Hattingen. Der Ruderverein aus Hattingen feiert 2020 Jubiläum. Aus den Reihen sind viele erfolgreiche Sportler hervorgegangen – es gibt aber auch Sorgen.

Das Ruhrwasser plätschert leise im Hintergrund, die Aussicht ist klar und weit, ein paar Sportler mit ihren Booten auf dem Wasser. Diese Atmosphäre genießt der Ruderverein Blankenstein schon seit genau 100 Jahren. Denn er feiert am heutigen Samstag sein Jubiläum.

Zwar ist der 18. Juli 1920 das Gründungsdatum des Vereins, doch eigentlich gibt es die Aktiven schon viel länger. „Einige Jahre vorher waren bereits die ersten Ruderer auf der Ruhr, aufgrund politischer Gegebenheiten konnte allerdings kein Verein gegründet werden“, erzählt der Vorsitzende, Georg Hellinger. Es dauerte also bis in die Nachkriegszeit des Ersten Weltkrieges, als dann immerhin 32 Mitglieder die Geburtsstunde des RV Blankenstein feierten, mit Wilhelm Wollmann als erstem Vorsitzenden.

Bereits vor Vereinsgründung herrschte Leben am Wasser

Vorstandsmitglied Volker Scheer (l.) und der Vorsitzende Georg Hellinger erinnern sich an die Geschichte des RV Blankenstein.
Vorstandsmitglied Volker Scheer (l.) und der Vorsitzende Georg Hellinger erinnern sich an die Geschichte des RV Blankenstein. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann


Dabei bezog bereits 1913 der Jungdeutsche Orden mit zwei Booten in die leere Kornmühle der Halbach-Hämmer am Ufer der Ruhr ein, sie stand seit 1900 leer. Das hätten selbst manche der älteren Mitglieder nicht vermutet. Seitdem ist leben auf dem Gelände, was heute rund 3000 Quadratmeter umfasst. In den ersten Jahren wurde viel hergerichtet, der alte Schmiedeschuppen diente als Aufenthaltsraum, Arbeits- und Umkleidebereich und Lager für die Boote. Auch heute ist dort noch die Bootshalle untergebracht.

Rundherum richtete sich der der Verein ein. „Es gibt auch heute immer was zu tun“, weiß Dirk Brockhaus, der vor zwei Jahren von Hellinger als Vorsitzender abgelöst wurde und gemeinsam mit Arnold Schulte-Hunsbeck viele Arbeiten verrichtet, aktuell auf dem Hof. „Vieles, was bei uns zuletzt entstanden ist, haben die beiden gemacht und halten es in Schuss“, lobt Hellinger sie.

Ideale Lage des Vereinsgeländes


Das Vereinsgelände liegt direkt an den Schienen, über die früher Züge mit kostbarem Material entlang dampften, heute lediglich mal eine historische Museumsbahn. Und es liegt am Fuße eines Berges. „Wenn wir sagen, dass wir der Ruderverein unterhalb des Berges an der Burg Blankenstein sind, wissen die Leute Bescheid“, erzählt Vorstandsmitglied Volker Scheer, der die Chronik für die vergangenen 100 Jahre federführend zusammengestellt hat.

Er kam mit seinem Bruder Henning 1962 zum Verein, über seinen Vater, der selbst gar kein Mitglied war. Meistens kommen neue Mitglieder durch direkten Kontakt oder oft auch durch Familienangehörige zum Rudern. Viele Familien waren in den 100 Jahren in den Booten, wenn auch nur zu Wanderfahrten oder zur Geselligkeit, die der Verein groß schreibt. Rund 40 Prozent sind nach Schätzung von Hellinger und Scheer wirklich aktiv, zehn Prozent davon im Leistungssportbereich.

Der RV Blankenstein hat große Sportler herausgebracht


Dabei hat gerade der RV Blankenstein große Sportler in seinen Reihen gehabt, die sich weit über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht haben. Auf höherer Ebene haben in den Anfängen bereits Sportler mitgerudert, nachdem 1925 der erste Rennvierer angeschafft worden war. Deutsche Meistertitel wurden in der Folge immer mal wieder errungen. Die größten Erfolge gab’s aber erst viel später.

Mit Christian Warlich wurde ein Blankensteiner 1980 Weltmeister im Leichtgewichts-Einer. Er gewann in seiner Jugendzeit so viele Wettkämpfe des Deutschen Ruderverbandes, dass er auch heute noch die ewige Bestenliste des Vereins anführt. Später wechselte er vom Lande in die Luft, zum Segelfliegen.

Weltmeistertitel und Olympiasieg

Auf internationaler Ebene waren danach Thomas Güntermann und Günter Saul aktiv, wurden Hochschulmeister, ebenfalls 1980. Ein Jahr später siegten sie bei der WM. Auch später wurden sie noch mal Internationale Meister. „Die beiden waren damals ein Traum-Leichtgewichts-Zweier“, schwärmt Scheer.

Den wohl größten Namen machte sich dann aber 1988 Armin Eichholz, als er bei den Olympischen Spielen in Seoul mit dem Deutschland-Achter Gold gewann. 1992 sprang für ihn und den Achter in Barcelona dann noch mal Bronze heraus, einige Blankensteiner waren sogar in Spanien dabei. Und nach dem Erfolg wurde viel Jugendarbeit an der Ruhr betrieben. In den 1980er-Jahren hatte der Verein auch mit 263 Mitgliedern seinen Höhepunkt. Heute sind es nur noch 160.

Auf dem Tiefpunkt der Jugendarbeit angelangt


„Im Moment sind wir leider an einem Tiefpunkt in der Jugendarbeit angelangt, da müssen wir wieder raus“, gesteht der Vorsitzende. Er war bis vor einigen selbst noch der letzte Jugendtrainer, bevor er 2013 aufhörte und seitdem auch fast keine großen Regatten mehr unter RVB-Flagge gefahren werden. Zuletzt war noch Jannik Heil auf deutscher Ebene aktiv, ehe er sich gegen die große Bühne entschied. Groß geworden in Blankenstein und heute noch auf Bundesebene aktiv sind Annika Steinau und Julia Eichholz, die dann aber beide zum RC Witten wechselten.

Aktuell sind es knapp ein Dutzend Nachwuchsruderer, die auf dem Wasser sind. „Rudern ist aber ein Sport für jedes Alter und jede Interesse, für den Naturliebhaber bis zum ambitionierten Sportler. Und wir haben eine geniale Lage bei uns“, sagt Hellinger. Am Fuße des Bergs, mit dem weiten Blick und dem plätschernden Ruhrwasser.