Gladbeck. Jörg Dahlmann arbeitet seit vielen Jahren als TV-Fußballkommentator. Begonnen hat einst alles mit dem Bericht über ein Spiel von Wacker Gladbeck.

In puncto Bekanntheit dürfte er dem bunten Hund wohl den Rang ablaufen. Ganz sicher jedoch ist seine Stimme eine der bekannten der Republik. Ob die Reportage einer Regionalliga-Partie oder ein Bericht aus der Champions League – seine Stimme erkennen nicht nur Fußballfans sofort: Jörg Dahlmann machte seine ersten Versuche vor dem Mikrophon und als Zeitungsreporter in seiner Heimatstadt Gladbeck.

Und dank seiner eigenen, immer originellen Art, ein Fußballspiel zu kommentieren, wurde der mittlerweile 60-Jährige zu einem der bekanntesten Reporter im deutschen Fernsehen – zu einem, dessen lebhafte Berichterstattung entweder geliebt oder aber abgelehnt wird.

Jörg Dahlmann ist Fan der Ruhrgebietsvereine

Heimspiel: Im November nahm Jörg Dahlmann (re.) am Talk unterm Glasdach in der Mathias-Jakobs-Stadthalle aus Anlass der  100-Jahr-Feier der Stadt Gladbeck teil. Mit dabei: Frank Busemann, Heiko Wasser und Werner Hansch (v. li.).
Heimspiel: Im November nahm Jörg Dahlmann (re.) am Talk unterm Glasdach in der Mathias-Jakobs-Stadthalle aus Anlass der 100-Jahr-Feier der Stadt Gladbeck teil. Mit dabei: Frank Busemann, Heiko Wasser und Werner Hansch (v. li.). © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Im Jahre 1959 erblickte er das Licht der Welt – in einem Gelsenkirchener Hospital. „Vielleicht wollte meine Mutter, dass ich in der Stadt von Schalke 04 geboren werde“, so Dahlmanns augenzwinkernde Diagnose, dessen Heimat für die nächsten 20 Jahre die Querstraße wurde. Apropos Schalke. „Klar drücke ich S04 die Daumen, aber das ist nicht gegen Borussia Dortmund gerichtet. Ich freue mich auch über Siege von Schwarz-Gelb, auch für den VfL Bochum, Rot-Weiß Essen oder Oberhausen schlägt mein Herz. Mit einem Wort: Ich bin Fan der Ruhrgebietsvereine.“

Bleibenden Eindruck hinterließ beim damals Sechsjährigen der erste Besuch eines Bundesliga-Spiels; in der Glückauf-Kampfbahn spielten die Schalker gegen Borussia Neunkirchen. „Damit ich überhaupt etwas sehen konnte, saß ich 90 Minuten auf den Schultern meines Nachbarn, der mich damals mitgenommen hatte“ erinnert sich Dahlmann.

Jörg Dahlmann spielte kurze Zeit Fußball bei Preußen Gladbeck

Seine eigene Fußball-Laufbahn trug eher Züge des Unauffälligen: „In der Jugend spielte ich kurze Zeit bei Preußen Gladbeck. Da ich im Basketball wohl deutlich besser war, konzentrierte ich mich mehr auf den VfL und später den TV Gladbeck.“

Für seine berufliche Entwicklung ungleich wichtiger war sein Engagement in der Pfarrgemeinde St. Lamberti und in den Lokalredaktionen von Ruhr-Nachrichten und WAZ. „Im Jugendheim der Gemeinde fand samstags oft eine Disco statt, bei der ich moderierte und die Platten auflegte“, erinnert sich Dahlmann. „Angst vor dem Mikro hatte ich nie.“

Jörg Dahlmann berichtete vom Spiel Wacker Gladbeck gegen Hansa Scholven

Bei der FIFA WM Tour 2006 moderierte Jörg Dahlmann, damals für das Deutsche Sportfernsehen im Einsatz, die Ehrenamtsgala in Duisburg.
Bei der FIFA WM Tour 2006 moderierte Jörg Dahlmann, damals für das Deutsche Sportfernsehen im Einsatz, die Ehrenamtsgala in Duisburg. © WAZ | Stephan Eickershoff

Für die Ruhr-Nachrichten verfasste er die ersten Sportartikel, das erste Spiel, das ihm Otto Holzer aufs Auge drückte, war ein Heimspiel von Wacker Gladbeck gegen Hansa Scholven. „Die 60 Zeilen habe ich mir mühevoll abgerungen, aber im Laufe der Zeit wurde ich routinierter.“ Sein Vorbild seinerzeit war WAZ-Sportlegende Hans-Josef Justen: „Von dessen Kommentare habe ich mir Formulierungen abgeschrieben.“ Parallel verfasste Dahlmann Artikel für die WAZ Gladbeck.

Nach dem Studium an der Uni Gießen – Fächer: Sport, Englisch und Erdkunde – hospitierte Dahlmann beim ZDF in Wiesbaden. Danach arbeitete er bei Premiere, bei SAT 1, beim DSF (heute Sport1) und seit der Bundesliga-Saison 2017/18 bei Sky Deutschland. Sein Gesicht und vor allem seine Stimme sind somit seit mehr als drei Jahrzehnten via Bildschirm bekannt. Wie viele Spiele er kommentiert habe, wisse er nicht, aber es dürften weit über 1000 gewesen sein.

Als Otto Rehhagel den vierten Nicht-EU-Ausländer einwechselte

Sein Lieblingsspiel? „Ganz klar das 7:0 des Karlsruher SC über Valencia im Europapokal. Eigentlich war der KSC nach dem 1:3 in Valencia, damals in Spanien klar die Nummer eins vor Real und Barcelona, schon draußen. Aber Karlsruhe mit Oliver Kahn im Tor und Euro-Eddy Schmitt im Sturm spielten sich in einen Rausch und ich redete mich in einen Rausch.“

Seine beste Reportage sei wohl die über die Bundesliga-Partie zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem VfL Bochum in der Saison 98/99 gewesen. Dahlmann: „FC-Trainer Otto Rehhagel wechselte den vierten nichteuropäischen Ausländer, Hany Ramzy, ein, was nicht erlaubt war. Damit war das Spiel verloren. Wir haben zwölf Minuten lang die Kamera nur auf die Trainerbank gerichtet, ich habe kommentiert. Das Spiel selbst war zweitrangig, da durch den Wechselfehler ohnehin verloren.“ Dahlmann wurde für diese Reportage vom Verband Deutscher Sportjournalisten mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

Jörg Dahlmann besucht nur noch selten seine Heimatstadt Gladbeck

Auszeichnungen sind die schöne Seite der Medaille, abfällige bis gehässige Kommentare die abstoßende, mit der ein polarisierender Kommentator leben muss. „Nach einem Bundesliga-Spiel wünschte mir jemand im Netz, natürlich anonym, der Krebs möge mich zerfressen“ - in Anbetracht der Tatsache, dass der Gladbecker Reporter gleich dreimal Erkrankungen (Darmkrebs 2005, Hautkrebs 2010, Prostatakrebs 2017) bekämpft und besiegt hat, makaber und menschenverachtend.

Die Gelegenheit, seiner Heimatstadt einen Besuch abzustatten, hat der Weltenbummler, der sich zumeist in München, Wiesbaden und auf Mallorca aufhält, nur selten. Er betont: „Wenn ich in Gladbeck bin und an unserem Haus in der Querstraße vorbeifahren, schlägt mein Herz schneller. Auch an die Spiele der Straßenmannschaften auf der Wiese am Nordpark denke ich gerne zurück.“

Für das Weihnachtsfest hat Jörg Dahlmann keinen besonderen Wunsch

Immer mal wieder Revue passieren lässt Jörg Dahlmann auch sein „größtes Erfolgserlebnis“ im Fußball. Das hatte er selbstredend in Gladbeck. Der Sportjournalist erinnert sich: „In der Meisterschaft der Kirchengemeinden spielten wir seinerzeit mit St. Lamberti gegen Heilig Kreuz Butendorf. Auf dem Wacker-Platz neben dem Stadion ging es eigentlich nur darum, gegen den übermächtigen Gegner die Niederlage in Grenzen zu halten. Ganz zu Beginn gingen wir überraschend mit 1:0 in Führung. Danach verteidigten wir mit Mann und Maus, ehe wir kurz vor Schluss den Ausgleich kassierten. Aber das Remis war schon klasse.“

Für das Weihnachtsfest in diesem Jahr hat der gebürtige Gladbecker übrigens keinen besonderen Wunsch: „Ich bin rundum glücklich und zufrieden. Ich habe eine tolle Partnerin und einen wunderschönen Job, den ich gerne machen möchte, bis ich umkippe.“