Hattingen. Die Betrugsvorwürfe von Magnus Carlsen gegen Hans Niemann wirbeln die Schach-Welt durcheinander. Auch der SV Welper wurde schon Opfer.
Ruhe und Besonnenheit sind zwei der wichtigsten Eigenschaften im Schach-Sport. Was aktuell jedoch auf der internationalen Bühne stattfindet, hat damit rein gar nichts mehr zu tun.
Betrugsvorwürfe wirbeln die Sportart durcheinander – und beschäftigen auch den SV Welper.
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„Die ganze Geschichte wird in unserem Verein durchaus kontrovers diskutiert. Betrug macht letztendlich unseren Sport kaputt“, sagt Wolfgang Linde, Vorsitzender des SV Welper.
Schachspieler Hans Niemann gab zu, als Jugendlicher betrogen zu haben
Anfang September verlor Weltmeister Magnus Carlsen überraschend gegen den Newcomer Hans Niemann. Der norwegische Großmeister verließ danach das Turnier. Bei einem Onlineturnier zog sich Carlsen daraufhin Mitte des Monats nach einem Zug gegen Niemann kommentarlos zurück.
Seitdem gibt es den Verdacht des Betrugs des 19-jährigen Amerikaners Niemann, der selbst zugab, als 12- und 16-Jähriger bei Online-Turnieren auf der Plattform Chess.com betrogen zu haben, dies als den größten Fehler seines Lebens bezeichnet, aber abstreitet, es seitdem wieder getan zu haben. Mittlerweile ermittelt der Schach-Weltverband Fide (Fédération Internationale des Échecs) dennoch, sowohl gegen Niemann, als auch gegen Carlsen bezüglich eventueller falscher Beschuldigungen.
Die Plattform Chess.com wirft Niemann über 100-fachen Betrug vor
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Der Norweger Carlsen äußerte die Vorwürfe Ende September auch erstmals öffentlich. In einem offenen Brief, sagte, er glaube, dass Niemann „mehr – auch in letzter Zeit – betrogen hat, als er öffentlich zugegeben hat“. Seine Fortschritte seien „ungewöhnlich“.
Von Beobachtern wurde sogar die Möglichkeit von vibrierenden Analkugeln ins Gespräch gebracht, durch die er bei Präsenz-Veranstaltungen von einer weiteren Person Signale übermittelt bekommen und so die bestmöglichen Züge spielen könnte.
Die Plattform Chess.com unterstützt mittlerweile Carlsens Ansicht und legte einen Bericht vor, der nahelegt, dass Niemann insgesamt wahrscheinlich 112 Mal in Online-Partien – auch bei Preisgeldturnieren – betrogen habe. Gemessen wird dies bei dem Online-Portal durch eine Stärke-Punktzahl, die Aufschluss darüber gibt, wie oft ein Spieler die von einem Schachcomputer errechneten stärksten Züge spielt. Liegt der Spielende sehr nah an dieser Punktzahl, deutet dies auf Hilfe durch eine künstliche Intelligenz hin.
Schachcomputer analysieren die besten Züge
„Wenn jemand in einer Partie nah dran ist, kann das noch Zufall sein. Aber bei drei, vier Spielen wird es auffällig“, sagt Linde. Der SV Welper spielt selbst in der NRW-Klasse. Dass es bei den Präsenz-Veranstaltungen in dieser Liga zu Betrug kommen könne, glaubt Linde nicht.
„Am Schachbrett selbst gibt es klare Regeln, jeder muss zum Beispiel seine Smartphones abgeben“, erklärt Linde. Der einfachste Weg zum Pfuschen – also das Starten eines Schachcomputers auf einem internetfähigen Gerät, das die nächsten Züge simuliert und die beste Reaktion auf den Zug des Gegners vorschlägt, zum Beispiel auf der Toilette – ist somit nicht möglich.
SV Welper wurde in der vergangenen Saison selbst Opfer von Betrug
Online hingegen, wird die Sache schon komplizierter und präsenter. Dort wurden auch die Welperaner schon Opfer von Betrug. „Wegen der Pandemie wurde die letzte Deutsche Meisterschaft im Schach online ausgetragen. Einer unserer Spieler traf in dieser Deutschen Schach-Online-Liga auf einen Gegner, der selten menschliche Züge gemacht hat. Wir haben es daraufhin analysiert, Protest eingelegt und auch recht bekommen. Der Gegner wurde nachträglich gesperrt und das Ergebnis korrigiert“, sagt Linde.
Der Skandal um Hans Niemann sei somit mitnichten ein Einzelfall. Dennoch bringt er das Schach „in Verruf und ist absolut unsportlich. Es gilt aber natürlich die Unschuldsvermutung. Wenn man Herrn Niemann nicht beweisen kann, dass er betrogen hat, muss er als unschuldig gelten“, sieht Linde beide Seiten.
Am Ende ist der Schachsport der Verlierer
Der SV Welperliegt nach zwei Siegen in den ersten beiden Partien in der NRW-Klasse aktuell an der Tabellenspitze. Insgesamt spielen vier Schach-Mannschaften in Welper. In der vergangenen Saison wurde der Aufstieg in die NRW-Liga knapp verpasst. Dieses Jahr ist ein guter Mittelfeldplatz das Ziel. Mehr Informationen zum Verein gibt es auf der Internetseite www.sv-welper.de.
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