterten. „Ich dachte mir, das bringt alles nichts mehr. Ich lass es sein. Aber als Yakup dann Trainer bei der ersten Mannschaft wurde und mich fragte, wie es bei mir aussieht, hatte ich wieder Lust“, so Mousa.
Seine Ambitionen waren plötzlich wieder groß. Aber die Idee, dass er bei der zweiten Mannschaft erst einmal wieder fit werden und Spielpraxis sammeln sollte, gefiel ihm zunächst gar nicht. „Ich hatte überlegt, ob ich nicht wechseln soll, habe mich dann aber dagegen entschieden. Und das hat sich ausgezahlt. Ich war bei der zweiten Mannschaft sofort integriert. Das war ein richtig geiles Gefühl und eine tolle Zeit.“
Mit der TSG Sprockhövel am Wochenende gegen den ASC 09 Dortmund
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Das Ziel Mousas – so viel war allen klar – war dennoch immer der Kaderplatz in der Oberliga-Mannschaft. Zu dieser Spielzeit wurde er hochgezogen, hatte jedoch zunächst große Probleme. „Die Vorbereitung war nicht meine“, gibt Mousa zu. Zu schüchtern habe er sich präsentiert, zu selten die Bälle abgeholt. „Defensiv habe ich es ordentlich gemacht, aber mir haben Mut und Selbstbewusstsein gefehlt. Der Unterschied von der Kreisliga A zur Oberliga ist gewaltig. Körperlich geht es viel mehr zur Sache. Vergangene Saison konnte ich mit dem Ball aufdrehen und hatte zehn Meter Platz. Jetzt stehen mir direkt fünf Spieler auf den Füßen“, so Mousa.
Dass er danach dennoch in allen vier bisherigen Ligaspielen in der Startelf auflaufen würde und sogar das erste Tor der Saison für die TSG Sprockhövel, die am Sonntag beim Aufstiegskandidaten ASC 09 Dortmund antritt (15 Uhr), erzielen würde, damit war nach der Testspielphase nun wirklich nicht zu rechnen.
Doch die Sperre von Marcel Weiß und die Verletzung von Mick Steffens spülten Mousa in die Startelf – und der zahlte es mit Leistung zurück. „Ich bin super glücklich damit und kann es noch gar nicht richtig fassen. Eigentlich rechne ich noch jede Woche damit, dass ich auf der Bank sitze“, sagt er selbst. Doch selbst wenn dies mal wieder der Fall sein sollte, das Wichtigste ist, dass sie endgültig vorbei ist: Die Leidenszeit des Mohammed Mousa.
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