Sprockhövel. Die Geschwister Carolina und Daniel Hermann aus Herzkamp schafften es bis auf die internationale Bühne. Nur eines blieb ihnen dabei verwehrt.
Deutsche Meistertitel, Teilnahmen an Europa- und Weltmeisterschaften. Das waren große Erfolge, die das Sprockhöveler Eistanz-Geschwisterpaar Carolina und Daniel Hermann errungen hat. Heute sind sie beide nicht mehr auf dem Eis, es gibt aber noch Berührungspunkte.
Im Kindesalter wurde die Euphorie für den Randsport auf einem zugefrorenem See geweckt. Die zwei von sieben Geschwistern aus Gennebreck waren in Hattingen mit Freunden auf einem privatem Teich unterwegs. „Mein Bruder wollte den Sport dann machen, ich bin als kleine Schwester mitgegangen“, erzählt Carolina Chon, mittlerweile verheiratet und zweifache Mutter. Das Talent brachte die beiden bis nach ganz oben, auf die Ebene des Hochleistungssports.
Vor den Olympischen Winterspielen 2010 gibt es ein Missverständnis
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Im Nachwuchs- und Juniorenbereich starteten sie durch, holten sich viele Siege und wurden bei den Erwachsenen 2009 Deutscher Meister. 2010 wurden sie in das Top-Team für die olympischen Winterspiele in Vancouver eingestuft. Im Qualifikationsverfahren konnten sich die Geschwister dann allerdings nicht durchsetzten, Grund war ein ärgerliches Missverständnis, bezogen auf die Wertung. „Eigentlich waren wir für die Olympischen Winterspiele vorbereitet und sollten hinfahren“, erinnert sich Daniel Hermann.
2014 in Sotschi wollten die beiden dann ihre Karriere mit dem Höhepunkt auf olympischer Bühne beenden. Doch als sich Carolina Chon 2013 wiederholt schwer am Knie verletzte, war der Traum vorbei. „Es ist der Traum von fast jedem Leistungssportler. Mit ein paar Jahren Abstand gönne ich es aber den anderen beiden Paaren. Mit der Zeit sind wir Freunde geworden, haben fast 20 Jahre lang denselben Sport gemacht“, sagt die 32-Jährige.
Daniel Hermann probiert sich nochmal alleine auf dem Eis
Ihr Bruder, der von einer unvollendeten Karriere spricht, versuchte es nochmal für ein paar Wochen alleine auf dem Eis, konzentrierte sich dann aber auf sein Berufsleben. Seine Schwester studierte weiter Psychologie in Bochum, die Zeit als Sportsoldaten in der Sportfördergruppe der Bundeswehr endete für beide. Bei Adidas machte Daniel Hermann als Masterstudent ein Praktikum in der Finanzabteilung und stieg später dort ein. Er arbeitete an Projekten in Russland mit, wo er in seiner Sportkarriere einige Male war. „Wir hatten auch russische Trainer“, erzählt er.
2018 ging es für ein Projekt im Bereich Digitalisierung nach China weiter. Dort lebt der 33-Jährige heute auch in Shanghai, mittlerweile als leitender Direktor im logistischen Bereich. Dem Sport ist er nach wie vor sehr verbunden. „Das war auch einer der Gründe, warum ich mich bei Adidas beworben habe“, erzählt der Sportler, der heute Rennrad fährt und Marathon läuft.
Sprockhöveler ist eine Zeit lang in der Sportpolitik aktiv
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Der Ortswechsel mit starker Zeitverschiebung bedingte, dass er nicht mehr in der Sportpolitik aktiv ist. Er ist Mitgründer des Vereins „Athleten für Deutschland“, der die Interessen von Athleten unabhängig vom Deutschen Olympischen Sportbund vertreten will, war Aktivensprecher der Deutschen Eislaufunion und im Aufsichtsrat der Sporthilfe. „Der Aufwand wäre zu groß gewesen und der direkte Kontakt zu den Sportlern nicht möglich, das wäre schwierig geworden“, so Hermann. Sport nach der großen Bühne bleibt damit nur noch sein Hobby, was er bedauert.
Bezug zum früher so geliebten Eistanz hat seine Schwester nun wieder. Carolina Chon arbeitet seit Anfang 2020 als Sportpsychologin für die Deutsche Eislauf-Union, der Verband hatte sich speziell im Gesundheitssystem verstärkt aufgestellt. Die Sprockhövelerin, nun wohnhaft in Köln, steht den Kaderathleten mit Rat und Tat zur Seite, auch vor Ort bei Lehrgangsmaßnahmen. Diese fallen aufgrund des Corona-Virus derzeit alle aus, vorgestellt hat sie sich daher per Rundmail und Videokonferenz. So steht sie momentan auch in Kontakt mit einigen Sportlern.
Carolina Chon ist wieder bei der Deutschen Eislaufunion im Einsatz
„Die Sportpsychologie hat mich immer schon fasziniert, ich habe in diese Richtung hingearbeitet. Nun bin ich froh, bei den jungen Sportlern dort noch etwas herauszuholen, wo es Bedarf gibt. Ich kann ihre Situation gut nachvollziehen, da ich den Sport früher selbst gemacht habe“, erzählt die ehemalige Hochleistungssportlerin. Sie hofft, so einen Beitrag leisten zu können. Im besten Fall zum Weg auf die ganz große Bühne.