Alpen. „Zum jetzigen Zeitpunkt wäre Peter Neururer der richtige Mann“, sagt Dietmar Schacht am Freitagabend im Livetalk der Volksbank Niederrhein.

Trotz allen Ernstes und aller Sorgen um den Bundesliga-Klassenerhalt des FC Schalke 04 ist es am Freitagabend ein sehr unterhaltsamer Livetalk – mit Dietmar Schacht und Peter Neururer, moderiert von Guido Lohmann, dem Chef der Volksbank Niederrhein, der seit seinem neunten Lebensjahr Fan der Königsblauen ist.

Die Botschaft Dietmar Schachts, der 1991 Kapitän der Aufsteiger-Mannschaft gewesen ist, und Peter Neururers, des Klassenerhalt-Trainers von 1989, nach diesen etwas mehr als 90 kurzweiligen Minuten: Es muss jemand her, der den Fußballern erklärt, was es bedeutet, für den FC Schalke 04 zu spielen. „Christian Gross?“, fragt Didi Schacht. „Das muss jemand sein, der die Sprache spricht, der Feuer gibt“, sagt er und blickt ein paar Meter nach links. „Zum jetzigen Zeitpunkt wäre Peter der richtige Mann.“

Schalke-Trainer vom 11. April 1989 bis zum 13. September 1990

Der 58-Jährige erzählt, den Eindruck zu haben, dass die Schalker Spieler für diesen Gelsenkirchener Verein, für ihren Arbeitgeber, nicht an ihre Grenzen gingen. Außerdem bemängelt Dietmar Schacht die vielen einfachen Fehler, die er immer wieder sieht. „Sicherlich ist alles schneller geworden“, sagt er, „aber so viele Fehlpässe haben wir nicht gespielt.“

Peter Neururer, der vom 11. April 1989 bis zum 13. September 1990 Trainer seines Herzensklubs war, schließt sich diesen Eindrücken an. „Ich habe auch das Gefühl, dass viele nicht wissen, wo ihre Leistungsgrenze ist“, sagt er und schildert das Probleme aus seiner Sicht so: „18-Jährige werden bezahlt wie Weltmeister, obwohl sie noch nichts geleistet haben. Und in ihrer unkontrollierten Freizeit geben sie das Geld auch leichtfertiger aus.“

Peter Neururer über Christian Heidel: „Für Mainz 05 war er überragend“

Der 65-Jährige wünscht sich, die Spieler mehr einzubinden. „Da darf sich dann auch niemand wundern, dreimal am Tag Training zu haben“, sagt er und betont, nicht so sehr auf Belastungssteuerung zu stehen. Sondern? „90 Minuten volle Pulle.“ Wie Dietmar Schacht hofft auch Peter Neururer vor allem, dass die Schalker noch den Relegationsplatz erreichen und dort den Klassenerhalt schaffen werden.

Für den Absturz der Königsblauen macht das Duo zahlreiche Faktoren verantwortlich. Christian Heidel zum Beispiel, den ehemaligen Manager. „Für Mainz 05 war er überragend“, meint Peter Neururer. „Aber Schalke ist eine komplett andere Welt. Mit den Spielern, die er geholt hat, hätte er Mainz verstärken können, aber niemals Schalke.“ Noch deutlicher wird Dietmar Schacht: „Da hat Schalke den größten Fehler gemacht.“

Deutscher Vizemeister mit Trainer Domenico Tedesco in der Saison 2017/18

Peter Neururer fallen aber auch Peter Peters und Michael Reschke ein. „Einige Leute, die das finanzielle Unheil angerichtet haben, sind nicht mehr dabei“, sagt er und befürchtet, dass sich die Königsblauen im Falle eines Abstiegs auch ganz schnell in der viertklassigen Regionalliga wiederfinden könnten. „Da spielt unsere zweite Mannschaft“, erzählt er. „Aber daran möchte ich nicht denken.“

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Deutlich wird in der Runde bei diesem Volksbank-Niederrhein-Talk aber auch, dass alle Beteiligten fußballerische Qualität beim FC Schalke 04 inzwischen schon länger vermissen. Die Vizemeisterschaft in der Saison 2017/18 mit Trainer Domenico Tedesco sei sicherlich eine tolle Leistung gewesen, sagt Dietmar Schacht. „Aber auch da haben wir schon nicht so gut gespielt.“

Didi Schacht: 100 Cortison-Spritzen in zweieinhalb Jahren Schalke

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Es fehlen schlicht auch Persönlichkeiten, „echte Charaktertypen, wie man sie heute im Fußball nur noch selten sehen kann“, formuliert Peter Neururer. Typen wie Didi Schacht eben, der zum Beispiel am 24. August 1991 beim 5:2-Sieg gegen Borussia Dortmund auflief, obwohl er wegen seiner lädierten Sprunggelenke (Arthrose) eigentlich gar nicht gehen konnte.

„Ich bin am nächsten Morgen nicht mehr hochgekommen“, sagt er. „Ich habe damals in meinen zweieinhalb Jahren Schalke 100 Cortison-Spritzen in die Sprunggelenke bekommen. Um richtig Geld zu verdienen, musstest du spielen. Du hast nicht wie heute Zeit gehabt, um ein halbes Jahr zu Hause zu bleiben.“

Michael Klinkert verlässt Schalke für 850.000 D-Mark Richtung Gladbach

Die damaligen (finanziellen) Dimensionen werden auch sehr deutlich, als Peter Neururer von der Mannschaft erzählt, die er nach dem Klassenerhalt zusammenstellte, in der Michael Klinkert dann fehlte. Der musste nämlich verkauft werden, „um die Lizenz zu bekommen“, sagt Peter Neururer. „Für 850.000 D-Mark.“ Der zwölfmalige U-21-Nationalverteidiger ging zu Borussia Mönchengladbach.

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Aber noch einmal zurück in die Gegenwart: Was kann dem FC Schalke 04 in dieser Saison noch helfen? Peter Neururer warnt vor Aktionismus und davor, „Spieler zu verpflichten, weil sie vielleicht irgendwo irgendwann mal was geleistet haben“, wie er sagt. „Das ist eine gefährliche Kiste.“ Stattdessen empfiehlt er den Griff in eine unpopuläre Kiste, ohne Namen zu nennen. Nämlich? „Bei der Nachbarschaft.“ Fakt ist für Peter Neururer, dass die aktuelle Schalker Mannschaft „für unsere Ziele, die wir immer hatten, nicht konkurrenzfähig ist“.

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