Herten. Die meisten Fußballteams dürfen weiterhin nicht trainieren. Um sich trotzdem fit zu halten, weichen einige Spieler auf Personal-Training aus.

Das Training ist gerade mal ein paar Minuten alt, da lehnt Nico Held schon über der Bande und ringt nach Luft. Der 17-jährige Nachwuchsfußballer aus der Spielgemeinschaft Resse 08/Viktoria Resse ist gerade mitten in der ersten Einheit seines Personal-Trainings. „Das ist mein erstes Training seit fünf Monaten“, keucht Nico Held.

Seit November, als der zweite Corona-Lockdown losging und auch den Vereinssport lahmlegte, stand Nico Held nicht mehr auf dem Fußballplatz. Okay, auf einem solchen steht er an diesem Nachmittag auch nicht. Da die Sportanlagen teilweise noch geschlossen sind, trainiert er auf einem kleinen Bolzplatz in Herten. Aber immerhin: Er trainiert. Und wie!

Einzeltraining für Kinder und Jugendliche

Der 17-Jährige hat ein Personal-Training-Paket bei der Fußballschule „Dein Talentschleifer“ gebucht. Diese bietet seit Kurzem Einzeltraining für Kinder und Jugendliche von der Kreis- bis zur Junioren-Bundesliga an und trifft damit in Zeiten von ausgesetztem Mannschaftstraining einen wunden Punkt. „Ich möchte die geklauten fünf Monate reinholen und wieder richtig fit werden“, betont Nico Held, als er sich wieder etwas erholt hat.

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Für ihn steht heute der Leistungstest an. Anhand verschiedener Übungen schätzt der Gelsenkirchener Tobias Meier, der einer von zwölf Trainern der Fußballschule ist, die Leistungsfähigkeit seines Schützlings ein. Den Trainingsplan passt er entsprechend an. Nach einigen Aufwärmrunden geht’s los mit Sieben-Meter-Sprints. Dreimal pest Nico Held von Hütchen zu Hütchen, Tobias Meier stoppt die Zeit – das beste Ergebnis sind 1,69 Sekunden. „Das ist okay“, ruft Dominik Seemann, der einer der Gründer von „Dein Talentschleifer“ ist und Tobias Meier heute unterstützt. „Ein Spieler der Schalker U 12 ist schneller. Das revidiert sich erst auf einer längeren Distanz.“

Erst Sprints, dann Zielpassen

Woher Dominik Seemann das weiß? Er kennt sich gut in der Branche aus, er hat schon höherklassige Jugendteams trainiert, darunter die U 9 von Rot-Weiß Oberhausen, und den Leistungstest konzipiert, den Nico Held gerade durchläuft. Als nächstes baut Trainer Tobias Meier eine Übung auf, bei der Nico Held abwechselnd seitlich, vorwärts und rückwärts laufen soll.

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„Dreimal ohne und dreimal mit Ball – aber immer auf Tempo“, ruft Tobias Meier. Nico Held legt los, sein Gesicht wird von Runde zu Runde röter. Als ihm beim Rückwärtslaufen der Ball verspringt, flucht er kurz. Dominik Seemann schaut ganz genau hin. „Es ist wichtig, wie der Spieler auf Misserfolg reagiert“, verrät er und fügt hinzu: „Wir wollen auch an der Frustrationslinie arbeiten. Ziel ist, dass man im Spiel nicht die ganze Zeit über seinen Fehler aus der Anfangsphase nachdenkt.“

Personal-Training profitiert von Fußball-Pause

Dass die meisten Fußballteams (außer Kinder unter 14 Jahren) weiter nicht gemeinsam trainieren können, kommt dem Personal-Training entgegen. „Obwohl wir uns erst Ende November gegründet haben, ist die Nachfrage schon richtig gut“, sagt Dominik Seemann, einer der Gründer von „Dein Talentschleifer“. „Wir hätten nicht gedacht, dass wir jetzt schon so weit sind. Man merkt, dass die Jungs und Mädels wieder auf den Platz wollen.“

Das Konzept der Fußballschule beschreibt Dominik Seemann wie folgt: „Jeder kriegt seinen eigenen Trainingsplan. In die Einheiten integrieren wir so viel wie möglich: Dribbling, Geschwindigkeit, Technik. Wir machen Übungen oft erst ohne und dann mit Ball. So sparen wir Zeit für den Auf- und Abbau und trainieren sehr intensiv.

Als Nico Held die sechs Runden absolviert hat, lehnt er sich erschöpft über die Bande des Bolzplatzes. Fertig ist er mit dem Leistungstest aber noch nicht. Als nächstes steht ein Sprint-Parcours mit Slalom an. Tobias Meier erklärt den etwas komplizierten Ablauf, Nico Held läuft die Strecke zweimal probeweise. Als es dann auf Zeit geht, muss Tobias Meier trotzdem unterbrechen: „Du hast einen Slalom vergessen, den Versuch können wir nicht zählen“, ist der Trainer hart. „Wenn die Puste ausgeht, schwindet auch die Konzentration“, bemerkt Dominik Seemann. Nico Held verdreht die Augen, legt danach aber einen einwandfreien zweiten Durchgang hin.

Nico Held mit Trainer Tobias Meier (im Hintergrund).
Nico Held mit Trainer Tobias Meier (im Hintergrund). © Lutz von Staegmann

Diesen Parcours soll er nun mit Ball bewältigen, zweimal mit rechts und zweimal mit links. „Oh Gott, mit links? Links ist bei mir eine Katastrophe“, klagt Nico Held. Tobias Meier motiviert: „Komm, gib alles! Danach hast du den anstrengenden Teil geschafft.“ Nachdem Nico Held die Übung gemeistert hat, steht tatsächlich was Entspannteres auf dem Programm: Zielpassen auf ein kleines Tor.

Tobias Meier: „Fertig, du hast es geschafft“

„Es ist ja schlau von euch, das nach dem Laufen zu machen“, wendet Nico Held keuchend ein. Doch gerade das ist die Herausforderung, vor die die Trainer ihre Fußballer stellen wollen. Nico Held steigert sich im Laufe der Durchgänge mit je zehn Pässen: Nachdem er den ersten mit zwei Treffern noch mit den Worten „Man, scheiße, ey!“ quittiert hat, huscht nach einem Durchgang mit sechs Treffern ein Lächeln über sein Gesicht.

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Danach ist Schluss. „Fertig, du hast es geschafft“, verkündet Tobias Meier. Der erschöpfte Nico Held schleppt sich wieder zur Bande. „Das war anstrengend, viel intensiver als Mannschaftstraining“, stöhnt er. Zufrieden ist er trotzdem: „So viel gelaufen bin ich schon lange nicht mehr. Aber ich wusste, was auf mich zukommt. Das ist genau das, was ich wollte.“