Hattingen. Der Hattinger Tom Aust ist zurück bei Rhein Fire. Er spricht über vergangene Erfolge und Überraschungen, die letzte Saison und die Ziele.
Ein wenig spartanisch kommt es noch her, das neue Büro im Industriegebiet in Neuss. Sechs Computer stehen auf zwei Tischinseln in der unteren Etage, daneben Kisten und die leeren Spieler-Koffer der letzten Saison.
Nur das Logo auf diesen zeigt, dass dieses Büro Teil einer großen Historie ist, die seit einem Jahr wiederbelebt wird: die von Rhein Fire.
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Mittendrin ist seit dem 1. Oktober auch wieder der Hattinger Tom Aust als neuer General Manager des Klubs.
Der Hattinger Tom Aust begann einst in der Pressearbeit bei Rhein Fire
Jeden Tag fährt Aust, der zuvor beim American Football Verband Deutschland (AFVD) tätig war, aktuell die A46 hoch und runter, von Hattingen nach Neuss.
Der Zufall half einst mit, dass er sich dem Football verschrieb. „Ich bin über das Radio EN zum Football gekommen. Damals habe ich dort gearbeitet und Sportwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum studiert. Sammy Schmale, damals auch Hattinger und Mitstudent, fing bei Rhein Fire an und fragte mich, ob ich bei der Pressearbeit mithelfen möchte“, erinnert sich Aust, der damals an sich noch nicht so viele Berührungspunkte mit dem Sport hatte.
Er wollte und blieb. „Ich dachte eigentlich, ich bleibe ein Jährchen. Ich hatte auch noch mein Studium. Und dann wurden 13 Jahre draus“, so Aust lachend.
Rhein Fire war früher eines der größten Football-Teams in Deutschland und Europa
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Es war eine bewegte Zeit beim Verein aus Düsseldorf. Früher war Rhein Fire eines der größten Football-Teams in Deutschland, Woche für Woche pilgerten die Fans in die Arena nach Düsseldorf, wo die Mannschaft ihre Heimspiele austrug. Bis zu 53.000 Leute fieberten mit. 1998 und 2000 gewann Rhein Fire den World Bowl.
Auch damals war Aust dabei, den Trophäen-Ring trägt er bis heute stolz an seiner linken Hand. „Beim ersten World Bowl in Frankfurt waren wir damals eigentlich Außenseiter, unser Quarterback hatte sich eine Woche vorher verletzt. Unser zweiter Quarterback übernahm und machte das Spiel seines Lebens. Es war eine unfassbare Regenschlacht und ein tolles Erlebnis. So etwas vergisst man nicht“, sagt Aust.
Das Aus der Liga kam für Vereine wie für Fans überraschend
Doch dann gab es 2007 das plötzliche Aus der Liga. „Wir waren damals eine Tochter der NFL (der amerikanischen Profiliga im American Football, Anm. d. Red.). Und irgendwann hat die NFL, eventuell beschlossen, einen anderen Weg zu gehen. Das war sehr überraschend. Wir saßen damals in Frankfurt in einem Meeting, 135 Leute von allen Teams. In einem Satz bekamen wir gesagt, wie toll die Saison war, dass es aber ein trauriger Tag sei und die Liga geschlossen wird“, sagt Aust.
Das Ende kam überraschend, für die Fans, für die Teams und auch für den Hattinger, der in der Folge ein halbes Jahr beim Wuppertaler SV arbeitete, ehe er beim AFVD in der Pressearbeit anfing.
Seit dem vergangenen Jahr brennt das Feuer wieder am Rhein
Seit dem vergangenen Jahr jedoch ist der American Football wieder zurück in Europa. Die European League of Football wurde gegründet und Rhein Fire trat in der zweiten Saison bei. „The Fire is Back, wir brennen dafür, das Fire am Rhein wieder zu entzünden“, heißt es auf der Homepage des Klubs.
Aust selbst nahm Entwicklung freilich wohlwollend zur Kenntnis, gibt aber zu, dass er zu Beginn noch etwas skeptisch nach Düsseldorf schaute: „Mir fehlte die Fantasie, dass es wirklich gut funktioniert. Aber was in der vergangenen Saison schon auf die Beine gestellt wurde, mit so vielen Helfern und Leuten, die hier mit Herzblut dabei sind, das hat mich sehr beeindruckt.“
Rhein Fire ist prompt Zuschauermagnet in der ELF
Seit dem 1. Oktober ist er nun selbst wieder Teil seines Herzensklubs – und direkt Feuer und Flamme, ganz tief drin im Thema. Den Hype um Football erklärt er mit veränderten Strukturen.
„Das Problem damals bei der Auflösung war, dass wir keinen Fernsehvertrag hatten. Und genau das ist jetzt unser riesiger Vorteil beim Football. Der Sport ist jeden Sonntag visuell da. Auch die League of Football (ELF) wird im Fernsehen übertragen, das ist ein großes Faustpfand“, sagt er.
Die Football-Lust schwappt so auch über die eigene Team-Blase. „Es hat von null auf hundert direkt durchgeschlagen. Wir sind mit einem Schnitt von 8.500 Zuschauern Ligakrösus, im Spiel gegen die Frankfurt Galaxy waren 12.500 Zuschauer da“, jubelt Aust.
Düsseldorf, Neuss, Duisburg: Der Verein möchte ganz NRW anziehen
Dabei spielt Rhein Fire aktuell nicht in Düsseldorf, sondern in Duisburg. Für den Hattinger ist dies gerade der perfekte Ort in Anbetracht des erst wieder wachsenden Sports.
„Rhein Fire ist ja auch nicht nur das Team für Düsseldorf, sondern das für NRW. Natürlich gibt es da noch unsere Kölner Freunde der Cologne Centurions. Aber wir haben damals schon gesagt, dass wir nicht auf den Standort Düsseldorf fixiert sind. Es kamen schon immer Leute aus dem Ruhrgebiet, aus dem Bergischen oder dem Münsterland zu uns“, so Aust.
Ob Duisburg nun aber auch auf Dauer die Heimat von Rhein Fire sein wird, bleibt abzuwarten. Die Verhandlungen darüber würden laufen, sagt Aust.
„Aktuell fühlen wir uns dort sehr gut aufgehoben. Aber wir wollen natürlich auch wachsen und haben Träume. Irgendwann sind wir vielleicht zu groß für Duisburg, dann kommt wieder der alte Standort ins Spiel. Die Verantwortlichen in Düsseldorf bemühen sich auch sehr um uns. Schauen wir mal, wo die Reise hingeht.“
„Es muss für uns jede Saison das Ziel sein, vorne dabei zu sein“
Sportlich soll sie auf jeden Fall nach oben führen. In der Premierensaison landete Rhein Fire in der Southern Conference hinter den Barcelona Dragons und vor den Cologne Centurions sowie den Istanbul Rams auf dem zweiten Rang, verpasste somit den Sprung in die Playoffs.
Zur neuen Spielzeit kommen mit den Milano Seamen, den Helvetic Guards aus Zürich, den Hungarian Enthroners aus Budapest, den Prague Lions, den Munich Ravens und dem Paris Football Team sechs weitere Teams dazu, insgesamt spielen dann 18 Mannschaften in der Liga.
„Es wird noch internationaler, noch mehr Teams wollen den Titel. Dennoch muss es für uns jede Saison das Ziel sein, vorne dabei zu sein. Die Karten werden ja auch immer neu gemischt“, so Aust.
Helfen dabei sollen neben der Verlängerung mit den Leistungsträgern und Verbesserung durch Zugänge auch neue Spielsysteme, für die ein neuer Offense und ein neuer Defense Koordinator verpflichtet wurde, die Jim Tomsula – einem ehemaligen Headcoach der San Francisco 49ers – unterstützen.
Die Derbys gegen Köln und Frankfurt reizen
Erst einmal wird nun auf den neuen Spielplan gewartet und gehofft, dass es zumindest erneut gegen Köln und Fankfurt geht.
„Diese Lokalderbys und die alte Rivalität zu Frankfurt sind noch da und doch das, was die Fans auch haben wollen“, sagt Aust, der bis dahin noch einige Male die A46 herunterfahren wird – für seinen Traum vom traditionsreichen, aber runderneuerten Rhein Fire.
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