Gladbeck. Der SV Zweckel erhält einen Kunstrasenplatz. Warum Ex-Trainer Günter Appelt wehmütig zurück- und ein wenig skeptisch vorausschaut.

Es ist Januar und kalt. Termin auf der Anlage des SV Zweckel. O-förmig, rund um den Rasen an der Dorstener Straße, hat längst Moos und Unkraut die Steintreppentribüne des Vereins in fester Hand. Das Laub der kahlen Bäume liegt an den Seiten. So weit, so fußballromantisch. In Zweckel sind sie trotzdem froh, dass ihr Platz endlich abgerissen wird.

Günter Appelt, der wie kein Zweiter für die erfolgreichste Zeit des SV Zweckel steht, wird beim Blick über den Rasen wehmütig: „Es ist emotional, wir haben hier viel geleistet und viel geschafft in den Jahren. Wir sind bis in die Oberliga aufgestiegen. Ich denke, dass das erst mal eine lange Zeit Bestand haben wird, sportlich gesehen.“

Appelt war der Trainer, der mit den Schwarz-Grünen vor rund zehneinhalb Jahren das Märchen geschrieben hat, unter komplizierten Bedingungen bis in Deutschlands fünfthöchste Spielklasse vorzudringen. Jetzt, nach jahrelangem Einsatz, hat der Verein es endlich geschafft, dass das marode Geläuf, wo unter anderem die Drainage defekt ist, einem Kunstrasen weicht.

Günter Appelt hätte den „Acker“, wie er ihn liebevoll nennt, trotzdem gerne erhalten. „Drüben die Geschichte hätten sie besser umbauen können. Und dem Platz vielleicht mal nur eine neue Drainage und einen neuen Rollrasen geben können, dann wäre die Anlage erhalten geblieben. Für den Fußballverein und natürlich für den Stadtteil Zweckel ganz besonders.“

2013 ist der SV Zweckel in die Oberliga aufgestiegen

Mit der „Geschichte drüben“ meint der Fußballlehrer den „Affenkäfig“ auf der anderen Straßenseite. Zweckels zweite Spielstätte. Ein Ascheplatz, der im Kreis ebenfalls berüchtigt ist.

Dass Appelt mit dem Herz an dem Rasen hängt, auf dem er mit dem SVZ Geschichte geschrieben hat, ist verständlich. Und doch kennt er genau die Schwierigkeiten, die der Verein wegen dieser Anlage hatte. „Damals“, sagt Appelt und meint die Zeit ab 2010, als er beim SVZ wieder eingestiegen ist, „war es aufgrund der Platzverhältnisse schwer, Spieler nach Zweckel zu locken. Keiner wollte auf diesem Acker Fußball spielen. Da war sehr viel Überzeugungskraft notwendig.“

Von der Landes- ging es 2012 ungeachtet dessen in die Westfalenliga. Und ein Jahr später direkt in die Oberliga. Für Appelt und sein Team wurden die Aufgaben nicht kleiner. „Wir sind schneller sportlich aufgestiegen, als dass wir es wirtschaftlich in irgendeiner Form grade halten konnten.“

Der SV Zweckel musste zu Oberligazeiten im Winter in Wedau trainieren

Der Coach erzählt: „Es gab Winterhalbjahre, in denen wir auswärts trainieren mussten. Wir haben in Duisburg-Wedau Trainingseinheiten absolviert. Die Spieler mussten überall hinfahren, wir haben keine großen Busse gehabt. Wir haben Sachen gemacht, die nicht typisch sind für einen Westfalen-, geschweige denn für einen Oberligisten.“ Die Unterstützung der Stadt hat ihm zu der Zeit, als man Aushängeschild der Sportstadt Gladbeck gewesen sei, gefehlt, sagt Appelt.

Allzu häufig stand dem SV Zweckel in den vergangenen Jahren der Rasenplatz an der Dorstener Straße nicht zur Verfügung.
Allzu häufig stand dem SV Zweckel in den vergangenen Jahren der Rasenplatz an der Dorstener Straße nicht zur Verfügung. © WAZ FotoPool | Mathia Schumacher

Für den SVZ ging es nach drei Jahren in Klasse fünf wieder bergab. Von der Oberliga im freien Fall bis in die Bezirksliga zurück.

Im vergangenen Sommer zeigte sich abermals, welche Probleme der Rasen an der Dorstener Straße bereitet. Anhaltende Regenfälle ließen Trainings- und Spielbetrieb selbst in dieser Jahreszeit nicht zu.

Der Kunstrasenplatz ist für Günter Appelt nur ein Anfang

Nun entsteht ein Kunstrasenplatz an der Dorstener Straße. Damit ist es laut Appelt aber nicht getan. „Wenn der Platz umgebaut ist“, sagt er, „gehört eine Menge an Unterstützung dazu, dass es vernünftig weiter geht.“

Klar ist: Die neue Anlage bietet dem Verein Möglichkeiten. Holger Zilcher von der Fachschaft Gladbecker Fußball zählt auf, welche das sind: „Der Kunstrasen ist zwölf Monate im Jahr bespielbar. Wo man dann dementsprechend gleichbleibend trainieren kann.“ Ein weiterer entscheidender Punkt sei der viel größere Zulauf. Zilcher: „Wenn Spieler XY sieht, die haben einen Kunstrasenplatz, der ist gerade fertiggestellt worden, ist das attraktiver. Von Klein bis Groß.“ Für Gladbeck sei der vierte Kunstrasenplatz darüber hinaus von der Strahlkraft her von enormer Bedeutung.

Am 9. Juni 2013 feierte der SV Zweckel an der Dorstener Straße den Aufstieg in die Oberliga Westfalen. Es war der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte.
Am 9. Juni 2013 feierte der SV Zweckel an der Dorstener Straße den Aufstieg in die Oberliga Westfalen. Es war der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte. © WAZ FotoPool | Dirk Bauer

Wenn es nach Günter Appelt geht, muss die Arbeit ab August, wenn der Kunstrasen liegen soll, an der Basis anfangen, ganz unten: „Man muss versuchen, die Jugend überhaupt mal wieder so zu strukturieren, dass man überkreislich Fußball spielt. So dass man den einen oder anderen Jugendlichen mal für die erste Mannschaft nehmen kann. Das muss die Zielsetzung sein, weil es die günstigere Variante ist, als immer fremde Spieler zu holen. Jeder Spieler will nur noch Geld haben, das ist weitestgehend bekannt.“

Günter Appelt fordert Zusammenlegung von Nachwuchsteams

Aktuell ist die Nachwuchsarbeit des SVZ ins Stocken geraten, vergangene Saison stellte der Verein zum Beispiel keine B-Jugend mehr. Appelt: „Man sieht es ja, wir haben nur noch vier U19-Mannschaften in Gladbeck. Da muss überlegen werden, ob der eine oder andere Jugendbereich zusammengelegt wird und man daraus einen Verein macht. Und vor allem, die Mannschaften dann nach oben bringt.“ Dafür brauche es aber auch geschulte Trainer.

Und nicht nur die: Auch die Einstellung der Spieler müsste stimmen. Daran zweifelt Zweckels Ex-Coach allerdings:. „Die Einstellung Jugendlicher ist ganz einfach nicht mehr die, die wir früher kannten. Früher war nach meiner Arbeit Fußball das Wichtigste. Das war mein Hobby, da bin ich hingegangen, da konnte es regnen, da konnte es schneien. Das war egal. Heutzutage muss man Besonderes bieten, dass man Leute überhaupt bekommt.“

Diese Entwicklung sei extrem, findet er. Es gebe nur noch ganz wenige Teams, die regelmäßig mit 15, 16 Mann trainieren. Das sei am Ende nicht förderlich für den Breitensport. Langfristig wünscht sich der Gladbecker wieder höherklassigen Amateurfußball in seiner Stadt. „Es ist“, sagt Günter Appelt, „schon ein Armutszeugnis, dass die am höchsten spielenden Mannschaften in der Bezirksliga sind. Und beide Mannschaften jenseits von Gut und Böse da spielen.“

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