Mönchengladbach. Moritz Nicolas ist aktuell der einzige Gladbecker Erstliga-Fußballer. In Mönchengladbach verriet er der WAZ, wie es ist, seinen Traum zu leben.
Dienstagmittag im Borussia-Park. Nieselwetter und milde zehn Grad lassen fraglich erscheinen, ob in nicht mal zwei Wochen wirklich Weihnachten vor der Tür steht. Moritz Nicolas scheint die Tristesse draußen nichts anhaben zu können. Der 26-Jährige kommt gerade von der ersten Trainingseinheit der Woche, hat fürs Interview mit der WAZ Gladbeck nur schnell sein Schuhwerk gewechselt.
Auf schwarzen Schlappen von Ausrüster Puma geht er durch den modernen Stadionanbau, die Socken sind hochgezogen bis zu den Waden. Der Keeper trägt einen grau-schwarzen Pulli mit seiner Nummer 33 und der Borussia-Raute drauf, dazu die passenden kurzen Shorts. Nicolas macht einen lockeren, entspannten Eindruck. Eine Einstellung, den er sich in den letzten Monaten erarbeitet hat.
Moritz Nicolas ist einer von nur sechs Gladbecker Bundesligaspielern
Sechs Jahre ist es her, dass die Lokalsportredaktion Gladbeck den Torwart zuletzt in Mönchengladbach besucht hat. Seitdem ging es nicht immer steil bergauf, nach einigen Tälern ist Nicolas seit gut einem halben Jahr aber an seinem Wunschzielort angekommen. Weiß der ehemalige Ellinghorster und Zweckler eigentlich, wie viele Gladbecker es vor ihm überhaupt in die höchste deutsche Spielklasse geschafft haben? „Ich weiß Julian Draxler“, sagt Nicolas sofort. Der Name „Pierre-Michelle Lasogga“ folgt schnell. Dann kommt er ins Grübeln. „Ansonsten fallen mir schon gar nicht mehr viele ein. Es gab aber bestimmt noch zwei, drei andere.“
Tatsächlich haben es mit dem Gladbacher Torwart in 60 Jahren erst sechs Gladbecker als Spieler in die Bundesliga gebracht. Moritz Nicolas hat als jüngster in dieser Reihe sein Debüt am 20. Juni 2020 gefeiert. Allerdings nicht hier, auf dem von Lichtmodulen gefluteten Rasen im Borussia-Park, den Nicolas aus der Fensterfront der kleinen VIP-Loge im zweiten Stock des Stadionkomplexes beobachten kann. Sondern in Sinsheim, bei einem Auswärtsspiel von Leihverein Union Berlin gegen die TSG Hoffenheim. 0:4 ging das damals aus, es sollte vorerst sein einziger Einsatz im Oberhaus bleiben.
Bundesligadebüt für Borussia Mönchengladbach gegen Bayern München
1169 Tage (!) später, am 2. September dieses Jahres, ist Nicolas dann auch endlich Bundesligakeeper am Niederrhein geworden. Sein Debüt gibt er ausgerechnet im Heimspiel gegen den FC Bayern München. Ist 2023 damit der richtige Traum vom Bundesliga-Profi in Erfüllung gegangen? „Als aktiv spielender natürlich schon. Aber es ist nicht so, als dass ich die letzten vier Jahre gar nichts gemacht habe, auch wenn nach meinem Debüt erstmal keine weiteren Bundesliga-Einsätze dazugekommen sind. Natürlich habe ich da auch als Profi gelebt und gearbeitet, habe unter anderem in der dritten Liga sowie der zweiten niederländischen Liga gespielt. Aber natürlich freue ich mich jetzt, dass ich für Borussia in der Bundesliga spiele.“
Auf einmal 90 Minuten lang Harry Kane und Thomas Müller in einem Punktspiel gegenüberzustehen, wird der 26-Jährige vermutlich nie wieder vergessen: „. Mein erstes Bundesligaspiel war schon ein bisschen länger her. Wenn du dann das erste Spiel für Borussia hier gegen Bayern im Borussia-Park hast, ist das extrem besonders. Es war schon eine super Atmosphäre.“
Seit 2015 ist Nicolas Spieler von Borussia Mönchengladbach, viermal wurde er in dieser Zeit verliehen. Die Hoffnung, dass er es zum Stammtorhüter bei der Borussia packt, hat er dabei nie aufgeben. „Ich bin mit der ganz klaren Zielsetzung im Sommer hierhin zurückgekommen“ - die Saison zuvor spielte er bei Roda Kerkrade - „mich bestmöglich zu präsentieren und alles reinzuhauen, was ich habe. Das hat ganz gut funktioniert.“
„Nur lobende Worte“ von Trainer Gerardo Seoane – aber wie geht’s weiter?
„Ganz gut funktioniert“ dürfte ein geschmälertes Zwischenfazit des 1,93 Meter langen Rückhalts sein. Nicolas stand schließlich seit dem Duell gegen den FC Bayern bei allen Begegnungen der Fohlenelf zwischen den Pfosten und überzeugte. Sein Trainer Gerardo Seoane sagte etwa im Anschluss an den DFB-Pokal-Viertelfinaleinzug, bei dem der Gladbecker 120 Minuten lang gegen den VfL Wolfsburg die Null hielt: „Es gibt nur lobende Worte für unseren Torwart. Er ist seit der Verletzung von Jonas Omlin sehr konstant, sehr gut auf der Linie. Moritz ist sehr reaktionsschnell und hat ein gutes Timing.“
Zur Wahrheit des Gladbecker Traums gehört dazu: Nicolas ist eine hervorragende Vertretung. Der Schweizer Jonas Omlin, der vor der Saison sogar zum Spielführer von Borussia Mönchengladbach gewählt wurde, ist die Nummer eins. Im Training verletzte er sich allerdings an der Schulter. Es ist das Glück im Unglück, dass Moritz Nicolas seitdem regelmäßig Spielpraxis kriegt. Im Januar dürfte sein Konkurrent zurückkehren.
Wie gestaltet sich dann die Situation um den Torwartposten? „Das ist überhaupt nicht meine Thematik. Jonas ist unser Kapitän, das ist ganz klar“, sagt der 26-Jährige bescheiden. Kampflos dürfte er seinen Platz nach den starken Darbietungen wohl aber auch nicht räumen, oder? Er schnauft. „Jeder Spieler möchte am Ende des Tages auf dem Platz stehen“, lässt er sich zumindest entlocken.
Die Weihnachtstage verbringt Moritz Nicolas in Gladbeck
Zunächst hat Moritz Nicolas als Bundesligaprofi ohnehin den Fokus auf die verbliebenden Tage vor Weihnachten gerichtet. „Für mich geht es darum, die zwei Spiele, die wir bis zur Pause noch haben, so gut es geht zu bestreiten“, um sich so weiter für weitere Aufgaben zu empfehlen. Die Partien gegen Werder Bremen und bei Eintracht Frankfurt standen zum Zeitpunkt des Gesprächs noch aus. Die Weihnachtstage verbringt er mit der Familie, die weiterhin in Gladbeck lebt. „Über Weihnachten habe ich ein bisschen Zeit, die Hinrunde zu reflektieren und sacken zu lassen“, sagt der Torwart.
Aber nach dem Termin mit der WAZ geht es erstmal weiter für Nicolas. Ein Treffen mit Kindern aus Kinder- und Jugendheimen aus Mönchengladbach und Umgebung steht auf dem Programm. Viele Autogramme schreiben. Als Gladbachs und Gladbecks Nummer Eins ist er ein viel gefragter Mann.
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